Umbau der Stadt: Die Straße der Zukunft wird zum Multitalent

Die Folgen des Klimawandels setzen den Innenstädten mit großer Hitze und Starkregen zu. Um diese Wetterextreme zukünftig abzumildern, müssen Autos Platz abgeben. Fahrspuren und Parkplätze werden zu Grünflächen.

vom Recherche-Kollektiv Busy Streets:
8 Minuten
Die vier Straße, die in den Kreisverkehr grenzen sind begrünt

In den Städten sind die Folgen des Klimawandels besonders spürbar. Während der Sommermonate ist die Hitze in den dicht bebauten Zentren ihr größtes Problem. Die asphaltierten Straßen und die Gebäude heizen sich überproportional stark auf und erwärmen wie riesige Heizkörper die Umgebung bis spät in die Nacht. Extremregen überlastet schnell die Abwasserkanäle und führt zu Überschwemmungen. Verkehrsforscher und -planer sind sich einig: Ein „Weiter so“ wie bisher können sich Städte und Gemeinden nicht mehr leisten. Straßen und Plätze sollten zügig an das veränderte Klima angepasst werden.

Dr. Michael Richter erforscht seit Jahren, wie die klimagerechte Straße aussehen kann. Der Geoökologe ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HafenCity Universität (HCU) in Hamburg und Experte für Umweltgerechte Stadt- und Infrastrukturplanung. In den vergangenen Jahren hat er mit seinen Kollegïnnen im Rahmen des „BlueGreenStreets“-Projekts Werkzeuge und Methoden entwickelt, um Städte gezielt abzukühlen.

Ein zentraler Hebel ist der Umbau der Straße. „Im Gegensatz zu vielen Gebäuden, gehören die Straßen den Städten. Die Politik und die Verwaltung haben es demnach in der Hand, diese Flächen relativ schnell an die neuen Gegebenheiten anzupassen“, sagt er.

In der Praxis heißt das: Auf der Fläche zwischen den Gebäuden ausreichend blaue und grüne Infrastruktur einplanen, also ausreichend Flächen für Wasser, Bäume und Grün anzulegen. „Die zentrale Aufgabe ist, den Wasserkreislauf wieder in Gang zu bringen und über Speichersysteme im Boden das Stadtgrün auch während Trockenperioden mit Wasser zu versorgen“, sagt Richter. Nur wenn das gelingt, können Bäume ihre Aufgabe erfüllen und in den Sommermonaten Wasser verdunsten, um die Zentren abkühlen.

Einige der Elemente, die Richter mit seinen Kolleginnen und Kollegen entwickelt hat, um Stadtbäume besser mit zu Wasser versorgen, wurden im Rahmen von „Blue Green Street“-Projekten bereits in Berlin und Hamburg getestet. Außerdem begleiten die Wissenschaftler den Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG), den Umbau der Königstraße zur „Straße der Zukunft“. Für Hamburg ist das ein Leuchtturmprojekt. Auf der 1,2 Kilometer langen Straße zwischen der Reeperbahn und dem Altonaer Rathaus verknüpft die Hansestadt Klimaschutz und Klimaanpassung mit der Mobilitätswende.

Kübel mit Bäumen und Pflanzen und Sitzecken stehen in der Mitte der Straße
Pop-up-Lösung am Jungfernstieg in Hamburg: Wo früher Autos fuhren, gibt es jetzt mehr Grün und Sitzgelegenheiten für die Passanten
Auf der Straße sind zwei Autos und ein Radfahrer unterwegs
Königstraße in Hamburg: Nach dem Umbau sollen Grünflächen und mehr Bäume die Luft deutlich abkühlen
Der Radweg in Kfz-Spurbreite verläuft auf der Fahrbahn neben dem Autoverkehr
Der Radstreifen wurde bereits markiert. Nach dem Umbau soll er räumlich vom Autoverkehr getrennt werden
Der Blick aus der Vogelperspektive auf einen Kreisverkehr mit einer begrünten Verkehrsinsel im Winter
Kopenhagen: Der Sankt Kjelds Plads vor dem Umbau …
Aufnahme des Platzes nach dem Umbau aus der Vogelperspektive: Parkplätze und Straßen sind jetzt begrünt
… und nach dem Umbau
Die vier Straße, die in den Kreisverkehr grenzen sind begrünt
Die zusätzlichen Grünflächen sollen die Temperatur im direkten Umfeld senken und bei Starkregen Wasser aufnehmen
Menschen sitzen auf einer Wiese
Der Sankt Kjelds Plads bietet nach dem Umbau schattige Plätze für Anwohner und Fußgänger
Ein Beet in Parkplatzbreite ist mit Sträuchern und Bäumen bepflanzt.
Mehr Grün steigert auch die Lebensqualität vor der eigenen Haustür
Der Bachlauf ist auf beiden Seiten begrünt und mit Blumen bepflanzt
Kleine Bäche, sowie Mulden und Senken nehmen bei Starkregen das Wasser auf