Wasser-Exporte in der Klimakrise: Welche Folgen hat der Wasser-Transfer von Lesotho nach Botswana?
Der Wassermangel in Botswana spitzt sich zu. Ein neues Talsperren-Projekt in Lesotho soll helfen. Aber es könnte auf Kosten der eigenen Bevölkerung gehen, warnen zivilgesellschaftliche Organisationen. Schon in der Vergangenheit gab es Probleme mit Umsiedelungen und Entschädigungen in Lesotho. Nach einem politischen Machtwechsel keimt nun aber auch Hoffnung für die betroffenen Bürger auf.
Dürren und Überschwemmungen, Extremwetter und steigende Temperaturen: Die Folgen der Klimakrise sind auf dem afrikanischen Kontinent deutlich spürbar. Viele Länder kämpfen mit ausgedehnten Trockenperioden, der Wassermangel verschärft nicht nur die Ernährungskrise, sondern hemmt zudem die wirtschaftliche Entwicklung. Darüber werden auch die Delegierten der UN-Konferenz COP27 beraten, die am Sonntag im ägyptischen Sharm el-Scheikh beginnt.
Im Süden des Kontinents gilt das kleine Königreich Lesotho als Wasserturm der Region, in den Bergen entspringen etliche Flüsse. Seit mehr als zwei Jahrzehnten exportiert Lesotho bereits Wasser ins Nachbarland Südafrika und versorgt damit unter anderem das Wirtschaftszentrum rund um Johannesburg. Etliche Talsperren existieren schon, neue sind im Bau.
Doch die Projekte gehen teils auf Kosten der lokalen Bevölkerung und des ökologischen Gleichgewichts: Bürger und Bürgerinnen in Lesotho klagen über Trinkwassermangel, Gemeinden warten nach ihrer Umsiedlung auf Entschädigung, Forscher und Forscherinnen bereitet der Zustand der Feuchtgebiete Sorgen. Vor einem Jahr haben wir ausführlich darüber berichtet.
Ein weiteres Großprojekt ist geplant: das Lesotho-Botswana Transfer Scheme. Aus einer neuen Talsperre in Lesotho soll Wasser über 700 Kilometer durch eine Leitung bis ins aride Botswana gepumpt werden, weil dort schon 2025 die Versorgung knapp werden könnte. Außerdem soll die Wasserkraft zur Stromerzeugung genutzt werden. Alle drei Länder – Lesotho, Südafrika und Botswana – würden davon profitieren, heißt es von der grenzüberschreitenden Kommission, der Orange-Senqu River Commission, ORASECOM. Internationale Organisationen wie die Weltbank unterstützen das Vorhaben als Vorbild regionaler Kooperation.
Aber ist das Projekt wirklich vorbildlich, hat man also aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt? Wir haben nachgefragt bei Lepeli Moeketsi, Anwalt beim Seinoli Legal Centre in Lesotho. Die Nichtregierungsorganisation vertritt die Interessen der Dorfbewohner, die wegen des Projekts umgesiedelt werden müssen.
Herr Moeketsi, was wissen Sie über den aktuellen Stand des Projekts?
Vieles ist bereits geschehen: Es gibt eine Absichtserklärung und ein Vertragsmemorandum, die Lesotho. Botswana und Südafrika unterschrieben haben. Seit 2018 werden auch Studien durchgeführt. Aber es dringen nur wenige Informationen an die Öffentlichkeit – und das bereitet uns große Sorgen.
Wir haben bislang 21 Dörfer besucht, die von dem Projekt betroffen sind – aber dort wusste kaum jemand davon, nur wenige hatten etwas im Radio gehört. Es gibt Berichte, nach denen dort erste Machbarkeits-, Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen durchgeführt wurden, aber die Leute vor Ort wissen nichts davon.
Das wirft natürlich Fragen auf: Wir kann es sein, dass etwa die sozialen Auswirkungen des Projekts ohne das Wissen der betroffenen Bevölkerung erhoben werden? Ich hoffe, dass ich mehr vom zuständigen Wasser-Kommissar erfahre, den ich schon vor einiger Zeit um ein Treffen gebeten habe.
Sie sprechen von 21 Dörfern, die Sie besucht haben. Wieviele Menschen müssten denn für den neuen Staudamm am Makhaleng Fluss umgesiedelt werden?
Uns liegen dazu noch keine offiziellen Zahlen vor. Es war uns wichtig, die Leute dort zumindest auf die Möglichkeit einer Umsiedlung vorzubereiten. Denn wir kennen das schon von früheren Projekten: Probleme bei der Umsiedlung, mit Entschädigungszahlungen und negativen ökologischen Auswirkungen. Wir wollten in den Gemeinden also ein Bewusstsein dafür schaffen, was auf sie zukommen könnte. Außerdem wollten wir wissen, ob sie Mitarbeiter von ORASECOM gesehen haben, die beispielsweise ihre Felder vermessen haben. Aber die Antwort war: Nein.
In einem Kurzfilm ihrer Organisation kommen einige Dorfbewohner zu Wort, sie fürchten um ihren traditionellen Lebensstil, der eng mit der Natur verbunden ist, um ihre Lebensgrundlage als Kleinbauern und Viehhirten, um die Gräber ihrer Vorfahren. Ganz ähnlich wie die Menschen, die ich bei meiner Recherche im Hochland Lesothos im vergangenen Jahr getroffen habe. Hat die Regierung seit der Fertigstellung der Katse-Talsperre Mitte der 90er Jahre irgendetwas an ihrem Verhalten gegenüber der Landbevölkerung verändert?
Nein. Es stimmt, dass wir schon in der ersten Phase des Lesotho Highlands Water Project mit genau den gleichen Herausforderungen zu kämpfen hatten. Die Regierung nimmt öffentliche Konsultationen nicht ernst. Sie sucht das Gespräch mit jenen nicht, die von diesen großen Infrastrukturprojekten betroffen sind.
Das ist auch eine rechtliche Lücke: Es gibt kein explizites Gesetz, mit dem wir die Regierung und Investoren dazu zwingen könnten. In Kapitel zwanzig unserer Verfassung ist jedoch das Recht auf öffentliche Beteiligung festgeschrieben. Und dann gibt es das Prinzip der freien, vorherigen und informierten Zustimmung, FPIC, in der UN-Deklaration für indigene Völker. Das sind mögliche Grundlagen für eine Klage.
Die Behörde, die die Projekte umsetzt, die LHDA (Lesotho Highlands Development Authority), macht ihre eigenen Gesetze. Zum Beispiel in Bezug auf die Berechnungsgrundlage der Entschädigungen für Felder oder Häuser. Sie legt beispielsweise einfach fest, dass sie pro Quadratmeter 20 Cent bezahlt, aber wie sie auf diesen Betrag gekommen ist, wissen wir nicht. Sie bezieht bei diesen Überlegungen auch nicht die Besitzer des Landes ein. Wir kämpfen also noch immer mit den gleichen Problemen.
Nun soll ja nicht das gesamte Wasser aus der neuen Talsperre nach Botswana fließen, sondern auch in Dörfer in Lesotho, die unter Trockenheit leiden, außerdem wird Energie erzeugt. Kann man beides gegeneinander abwägen – die Tatsache, dass einige Dörfer umgesiedelt werden, dafür aber ein größerer Teil der Bevölkerung von Trinkwasser und Strom profitiert?
Wir haben da unsere Erfahrungswerte: Es gibt das Lowlands Water Supply Scheme, für das die Metolong-Talsperre gebaut wurde und das dafür gedacht war, die tieferliegenden Regionen in Lesotho mit Wasser zu versorgen. Aber noch sind viele Gegenden nicht an die Wasserversorgung angeschlossen worden – dazu gehören auch solche in direkter Nachbarschaft der Talsperre.
Ich weiß nicht, ob sich diese Dinge mit dem neuen Projekt ändern werden. Bislang gibt es viele Dörfer, die um einen Zugang zu sauberem Trinkwasser kämpfen, obwohl sie in einem wasserreichen Land leben, das diese Ressource sogar exportiert. Diese Menschen müssen Wasser aus den Flüssen schöpfen, die teilweise durch den Bergbau kontaminiert sind. Auch die Wasserkraftanlage in Muela hat nicht viel bewirkt, es gibt noch immer viele Haushalte ohne Strom.
All diese Megaprojekte gehen mit großen Versprechungen einher: Die Hoffnung wird vermittelt, dass sich die Dinge positiv verändern werden, dass sich unsere Leben und unser Lebensunterhalt verbessern werden. Aber das ist nicht der Fall. Eine Herausforderung ist die Korruption – es gibt so viel Korruption in diesem Land. Wir sind nicht einmal in der Lage, von diesen großen Projekten zu profitieren. Die, die es am härtesten trifft, sind die Menschen, die unmittelbar von diesen großen Projekten betroffen sind. Ihr Leben hat sich nicht verbessert, es ist schlechter geworden.
Wenn diese Dinge beim ORASECOM Projekt, dem Lesotho-Botswana Water Transfer, tatsächlich anders gemacht werden sollten, dann begrüßen wir das natürlich, Aber unsere bisherige Erfahrung ist, dass wir von diesen großen Projekten nur wenig profitieren.
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