Unsere Ahnen – unsere Wurzeln

Der Stammbaum der Menschheit: Wie aus einem aufrecht gehenden Affen die dominierende Art auf unserem Planeten wurde

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Zu sehen ist die im Nebel unscharfe, ausladende Krone eines Laubbaumes, der im Winter keine Blätter trägt. Lange Zeit galten Bäume als Symbole für die menschliche Abstammung, doch heute wissen die Forscher, dass die Evolution wohl eher einem Flussdelta ähnelt, bei dem sich Arme verzweigen, aber auch wieder vereinigen.

Auch wenn Homo sapiens heute der einzige seiner Gattung ist: In der Vergangenheit hatten wir Menschen zahlreiche Verwandte und Ahnen. Aus deren Mitte haben wir uns entwickelt. Immer mehr Mitglieder dieser Menschenfamilie vermochten die Forscher in den letzten Jahren zu entdecken.

Die Geschichte beginnt vor sieben Millionen Jahren, vielleicht auch früher. Damals erprobt ein Verwandter aus der Affensippschaft den aufrechten Gang – wahrscheinlich in Afrika – und wird so zum Urahn der Menschheit. Über viele Millionen Jahre perfektioniert dieser Vormensch die neue Fortbewegungsweise, verlegt seinen Lebensraum vom Wald in die Savanne, bringt immer neue Arten hervor. Schließlich vergrößert sich sein Gehirn, er beginnt Werkzeuge herzustellen und seinen Geist zu entfalten, sprich: er wird zum frühen Homo, zum Frühmenschen.

Diese Entwicklung geht fortlaufend weiter, es wagen sich erstmals Urmenschen mit noch größeren Gehirnen und größerer Geisteskraft aus Afrika hinaus nach Asien und Europa. Bis schließlich der letzte von ihnen, der Homo sapiens, die gesamte Erde erobert – und alle anderen Menschenarten verdrängt.

„Der lange Weg zum Menschen“ bietet hier eine Zusammenstellung der Ahnenreihe der Menschen und ihrer aufrecht gehenden Verwandten. Allerdings entdeckt die Forschung immer Neues: Der jüngste Spross der Verwandtschaft, der 2019 entdeckte Homo luzonensis, ist in diesem Stammbaum noch nicht dabei.

Die Grafik bietet eine Übersicht über die bislang bekannten Urmenschen und menschlichen Ahnen. Sie ist als Stammbaum der Menschheit vor hellgrünem Hintergrund angelegt und die verschiedenen Ahnen sind als Strichzeichnungen der gefundenen Fossilien – meist Schädel – dargestellt. In der Senkrechten verläuft die Zeitebene, die oben mit der Gegenwart beginnt und unten bei rund sieben Millionen Jahren endet. Senkrechte Balkendarstellungen neben den Fossilien geben zudem an, von wann bis wann eine Art existiert hat.
Seit rund sieben Millionen Jahren bevölkert die Verwandtschaft des Homo sapiens unseren Planeten. Zunächst als aufrecht gehende Vormenschen mit nur kleinen Gehirnen (braun eingezeichnet), später mit mehr Hirnvolumen und schon der Gattung Mensch – Homo – zugerechnet (orange). Einen ausgestorbenen Seitenzweig bilden die „Nussknackermenschen“ der Gattung Paranthropus mit riesigen Zähnen und bescheidenen Gehirnen (grün)

Was sagt ein Stammbaum aus?

Wir heutigen Menschen lieben Stammbäume. Wir schauen gerne alte Fotos an, ordnen die Verwandten und erzählen uns Geschichten über Vater, Mutter, Onkel, Tanten, Großmütter und Großväter. Fast alle Menschen sind begierig zu wissen, wo ihre Vorfahren herkamen und wer sie waren. Und das gilt auch für eine Zeit, die so lange zurückliegt, dass sie weder in Schriften noch in Erzählungen überliefert ist. Doch dank der heutigen wissenschaftlichen Methoden können die Urmenschen-Forscher – die Paläoanthropologen – wie Detektive in unsere Vergangenheit schauen und die Ahnen der Menschheit ermitteln.

Nicht einfach ist es allerdings, diese Urgeschichte zu rekonstruieren, denn den Forschern stehen nur wenige fossile Relikte aus einer Zeitspanne zur Verfügung, die sich über viele Millionen Jahre erstreckt. Oft wird ein menschlicher Vorfahr nur anhand eines einzigen Knochenfundes beschrieben. Wie lange eine Art lebte und wie weit sie verbreitet war, ist nur sehr vage abzuschätzen. Noch schwieriger ist es, anhand der wenigen Fossilien zu beweisen, wer von wem abstammt. Aus diesem Grund haben wir in dem Stammbaum keine Linien eingezeichnet, die Verwandtschafts-Beziehungen andeuten sollen.

Es gibt zwar Vermutungen, wer wessen Vorfahr ist: So nehmen viele Forscher an, dass sich aus der Lucy-Art Australopithecus afarensis der erste Vertreter der Gattung Homo, also der erste Mensch, entwickelt hat, weil beide in aufeinander folgenden Epochen in Ostafrika gelebt haben. Oder dass der Homo heidelbergensis sowohl der Vorfahr des Neandertalers als auch des Homo sapiens ist. Doch sicher sind solche Schlüsse keineswegs und schon ein einziger neuer Fossilfund kann zu ganz anderen Ergebnissen führen.

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