Warum die Medizin nicht allen Gruppen gleich gut hilft – und wie ein neues Fach das ändern will

Vieles, was die Medizin über den Menschen zu wissen glaubt, weiß sie eigentlich nur über junge, schlanke, weiße Männer. Eine neue Fachrichtung versucht, auch anderen Menschen besser gerecht zu werden.

vom Recherche-Kollektiv Der andere Körper:
9 Minuten
Das Foto zeigt eine Gruppe von sechs Personen in einem Garten. Sie sind einander zugewandt, unterhalten sich und wirken fröhlich und amüsiert. Die Gruppe besteht aus einer etwas älteren weißen Frau im Rollstuhl, einer jüngeren, hochschwangeren Frau mit möglicherweise lateinamerikanischen Wurzeln, einem mittelalten Schwarzen Mann, einer mittelalten weißen Frau und zwei grauhaarigen weißen Männern.

Wie sieht eine Hautkrankheit aus? Natürlich weiß das ein Dermatologe oder eine Dermatologin, das ist ja ihr Job. Aber wie sieht eine Hautkrankheit auf dunkler Haut aus? Darüber dürften die meisten Fachleute weniger wissen. Denn Fotos in Lehrbüchern und Fachzeitschriften zeigen meist Menschen mit heller Haut.

Eine US-amerikanische Studie von 2021 kam etwa zu dem Ergebnis, dass nur sechs Prozent der Fotos, die in den Vorjahren in drei dermatologischen Fachzeitschriften erschienen waren, einen der beiden dunkelsten von sechs Hauttönen zeigten – 67 Prozent zeigten einen der beiden hellsten.

Solche Ungleichgewichte können Folgen haben: Menschen mit dunkler Haut bekommen zwar selten maligne Melanome, die bösartigste Form von Hautkrebs. Aber wenn sie doch eines bekommen (so wie der Reggae-Musiker Bob Marley, der im Alter von 36 Jahren daran starb), dann wird es oft erst spät entdeckt und sie sterben häufiger daran als hellhäutige Menschen. Dass maligne Melanome auf schwarzer Haut oft spät entdeckt werden habe, heißt es in mehreren US-Studien zum Thema, wohl einerseits mit einem geringeren Bewusstsein für die Hautkrebsgefahr und der schlechteren finanziellen Lage der afroamerikanischen Bevölkerung zu tun, andererseits aber auch mit mangelndem Bewusstsein bei Ärzt*innen.

Das Geschlecht einer Person, ihr Alter, ihre Hautfarbe, ihr sozialer und wirtschaftlicher Hintergrund, Vorerkrankungen und Behinderungen: All das kann Auswirkungen darauf haben, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Krankheit auftritt, wie sie sich äußert, wie schnell sie erkannt wird und wie sie behandelt werden sollte. Aber die moderne medizinische Forschung, Lehre und Praxis hat das lange übersehen.

Sie haben Feedback? Schreiben Sie uns an info@riffreporter.de!