Medienrummel um gerettete Kinder vertuscht harten Alltag der Indigenen in Kolumbien

Vier Kinder überleben nach einem Flugzeugabsturz 40 Tage im Dschungel. Der Vorfall zeigt, wie wertvoll das Wissen Indigener ist – und wie ignorant der Staat.

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Sechs Soldaten und vier Indigene stehen und sitzen auf dem Urwaldboden. In ihrer Mitte sitzen drei in Rettungsdecken eingewickelte Kinder. Zwei sind aneinandergekuschelt, eins wird von einem Retter am Kopf gestützt Richtung Kamera. Ein Soldat im Hintergrund hält das Baby im Arm. Um sie herum ist alles grün, weil der Regenwald so dicht ist.

40 Tage dauerte die Suche nach dem Absturz der Propellermaschine im Dschungel von Kolumbien: Dann waren die vier indigenen Geschwister tief im Regenwald gefunden: Lesly (13), Soleiny (9), Tien (5) und Baby Cristin (1). Ausgehungert, abgemagert, dehydriert und zerstochen, aber ohne schwere Verletzungen. „Eine Freude für das ganze Land!“, twitterte Präsident Gustavo Petro „Wunder, Wunder, Wunder, Wunder!“, jubelte die Luftwaffe.

Es war der 9. Juni. Drei Wochen zuvor war das Wrack der Propellermaschine samt der Leichen der drei erwachsenen Passagiere gefunden worden: der Pilot, ein indigener Anführer und die Mutter der Kinder, Magdalena Mucutuy Valencia.

„Das Wunder von Kolumbien“ war in der ganzen Welt eine Sensation. Ausländische Reporterteams standen tagelang vor den Toren des Militärkrankenhauses in Bogotá, wo die Kinder seitdem aufgepäppelt werden. Jeder ging mit einer anderen Version der Geschehnisse an die Presse: Mitglieder der Familie erzählten ihre Sicht, der Kommandant der Operation, die indigenen Retter.

Aber was bleibt nun vom „Wunder“?

Wohl auf einem Trainingsgelände steht ein angespannter Schäferhund mit offener Schnauze. Er ist an einer Leine und trägt eine Art Weste um die Brust.
Wilson, ein belgischer Schäferhund der Armee, war bei der „Operation Hoffnung“ im Einsatz. Doch er ging im Dschungel verschollen.