Corona-Krise in Kenia: Die Menschen sind extrem beunruhigt, weil selbst reiche Länder straucheln
Armen Menschen fehlen Rücklagen, um mit dem Lockdown klarzukommen. Bettina Rühl berichtet aus Nairobi

Nairobi, 6. April 2020
In Kenia sind zur Zeit 142 Infektionen bekannt, Stand 05. April 2020. Vier Menschen sind bereits gestorben, darunter ein sechsjähriger Junge. Schulen und Universitäten sind geschlossen, Versammlungen verboten. Das gilt auch für Gottesdienste und Gebete in Moscheen. Im - ausschließlich privaten - öffentlichen Nahverkehr dürfen Busfahrer nur noch halb so viele Passagiere mitnehmen. Das Tragen von Mundschutz ist seit dem Wochenende in Supermärkten und an öffentlichen Plätzen Pflicht. Es gilt ein nächtliches Ausgangsverbot. Die staatlichen Sicherheitskräfte greifen hart und zum Teil mit exzessiver Gewalt durch. Zwei Menschen starben, darunter ein 13-jähriger Junge in Nairobi.

Die Menschen sind extrem beunruhigt. Sie machen sich vor allem Sorgem, weil sie sehen, dass auch reiche Länder wie die USA, Frankreich, Italien oder Spanien der Pandemie kaum gewachsen sind. Andererseits leben viele Menschen von der Hand in den Mund. Sie können es sich nicht leisten, zu Hause zu bleiben, um sich zu schützen. Sie haben fast noch mehr Angst vor einer kompletten Ausgangssperre, als vor dem Virus: "Am Ende bin ich vielleicht verhungert, aber Covid-19 negativ."
Mir macht vor allem Sorge, wie diese Menschen durch die Wirtschaftskrise kommen. Und ich sehe die Gefahr, dass die Bevölkerung noch mehr Vertrauen in die Regierung verliert. Was ich verstehen könnte, wenn ich die Mischung aus Polizeigewalt samt bewussten Demütigungen und Restriktionen sehe. Denn der Staat, der ihnen durch Verbote ihre Lebensgrundlage nimmt, tut andererseits nichts, um sie wirtschaftlich zu unterstützten. Und prügelt oder peitscht außerdem noch auf sie ein, setzt scharfe Munition und Tränengas ein. Die Regierung hat zwar Steuererleichterungen verkündet, aber die helfen denen nicht, die ums tägliche Überleben kämpfen.
Entscheidend für die Situation in Kenia ist nicht nur, dass das Gesundheitssystem einem großen Ausbruch nicht gewachsen wäre. Sondern auch, dass die Menschen keine Reserven haben.
Gerade in der jetzigen Situation wird im Vergleich nochmal besonders deutlich, was für ein Segen die Stabilität in Deutschland ist: Politisch und wirtschaftlich.
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