Den Preis für Frankfurts Wasser zahlen Menschen und Natur in der Ferne

Frankfurt braucht mehr Trinkwasser als seine Grundwasservorkommen hergeben. Das bringt in weit entfernten Gegenden Verdruss und Probleme im Naturhaushalt mit sich.

vom Recherche-Kollektiv Countdown Natur:
27 Minuten
Opernplatz mit Brunnen, hinten Commerzbank und Deutsche Bank, Frankfurt, Hessen, Deutschland, Europa

Frankfurt-Niederursel, sieben Kilometer vom Römerberg im Stadtzentrum entfernt: Wenn Wolf-Rüdiger Hansen in seiner Küche den Hahn öffnet, stammt das meiste Wasser ganz aus der Nähe. Das ist etwas Besonderes in Frankfurt, denn die größten Wasserressourcen der Stadt sind weit entfernt. Doch Hansens Garten im Stadtteil Niederursel grenzt an eine weite freie Flur mit einem ergiebigen Grundwasservorkommen am nordwestlichen Stadtrand der Mainmetropole.

„In der Goldgrub“, heißt eines der Flurstücke, „In der Zahnlück“ oder „Auf dem Geiersberg“ sind andere Namen einzelner Abschnitte. Nur das gesamte Gebiet hat keinen Namen – aber eine Projektbezeichnung: „Frankfurt Nordwest – Neuer Stadtteil der Quartiere“ heißt es beim Stadtplanungsamt. Die Stadt möchte dort neue Wohn- und Gewerbequartiere für 30.000 Menschen errichten.

weites Rapsfeld im Vordergrund, dahinter Gehölzstreifen und Gebäude im Dunst vor grau-blauem Himmel
Eine mehr als 500 Hektar große offene Landschaft im Frankfurter Nordwesten verbindet den Grüngürtel der Stadt mit dem Umland und liefert Trinkwasser.
Frankfurt am Main. Ansicht von der Aussichtsplattform des 43 Meter hohen „Goetheturms“ im Stadtwald Frankfurt Sachsenhausen. Rechts: Das Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB).
Frankfurts Stadtwald ist Naherholungsgebiet und Wasserlieferant.
Grafik zeigt schematisch Grundwasserspeicher unter Vogelsberg, frankfurter Stadtwald und hessischem Ried, aus denen Trinkwasser nach Frankfurt am Main geliefert wird. Dargestellt sind außerdem die Flüsse Rhein und Main, der Odenwald und die Skyline von Frankfurt, zudem Wolken, aus denen Regen fällt
Den größten Anteil an der Trinkwasserversorgung Frankfurts haben der Vogelsberg und das Hessische Ried, dessen riesiges Grundwasserreservoir mit dem Odenwald verbunden ist. Frankfurts wichtigster eigene Ressource ist ein Grundwasserleiter tief unter dem Stadtwald. Grundwasser bildet sich aus Niederschlägen. Im hessischen Ried und im Stadtwald werden die Grundwasserspeicher mit aufbereitetem Wasser aus dem Rhein und dem Main über Infiltrationsbrunnen künstlich angereichert.
Luftaufnahme: Fluss Rhein fließt im weiten Bogen durch Landschaft mit gelben und grünen Feldern, am rechten Ufer Atomkraftwerk Biblis, am Horizont Mittelgebirge Odenwald, blauer dunstiger  Himmel mit Wolken
Das Hessische Ried ist eine 60 Kilometer lange und 15 bis 20 Kilometer breite Ebene zwischen dem rechten Rheinufer und dem Odenwald im Süden von Hessen.
Wasser quillt in einen Teich mit rotem Sandboden, am Ufer grüne Gras- und Farnpfllanzen
In Quellen, wie hier im Odenwald, wird Grundwasser sichtbar.
tote Baume ohne rinde stehen mit grauen Stämmen in einem Wald
Bäume, deren Wurzeln das Grundwasser nicht mehr erreichen, sterben im Gernsheimer Wald im Hessischen Ried.
länglicher schwarz-rötlicher Käfer, 2 Antennen, jeweils mehr als  doppelt so lang wie der Körper stehen seitlich ab, hält sich mit Vorderbeinen an Eichenzweig fest
Erwachsener Heldbock: In dieser Lebensphase haben die streng geschützten Käfer noch eine Lebenserwartung von zwei bis vier Monaten. Die längste Zeit ihres Lebens, zwei bis fünf Jahre, verbringen sie zuvor als Larven unter der Rinde und im Holz alter Eichen.
tote Baume ohne rinde stehen mit grauen Stämmen in einem Wald
Bäume, deren Wurzeln das Grundwasser nicht mehr erreichen, sterben im Gernsheimer Wald im Hessischen Ried.
Mann steht vor toten Bäumen im Wald und blickt nach oben
Henner Gonnermann setzt sich für den Schutz der durch Wassergewinnung geschädigten Wälder im Hessischen Red ein.
Schild „Entnahmebauwerk“ direkt am Rheinufer, Auf dem Fluss fährt ein Schiff zum linken Bildrand
Wasser, das bei Biebesheim aus dem Rhein entnommen wird, spielt eine wichtige Rolle für die Versorgung des Rhein-Main-Gebietes.
Plakat  mit schwarzer Schrift auf vergilbtem Papier, Bekanntmachung des Trinkwassernotstandes in Frankfurt am Main im Jahr 1964
Runder Betondeckel mit pilzformogem Belüftungsstutzen leicht erhöht übder dem Boden eines Waldes
Einer von 230 Brunnen, Sickerschächten und Gräben, über die im Hessischen Ried aufbereitetes Rheinwasser ins Grundwasser eingeleitet wird.
Am pilzförmigen Belüftungsstutzen ist einer der Brunnen hinter Garagenwänden zu erkennen, im Hintergrund Wohnhäuser
Am pilzförmigen Belüftungsstutzen ist einer der Brunnen zu erkennen, die Bewohnerïnnen einer Siedlung in Nauheim vor nassen Kellern bewahren.
Auf dem Boden eines Waldes sind parallel in mehreren Metern Abstand Bewässerungsrohre verlegt.
Bewässerungsrohre im Gernsheimer Wald gehören zu einem Forschungsprojekt.
Mann mit Regenschirm vor grünem Feld
Wolf-Rüdiger Hansen setzt sich für den Schutz eines der wenigen Trinkwassergewinnungsgebiete in Frankfurt ein.
Landschaft mit leuchtend grüner wiese in Vordergrund, dahinter ein Waldsaum und Hügelketten am Horizont unter düster-grauem Himmel
Die Hügel und Berge im Vogelsberg gehen auf Vulkanismus zurück, dessen Folgen sich heute noch auf den Wasserhaushalt der Landschaft auswirken.
Protestbanner auf dem Grünstreifen neben einer Straße mit der Aufschrift „Weniger Grundwasser nach Rhein-Main“
Protestbanner am Ortseingang von Rainrod im Vogelsberg.
An der Oberkannte eines Steinbruchs ist bewachsener Boden zu erkennen, aus dem Wasser durch ein Rohr abfließt, Darunter Schichten aus beigem Tuff und schwarz-braunen Basaltblöcken. Am Boden des Steinbruchs hat sich ein Teich gebildet, an dessen Ufer grüne Pflanzen sprießen.
Wie bei einer angeschnittenen Torte sind im Steinbruch bei Rainrod verschiedene Gesteinschichten zu erkennen. Ganz oben fließt Grundwasser durch ein Rohr ab.
Mann mit Bart steht vor einem Weiher an Steinbruchwand.
Der Ökologe Hans-Otto Wack befasst sich seit vielen Jahren mit dem Grundwasser vom Vogelsberg.
Grüne Erdpolster und tote Bäume in einem ausgetrockneten Moor
Anfang der 1990er Jahre fiel das Moor im Vogelsberger Wassergewinnungsgebiet Inheiden trocken, nachdem das nahe Wasserwerk sehr viel Grundwasser abgepumpt hatte.
Pegelmessrohre im wieder vernässten Moor bei Inheiden.
Pegelmessrohre im wiedervernässten Moor bei Inheiden.