Klimapolitik: FDP – die Partei, die stets verneint

In der Ampelregierung schießt der kleinste Koalitionspartner quer. Konstruktive Ansätze? Fehlanzeige. Eine Analyse

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Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner verfolgt eine unklare Klimapolitik.

Das deutsche Vorzeige-Unternehmen Viessmann gab vergangene Woche den Verkauf seiner Klimatechnik- und Wärmepumpen-Sparte an das US-Unternehmen Carrier bekannt. Während SPD und Grüne den Verkauf unter dem Vorbehalt begrüßten, dass die künftigen Investitionen des US-Unternehmens dem Standort Deutschland zugutekommen, tat sich die liberale Wirtschaftspartei FDP mit dem transatlantischen Deal schwer: Die Heizungswende sei zu hastig, geistiges Eigentum und Produktion in Deutschland seien nicht gesichert, hieß es aus den Reihen der Liberalen.

Der Geist, der stets verneint

In der Ampel-Koalition geriert sich die FDP verlässlich als „Geist, der stets verneint“: Die Wärmewende geht ihr zu schnell, die Verkehrswende blockiert sie nach Kräften. Alternativen für Klimaschutzmaßnahmen bietet sie nicht an – das ist alles andere als konstruktiv. Verbindliche Sektorziele, wie sie auf dem jüngsten Weltklimagipfel vereinbart wurden, hält sie für aktionistisch. Zu eigenen klimapolitischen Vorstößen wie der Ausweitung des Emissionshandels will sie sich nicht bekennen. Die wachsenden Klimarisiken, die ihre Wählerklientel aus Banken und Versicherungen einpreisen müssen, thematisiert sie nicht. Freiheit, so scheint es, ist für die Liberalen die Freiheit von Verantwortung.

Im Falle des Viessmann-Deals läge es für eine wirtschaftsfreundliche Partei eigentlich nahe, deutsche Unternehmen zu stützen, damit sie die anstehenden Herausforderungen meistern. Nicht von ungefähr fördern die USA und China massiv Unternehmen, die eine Dekarbonisierung der Wirtschaft voranbringen. Europa kommt mit seinem aufgestockten Green-Deal-Programm fast schon zu spät – für Viessmann jedenfalls zu spät. Die FDP machte sich wegen der nötigen Milliardeninvestitionen vor kurzem nur Sorgen vor neuen Schulden.

Technologie-Hypes helfen nicht weiter

Was die FDP hingegen macht: Sie hypet Technologien, deren Umsetzung noch immer in weiter Ferne steht: E-Fuels und Kernfusion. Solutionismus ist das Vertrauen in die Allmacht der Technik. Er zeigt sich gerne bei sehr großen und komplizierten Herausforderungen wie der potenziell zivilisationsbedrohenden Klimakrise. „Ich bin zutiefst davon überzeugt“, sagte etwa der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner im Deutschlandfunk, „dass wenn wir unseren Erfindergeist wecken, wir in der Lage sind, klimaneutral zu leben und zu wirtschaften ohne diese harten Freiheitseinschränkungen.“

Und als FDP-Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger einen Erfolg in einem US-amerikanischen Fusionsexperiment als „historischen Tag für die Energieversorgung der Zukunft“ feierte, erwähnte sie nicht, dass der praxisnahe Einsatz von Fusionsenergie noch immer in weiter Ferne liegt. Solutionismus ist also auch eine Variante der Verzögerungsstrategien, mit der sich die notwendigen Maßnahmen auf den Nimmerleinstag hinausschieben lassen.

Angenommen, E-Fuels und Kernfusion stünden irgendwann kurz vor einem flächendeckenden Rollout – aber es fehlten noch die letzten Anschubfinanzierungen: Wie würde die FDP dann argumentieren? Vermutlich würde sie dann immer noch für „Technologieoffenheit“ werben – für Verbrennermotoren und Atomkraft. Und notfalls würde sie vor neuen Schulden warnen.

Technik mit Sozialem verbinden

Die Klimaforschung ist dabei, sich von der Konzentration auf technische Lösungen zu lösen: Sie gelten längst nicht mehr als Alleinheilmittel. Das zeigte eindrucksvoll im jüngsten Sachstandbericht des Weltklimarats, der neben vielen technischen Lösungen vor allem die Notwendigkeit sozialer und politischer Lösungsansätze betont. In der Verkehrspolitik und Energiepolitik würde das bedeuten, regionale Lösungen unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft zu entwickeln.

Auch die FDP könnte ihre Politik mehr mit Sozialem verbinden. Ihr Aufschrei gegen die Wärmewende („Enteignung“) erfolgte nicht unbedingt mit Blick auf Mietwohnungen, sondern auf die Immobilienwirtschaft, aus deren Reihen sie erhebliche Parteispenden erhielt.

Ob die FDP-Bundestagsfraktion im Moment gut beraten ist, ist zu bezweifeln. So fragte sich ein Klimareferent der FDP-Bundestagsfraktion etwa während des Starkregenereignisses vom Juli 2021, „um wieviel wärmer muss es werden, dass dieser Effekt wirkt?“ Nur kurz darauf wiesen Forschende einen Zusammenhang zwischen dem Ereignis und dem Klimawandel nach. Dem Referenten werden Verbindungen zu EIKE nachgesagt, einer laut Lobbypedia Lobby-Organisation von Klimaleugnern.

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