Die richtige Krankenkasse finden: Warum Vergleichen schwierig ist und was dabei hilft

Bei der Krankenversicherung haben viele Menschen die Qual der Wahl. Wie kann man sich einen Überblick über Beiträge, Leistungen und Servicequalität verschaffen?

vom Recherche-Kollektiv Plan G:
5 Minuten
Eine Hand stapelt Holzklötze, auf denen medizinische Symbole abgebildet sind.

Den Krebs behandeln lassen oder den Hauskredit abbezahlen? Solche Entscheidungen müssen Menschen in Deutschland normalerweise nicht treffen – anders als in den USA. Zum Glück. Denn in Deutschland besteht die Pflicht, krankenversichert zu sein, und die allermeisten Menschen sind es auch. Die Krankenkasse übernimmt dann bei Erkrankungen einen Großteil der Kosten – bis auf eventuelle Zuzahlungen. Im Gegenzug zahlen Versicherte jeden Monat einen Beitrag zur Krankenversicherung, egal ob sie sie gerade brauchen oder nicht.

Allerdings gibt es in Deutschland sehr viele verschiedene gesetzliche und private Krankenkassen, die sich nicht nur in ihren Leistungen, sondern auch bei den Beiträgen unterscheiden. Aktuell steht im Raum, dass die Beiträge für gesetzliche Krankenkassen 2025 deutlich steigen könnten – bei einigen Kassen mehr, bei anderen weniger. Damit stellt sich für Versicherte die Frage: Bleibe ich meiner alten Krankenkasse oder suche ich mir eine neue? Aber wie trifft man bei dieser Frage eine gute Entscheidung?

Gesetzlich oder privat versichern?

Einzelzimmer und Chefarztbehandlung im Krankenhaus, bevorzugte Termine in der Arztpraxis: Das verbinden viele mit einer privaten Krankenversicherung. Allerdings wird sich für viele Menschen diese Frage gar nicht stellen, denn wer angestellt ist und unterhalb der Versicherungspflichtgrenze (2024 waren das rund 70.000 Euro im Jahr) verdient, landet automatisch in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Wer angestellt mehr verdient, selbständig oder verbeamtet ist, muss sich dagegen entscheiden: freiwillig gesetzlich oder privat versichern? Je nach individueller Situation, etwa ob Familienangehörige mitversichert werden sollen oder wenn es Vorerkrankungen gibt, können sich die Beiträge jetzt und in späteren Jahren zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung deutlich unterscheiden. Weil ein Wechsel später oft schwierig ist, empfiehlt es sich, sich vor der Entscheidung gründlich zu informieren und individuell beraten zu lassen.

Die allermeisten Menschen in Deutschland sind gesetzlich versichert. Aber auch dann sind einige Entscheidungen zu treffen.

Welche Unterschiede gibt es bei den gesetzlichen Krankenkassen?

In Deutschland hat sich die Zahl der gesetzlichen Krankenkassen in den letzten Jahrzehnten zwar deutlich verringert, trotzdem sind es immer noch knapp hundert. Einige wenige davon stehen nur Versicherten in bestimmten Bundesländern zur Verfügung, die meisten aber bundesweit. Wer keine Lust hat, Krankenkassen-Angelegenheiten per Telefon oder Internet zu klären, sollte prüfen, welche Krankenkasse eine Geschäftsstelle in der Nähe hat.

Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Beiträgen können die gesetzlichen Krankenkassen Zusatzbeiträge erheben. Und die unterscheiden sich beträchtlich. Vergleichen lassen sich die Zusatzbeiträge in einer Übersicht des GKV-Spitzenverbandes, der die Interessen der gesetzlichen Krankenkassen vertritt.

Wie sieht es mit den Leistungen aus? Was die Wahl vielleicht erleichtert: Der allergrößte Teil der Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen unterscheidet sich nicht. Denn die gesetzlichen Leistungen, die im Sozialgesetzbuch geregelt sind oder die der Gemeinsame Bundesausschuss beschlossen hat, müssen alle gesetzlichen Krankenkassen anbieten. Das sind etwa 95 % der Kassenleistungen.

Darüber hinaus können die gesetzlichen Krankenkassen freiwillig zusätzlich sogenannte Satzungsleistungen anbieten. Oft sind das etwa Impfungen, bestimmte Arzneimittel oder Früherkennungsuntersuchungen, die nicht zu den gesetzlichen Leistungen zählen. Oder sie erstatten aus Marketing-Gründen homöopathische Mittel, um bestimmte Zielgruppen von Versicherten anzusprechen. Auch bei Bonusprogrammen für gesundheitsbewusstes Verhalten können sich die gesetzlichen Krankenkassen unterscheiden.

Die gesetzlichen Leistungen und die Satzungsleistungen stehen allen Mitgliedern der Krankenkasse zur Verfügung. Darüber hinaus bieten viele gesetzliche Krankenkassen aber auch Wahltarife an, die man separat abschließen muss und sich auf die Höhe von Beitrag und Leistungen auswirken. Dazu gehören etwa Selbstbehalttarife, bei denen man für weniger Krankenkassenbeitrag einen Teil der Behandlungskosten selbst trägt, oder Tarife für Selbständige, mit denen sie gegen einen erhöhten Beitrag Anspruch auf Krankengeld bekommen. Bei den Wahltarifen lohnt sich vor Abschluss immer ein Blick in das Kleingedruckte. Denn oft gibt es weitere Konsequenzen, etwa wann man bei einem Wahltarif die Krankenkasse wieder wechseln kann.

Oft kooperieren gesetzliche Krankenkassen auch mit privaten Anbietern, über die die Mitglieder der Krankenkassen private Zusatzversicherungen abschließen können, etwa für Zahnersatz.

Bei diesen vielen Varianten ist es nicht einfach, sich eine umfassende Übersicht zu verschaffen. Einen unabhängigen Vergleich der Leistungen verschiedener gesetzlicher Krankenkassen bietet etwa die Stiftung Warentest (kostenpflichtig).

Wie gut sind die Krankenkassen wirklich?

Kriterien wie Zusatzbeiträge, Satzungsleistungen oder Wahltarife lassen sich nachlesen. Wie serviceorientiert die Krankenkassen sind, wie unkompliziert sie zum Beispiel Hilfsmittel genehmigen oder wie schnell sie bei Reha-Anträgen entscheiden, kann in der Praxis jedoch ganz anders aussehen.

Aus diesem Grund gibt es seit einigen Jahren Bestrebungen, in diesem Bereich für mehr Transparenz zu sorgen. So sieht etwa der Koalitionsvertrag der Bundesregierung vor, dass die gesetzlichen Krankenkassen „ihre Service- und Versorgungsqualität zukünftig anhand von einheitlichen Mindestkriterien offenlegen.“ Einzelne Krankenkassen veröffentlichen zwar inzwischen Transparenzberichte und seit 2022 haben sich die gesetzlichen Krankenkassen dafür immerhin auf einen einheitlichen Katalog von 45 Kenngrößen geeinigt. Allerdings sind solche Transparenzberichte bisher nicht verpflichtend und sie werden derzeit – wenn überhaupt – nur für die jeweilige Krankenkasse publiziert. Wer Krankenkassen vergleichen will, muss sich daher durch viele Dokumente auf verschiedenen Websites klicken.

Das könnte sich jedoch bald ändern: Das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG), das gerade im Bundestag beraten wird, sieht vor, dass es künftig ein interaktives digitales Portal geben soll. Die gesetzlichen Krankenkassen sollen ihre Daten jährlich an das Portal liefern, sodass Versicherte bequem die aktuelle Servicequalität der einzelnen Kassen miteinander vergleichen können.

Umstritten ist jedoch noch, welche Zahlen im Portal enthalten sein sollen. Der Gesetzesentwurf will, dass der GKV-Spitzenverband eine Richtlinie dazu entwirft, definiert aber auch zusätzlich Kenngrößen, die in dem bisherigen Kennzahlen-Katalog für Transparenzberichte noch nicht enthalten sind, etwa die Bearbeitungszeiten für bestimmte Anträge.

Wie die Transparenzpflicht der Krankenkassen genau aussehen wird, bleibt also abzuwarten. In jedem Fall wird es bis zu einem Vergleichsportal noch dauern: Der Gesetzesentwurf sieht die Pflicht ab dem Berichtsjahr 2025 vor. Ein Portal dürfte daher frühestens 2026 an den Start gehen.

Fazit: Wie entscheiden bei der Krankenkassen-Wahl?

Für viele Versicherte gibt es bei den Leistungen nur wenige Unterschiede bei den gesetzlichen Krankenkassen, da alle die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen anbieten müssen. Wem bestimmte Aspekte wichtig sind, etwa dass die Krankenkasse nicht für Homöopathie bezahlt oder eine spezielle App anbietet, muss sich derzeit meist durch die Websites der verschiedenen Kassen klicken.

Deutlich unterscheiden können sich die Kassen bei den Zusatzbeiträgen. Hier bietet der GKV-Spitzenverband aktuelle Übersichten. Beim Thema Servicequalität gibt es derzeit außer den freiwilligen Berichten der einzelnen Kassen wenig Transparenz. Künftig soll es aber zum Thema ein Internet-Portal mit verpflichtenden und einheitlichen Daten geben, über das sich Versicherte informieren können.

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