Epigenetische Vererbung von Übergewicht: Nicht nur Schwangere tragen Verantwortung

Neben den Genen erben wir vermutlich auch epigenetische Gebrauchsanweisungen für den Stoffwechsel. Das beeinflusst das Risiko, Diabetes oder Übergewicht zu bekommen.

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Fünf übergewichtige Männer am Strand. Es sind vor allem die auffälligen Bäuche zu sehen.

Werdende Mütter können es kaum noch hören. Egal, was sie tun oder lassen, es darf zuallererst dem Kind nicht schaden. Das Leben der Frauen mutiert in der Schwangerschaft zum allumfassenden Krankheitspräventionsprogramm des Ungeborenen. Die Mütter sollen nicht zu viel, aber selbstverständlich auch nicht zu wenig essen. Alkohol und Zigaretten sind völlig tabu. Das richtige Maß an Stress, Sport und Schlaf sind zunächst zu finden und dann sorgfältig einzuhalten. Folsäuretabletten sollten sogar schon vor der Empfängnis eingenommen werden. Und so fort.

Die Idee der „perinatalen Prägung“ ist gesellschaftlich akzeptiert. Sie besagt, dass es vor allem die Umwelt und der Lebensstil in der Zeit im Mutterleib und in den ersten Monaten nach der Geburt sind, die uns tiefgreifend verändern. Damit bürdet sie den Müttern eine gigantische Verantwortung auf. Sie sind neun Monate lang die Umwelt ihres Nachwuchses, auf die er sich biochemisch einstellt. Natürlich tragen die meisten Mütter ihre Verantwortung gerne. Und sie tragen diese wegen der Programmierung im Mutterleib auch zu Recht. Aber dennoch sind die Mütter vielen neuen Erkenntnissen zufolge nicht alleine verantwortlich. Auch, was die Väter, vielleicht sogar die Großeltern gegessen haben, scheint das Risiko der Kinder zu beeinflussen, übergewichtig oder diabetisch zu werden.

„Perinatale Prägung“: Frühe Anpassungen an den Lebensstil sind im epigenetischen Code gespeichert

Der Brite David Barker und der Deutsche Günter Dörner waren in den 1980er und 1990er Jahren die ersten Forscher, die unabhängig voneinander Belege dafür fanden, dass die Zeit im Mutterleib unsere Gesundheit auf Jahrzehnte hinaus beeinflussen kann. Unterernährung während der Schwangerschaft erhöht danach das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten, Überernährung führt vermehrt zu Typ-2-Diabetes und starkem Übergewicht. So haben wir es alle längst gelernt und tief verinnerlicht.

Doch es scheint nur die halbe Wahrheit zu sein. Auch die Ernährung der Väter sowie das, was die Mütter lange vor der Schwangerschaft und vielleicht sogar die Großeltern und Urgroßeltern gegessen haben, könnte unsere Gesundheit prägen. Anpassungen an den Lebensstil sind gespeichert im epigenetischen Code der jeweils zuständigen Körperzellen. Kleine biochemische Anlagerungen, die an oder neben den Genen sitzen, bestimmen, wie leicht die Zellen diese Gene benutzen können. Den Text der Gene, den genetischen Code, verändert diese Zusatzgenetik nicht.

Eine dicke gelbe Maus neben einer schlanken braunen Maus.
Eines der vielen wichtigen Experimente zur epigenetischen Vererbung bei Nagetieren: Mäuse mit einer Genvariante namens yellow agouti werden übergewichtig und haben ein gelbes Fell. Ist das Gen epigenetisch stumm geschaltet, werden die Mäuse schlank und braun. Diese epigenetische Veränderung kann über mehrere Generationen vererbt werden.
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