Im Tollhaus

Wie die Klimawandel-Leugner tricksen und manipulieren – eine Rezension

11 Minuten
Eine Karikatur auf organefarbigem Hintergrund: Die Welt brennt und hält sich die Hände entsetzt an die Wangen wie die Figur auf Munchs „Schrei“ – Cover-Illustration des jetzt auf deutsch erschienenen Buchs „Der Tollhauseffekt“

Einer der renommiertesten US-Klimaforscher und ein bekannter Karikaturist haben sich zusammengetan, um einen grellen Scheinwerfer auf die Szene der Klimawandel-Leugner zu richten. Wie nebenbei entwickeln sie in ihrem gemeinsamen Buch eine Typologie der falschen Behauptungen.

Dürfen wir Ihnen die beiden Freds vorstellen? Frederic Seitz und Fred Singer, beide US-amerikanische Physiker, stramme Konservative, politische Falken, professionelle Wissenschaftsverdreher und „universell einsetzbare Leugner, die man anheuern konnte“. Diese liebevolle Charakterisierung stammt vom amerikanischen Klimaforscher Michael Mann, der zusammen mit dem Karikaturisten Tom Toles von der Washington Post vor zwei Jahren das Buch „The Madhouse Effect“ veröffentlicht hat. Das Werk zeichnet den Krieg der Industrie-Lobbyisten und der mit ihnen verbündeten Politiker gegen die Wissenschaften nach, vor allem beim Thema Klimawandel, und ist jetzt in einer deutschen Übersetzung unter dem Titel „Der Tollhauseffekt“ erschienen (Verlag Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie; 24,90 Euro). In dieser Fassung enthält das Buch auch bereits das vor wenigen Wochen von Mann in den USA veröffentlichte Ergänzungskapitel zur Regierung Trump. Dessen Titel lautet wie ein Sequel in Hollywood: „Rückkehr zum Tollhaus“.

Mann und Toles begründen ihre ungewöhnliche Zusammenarbeit im Vorwort mit der „Industriepropaganda“ und der „empörenden Verzerrung der Wissenschaft durch die offizielle Politik“ in ihrem Heimatland. Beides zusammen habe eine angemessene Reaktion nicht nur der USA, sondern eigentlich der ganzen Menschheit auf die Klimakrise bisher verhindert. „Jedes Mal, wenn wir in der Vergangenheit zu erkennen begannen, dass wir handeln müssten, sind die Urheber von Verwirrung und Verleugnung angetreten, um uns abzubremsen und in die Irre zu führen.“ (Ob es noch andere Gründe für die Verzögerung gibt, diskutieren wir hier.) Diese „Urheber von Verwirrung und Verleugnung“ beschreiben die Autoren in ihrem Buch präzise und in „klarer und unkomplizierter Sprache in Kombination mit einem satirischen Unterton“, wie die Übersetzer zu Recht anmerken. Ihnen ist zudem das Kunststück gelungen, auch die Karikaturen in ihrem flapsigen Ton und mit ansprechendem Lettering ins Deutsche zu übertragen.

Die Petition stand in einem obskuren Ärzteblatt

Mann und Toles erzählen unter anderem von Seitz und Singer. Beide Freds hatten in den 1990er-Jahren regelrechte Husarenstücke vollbracht, die bis heute in der internationalen Szene der Klimawandel-Leugner und bis nach Deutschland nachwirken. Frederic Seitz warf 1998 sein ganzes Renomée als ehemaliger Präsident der National Academy of the Sciences (NAS) in die Wagschale, um die sogenannte Oregon-Petition gegen das Kyoto-Protokoll zu lancieren. Der Aufruf zum Protest gegen die Begrenzung von Treibhausgasen enthielt ein vermeintlich wissenschaftliches Papier über die Wirkung von CO2 in der Atmosphäre. Dessen Aufmachung erinnerte an die hochangesehenen Proceedings der NAS, stammte aber tatsächlich aus einem obskuren Ärzteblatt.

Obwohl sich die Nationale Akademie schnell von dem Traktat und ihrem ehemaligen Chef distanzierte, fand die Petition 31 000 Unterzeichner. Bis heute wird diese Liste in den Zirkeln der Leugner als Beweis gehandelt, dass sehr viele qualifizierte Wissenschaftler den Grundthesen zum Klimawandel widersprächen. Tatsächlich stimmt das nicht, es waren nur wenige Klimatologen unter den Unterzeichnern. Auch Seitz selbst hatte als Quantenphysiker kein spezielles Fachwissen.

Fred Singer wiederum schaffte es im Jahr 1991, den anerkannten Klimaforscher Roger Revelle zu einem gemeinsamen Aufsatz zu überreden. Der Ozeanograph aus Kalifornien hatte nicht nur entscheidend am Entstehen der sogenannten Keeling-Kurve mitgewirkt, die seit 1958 kontinuierlich den steigenden CO2-Gehalt der Atmosphäre dokumentiert. Er hat als Professor in Harvard auch dem späteren US-Vizepräsidenten Al Gore die Augen für den Klimawandel geöffnet, wie der Politiker und Aktivist gern erzählt. Revelle war 1991 bereits todkrank, und als er sich nicht mehr wehren konnten, so heißt es im „Tollhauseffekt“, schmuggelte Singer eine Passage in das Manuskript, wonach die Menschheit nichts mit dem Klimawandel zu tun habe. Revelles Tochter versuchte, die Position ihres Vaters posthum richtig zu stellen, aber noch immer kursiert in den Kreisen der Klimawandelleugner das Papier, in dem „Al Gores Lehrmeister“ vermeintlich dessen Thesen anzweifelt.

Eine Karikatur: Eine Sonne mit Aufschrift Klimawandel lässt Uhren schmelzen, sie biegen sich über Äste, Kanten und Figuren.–
Als wäre es ein Werk von Dali: Der Klimawandel schreitet voran und nichts passiert. Entnommen aus „Der Tollhauseffekt“ (2018),
Als wäre es ein Werk von Dali: Der Klimawandel schreitet voran und nichts passiert. Entnommen aus „Der Tollhauseffekt“ (2018),

Man könnte sich nun fragen, was diese amerikanischen Kabale mit Deutschland zu tun haben, und warum es deswegen einer deutschen Übersetzung des Mann-Toles-Buchs bedurfte. „Die Kräfte, die mit ihrem Geld versuchen, die Wissenschaft zu diskreditieren, die gibt es doch auch hierzulande“, antwortet Matthias Hüttmann, Initiator des Projekts und neben Herbert Eppel einer der beiden Übersetzer. Tatsächlich ist es so: Wann immer sich Leute aus dieser Szene in einer Kommentarspalte in eine Diskussion einschalten, können sie auf gutgemachte Webseiten manipulativen Inhalts verweisen. Auch die amerikanischen Veröffentlichungen der Lobbyisten sind stets nur einen Klick von der Debatte in Deutschland entfernt. Der breite Konsens in Klimafragen hierzulande, sagt Hüttmann, sei darum eine Illusion: „Wenn es wirklich daran geht, dass wir als Gesellschaft umschalten, werden wir diese Mechanismen von Leugnen und Vernebeln auch hier erleben“.

„Man muss sich einfach ein dickes Fell zulegen.“

Schon heute ertragen auch deutsche Wissenschaftler wie Stefan Rahmstorf vom Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und der Universität in Potsdam, der ein Vorwort zum „Tollhauseffekt“ geschrieben hat, massive Angriffe. „Es gibt einen kleinen, aber sehr lautstarken Sektor der Gesellschaft, der die Erkenntnisse aus der Klimaforschung aggressiv ablehnt, bis hin zu persönlichen Angriffen und physischen Drohungen“, erklärt er in einem Porträt auf der Webseite seiner Hochschule. „Man muss sich einfach ein dickes Fell zulegen.“

Weiteres Beispiel: Der scheidende PIK-Chef Hans Joachim Schellnhuber berichtet in seinem Buch „Selbstverbrennung“, wie er immer wieder von Menschen angegriffen wird, die ihm einen Aufruf zum Massenmord vorwerfen. Das ist natürlich blanker Unsinn; der mögliche Hintergrund ist seine Warnung, nach einem ungebremsten Klimawandel könne vielleicht nur noch eine Milliarde Menschen auf dem Planeten leben, die die Angreifer als Forderung missdeuten.

Eine Karikatur. In neun Bildern bringt Onkel Sam am Rednerpult immer neue Gründe vor, warum der Klimawandel keine Problem ist, und wird jeweils aus dem Off korrigiert. –
Die Stufen der Verleugnung. Entnommen aus „Der Tollhauseffekt“ (2018),
Die Stufen der Verleugnung. Entnommen aus „Der Tollhauseffekt“ (2018),

Auch Journalisten sind oft Ziel solcher Angriffe. Ging es beim Verfasser dieses Texts bisher eher um herablassende Zweifel an seiner Kompetenz oder Unabhängigkeit und um Versuche, ihn bei seinen Kollegen oder Vorgesetzten anzuschwärzen, so hat Matthias Hüttmann auch schon persönliche Drohungen erlebt: „Jemand hat sich die Mühe gemacht, meine Privatadresse herauszufinden und öffentlich zu posten. Nach dem Motto: Wir wissen, wo du wohnst.“

Das Buch vom „Tollhauseffekt“ enthält außerdem eine wichtige Kategorisierung der vermeintlichen Argumente der Lobbyisten – Mann und Toles nennen das Kapitel „die Stufen der Verleugnung“. Allein das rechtfertigt eine deutsche Version. (Im Folgenden unterlegen wir die verbreiteten Klima-Mythen jeweils mit Links zur Webseite skepticalscience.com, deren Autoren sich die Mühe gemacht haben, sie zu sammeln, zu katalogisieren und zu widerlegen.)

Die sechs Stufen der Verleugnung

Die erste Stufe und einfachste und primitivste Form des Leugnens ist es, den Anstieg der Temperaturen oder der Treibhausgase oder den Zusammenhang der beiden grundsätzlich abzustreiten. Dazu gehört das Gerede vom vermeintlich gesättigten CO2 und von der angeblichen, tatsächlich längst widerlegten Erwärmungspause seit 1998. Eine Variante davon ist es zu behaupten, man wisse es ja nicht genau, es gebe noch Streit in der Wissenschaft, es fehlten noch Daten, niemand könne sagen, ob der Klimawandel real sei – im Augenblick die liebste Äußerung amerikanischer Regierungspolitiker. Das wirkt dann nicht ganz so anachronistisch wie reines Abstreiten, erfüllt aber den gleichen Zweck. „Es wird immer Unsicherheiten geben, was aber nicht als Ausrede für Untätigkeit dienen darf“, schreiben dazu Mann und Toles. „Denn damit würde man sich dem Irrtum hingeben, dass wir nichts wissen, weil wir nicht alles wissen.“ (Hervorhebung im Original)

Etwas raffinierter ist schon die zweite Stufe, die Erwärmung und den gesteigerten Treibhauseffekt auf natürliche Ursachen zurückzuführen, zum Beispiel auf die schwankende Sonnenaktivität mit oder ohne Vermittlung kosmischer Strahlen. Es habe ja auch in früheren Zeiten eine Erwärmung des Klimas gegeben, heißt es dann oft. „Das ist mit der Argumentation vergleichbar, der mutmaßliche Brandstifter, der mit Streichhölzern und Brandbeschleuniger gefunden wurde, sei unschuldig, weil Waldbrände schließlich auch durch natürliche Ursachen ausgelöst werden können“, beschreiben die Autoren diese Form des Leugnens in ihrem Buch.

Auf der dritten Stufe geben die Gegner zwar zu, dass die Erde sich erwärmt und die Menschheit etwas damit zu tun hat, beharren aber darauf, dass sich das Problem von selbst lösen wird. Solche Behauptungen handeln meist von Veränderungen in den Wolken, die sich in der aufgeheizten Atmosphäre so verändern könnten, dass sie mehr Wärme ins Weltall abstrahlen oder von unten durchlassen. Das meiste davon ist widerlegt, aber Wolkenphysik ist vertrackt und keineswegs gut verstanden. Hier gibt es also noch legitime Forschung. Wer jedoch allein mit solchen vermeintlichen negativen Rückkopplungen argumentiert, ignoriert die Hinweise auf und Belege für gefährliche positive Rückwirkungen oder Teufelskreise, zum Beispiel: Wenn das Meereis in einem erwärmten Polarmeer schmilzt, kommt unter der weißen Oberfläche das blaue Wasser zum Vorschein. Es absorbiert Sonnenlicht, das sonst ins All reflektiert worden wäre, und heizt sich so weiter auf.

Die vierte Stufe des Leugnens ist erreicht, wenn allein die vermeintlichen Vorteile erhöhter Temperaturen und CO2-Spiegel herausgestellt werden. Das Gas sei schließlich ein wichtiger Nährstoff für Pflanzen, und wenn der Eispanzer Grönlands abschmelze gebe es neue Siedlungsflächen. Es werde dort wieder so grün werden wie es in der Zeit der Wikinger war. Diese Behauptungen stimmen erstens nicht, der Name Grönland zum Beispiel war auch zu jener Zeit Propaganda und keine korrekte Beschreibung. Und für viele Pflanzen machen die höheren Temperaturen den Vorteil von mehr Kohlendioxid wett. Zweitens ignorieren sie die massiven Nachteile für die Erde und ihre Bewohner, die von den möglichen Vorteilen nicht aufgewogen werden. Wenn Grönland frei ist, sind auf der ganzen Welt bereits mehr dicht besiedelte Küstenregionen verloren gegangen, als im Hohen Norden entstehen.

Die fünfte Stufe des Leugnens besteht darin, die Erkenntnisse der Wissenschaft auf der einen Seite anzuerkennen, aber den nötigen Klimaschutz als unmöglich darzustellen, als Jobkiller, als zu teuer, aussichtslos oder ungerecht. Hier entdecken die Gegner plötzlich ihr Herz für die Bewohner armer Länder, denen man die wirtschaftliche Entwicklung auf das Niveau der Industriestaaten nicht verwehren dürfe. Oder sie präsentieren absurde Beträge, die eine Umstellung des Energiesystems verschlingen werde – sich anzupassen, sei viel preiswerter. Tatsächlich belegen viele Studien, dass die Kosten des Klimaschutzes heute deutlich tiefer liegen als die Beträge für aktuelle und künftige Schäden oder Schutzmaßnahmen. Und gerade erneuerbare Energien können bei dezentralem Einsatz die Probleme armer Menschen in Entwicklungsländern lösen.

Als sechste und letzte Stufe des Leugnens schließlich bezeichnen es Mann und Toles in ihrem Buch, wenn man allein auf technische Lösungen vertraut, die letztlich jegliche Umstellung im Lebensstil überflüssig machen werden. Das gilt nicht nur für Solarkraftwerke, Elektroautos oder bessere Dämmmaterialien für Häuser, sondern nach den Worten der beiden Autoren auch für all die Methoden, die unter dem Stichwort „Geoengineering“ diskutiert werden. Es geht dabei vor allem um Eingriffe in den Strahlungshaushalt der Erde, die einfallendes Sonnenlicht reduzieren sollen. „Klimawandel-Methadon“ nennen die beiden Autoren die Beschäftigung mit den Verfahren in einem eigenen Kapitel, also als Ersatzdroge, die es dem Süchtigen erspart, sich seiner Kohlenstoff-Abhängigkeit zu entledigen.

Vor diesem pauschalen Urteil allerdings (und das ist jetzt die Meinung des Rezensenten) muss man mindestens das Gros der Wissenschaftler ausnehmen, die auch in Deutschland zum Beispiel an Methoden forschen, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. Sie sehen ihre Arbeit durch die Bank als mögliche Ergänzung und keinesfalls als Ersatz für die ehrgeizigste Reduktion der Emissionen einschließlich Veränderungen im Lebensstil. Der mögliche Gebrauch von manchen der Methoden macht vielen von ihnen Bauchschmerzen, sie propagieren ihn keineswegs. Sie als „Leugner der sechsten Stufe“ zu bezeichnen, wäre ungerecht und falsch.

Vorsichtig mit dem Vorwurf „Klimawandellleugner“ sollte man auch sein, wenn jemand in einer abgewogenen Argumentation einzelne Aspekte erwähnt, die isoliert betrachtet in eine der sechs Kategorien fallen könnten. Zum Beispiel die Frage, ob die im Klimawandel tendenziell abnehmenden Kälteextreme oder die zunehmenden Hitzeextreme, ob die milderen Winter oder die heißeren Sommer größeren Einfluss auf die Todesfallstatistik haben.

Erst war es immer zu früh zum Handeln, dann durfte man nicht darüber reden, dann war es zu spät. Wie wohl die Geschichte diesen Ablauf einst beurteilen wird? Entnommen aus „Der Tollhauseffekt“ (2018),
Erst war es immer zu früh, dann durfte man nicht darüber reden, dann war es zu spät. Wie wohl die Geschichte diesen Ablauf einst beurteilen wird? Entnommen aus „Der Tollhauseffekt“ (2018),

Es gibt epidemiologische Studien für beide Schlussfolgerungen; die Klimaforscherin Veronika Huber von der Universidad Pablo de Olavide in Sevilla diskutiert sie in einem aktuellen Post auf realclimate.org. Huber kommt dort zum Schluss: In den reichen Industrieländern überwiegt vermutlich der Effekt, dass wegen der milderen Winter insgesamt weniger Menschen zu früh sterben, und in den ärmeren Staaten ist es umgekehrt. Global betrachtet dürfte der Klimawandel darum deutlich mehr Leben kosten als retten.

Der Punkt an dieser Diskussion ist in diesem Zusammenhang: Zitiert jemand Studien, dass der Klimawandel die Mortalität senkt, ist der nicht schon deswegen ein Leugner der Stufe vier („der Klimawandel ist gut für uns“). Es sei denn, es wäre das Einzige, was sie oder er dazu sagt, bevor alle weiteren Details ignoriert und Einwände abgeblockt werden.

Journalisten, die ihren Beruf falsch verstanden haben

Die Grenzziehung zwischen dem Erörtern von Thesen und dem Verbreiten von Propaganda ist also nicht immer leicht. Aber Mann und Toles geht es ja sowieso nicht um echte Forscher, sondern um manche Politiker, um Journalisten, die ihren Beruf falsch verstanden haben, vor allem aber um Lobbyisten.

Diese professionellen Leugner, die das Buch vom „Tollhauseffekt“ beschreibt, waren und sind in der Nachfolge der beiden Freds regelrechte Universal-Propagandisten. In ihren Kreisen gibt es eine jahrzehntelange Kontinuität der Wissenschaftsfeindlichkeit. Sie haben sich einspannen lassen im Kampf um Zigaretten, DDT, Asbest, Sauren Regen, Nuklearen Winter und Ronald Reagans Star-Wars-Initiative, bevor sie sich dem Klimawandel zuwandten – meist im Dienst der Industrien, die aus den umstrittenen Produkten ihren Profit zogen. Mann und Toles erzählen diese Geschichte – die zum Beispiel Naomi Oreskes und Eric Conway in ihrem Buch „Merchants of Doubt“ sehr viel ausführlicher und akademischer ausbreiten – im „Tollhauseffekt“ als Überblick und sehr unterhaltsam nach, illustriert mit Karikaturen der Protagonisten und Cartoons zum Thema.

Das Urteil der beiden Autoren über die Männer aus den Lobbygruppen und der Politik, die sie da porträtieren (und es sind offenbar tatsächlich nur Männer), fällt so harsch aus wie zu erwarten war. „Eine Vielzahl von Einzelpersonen haben ihre öffentliche Präsenz genutzt, um die Bewältigung des Klimawandels zu verlangsamen“, schreiben sie. Man müsse erkennen, dass sie „einfach nicht Teil der Lösung sein werden. Wir können und müssen ohne sie vorankommen.“ Schärfer formuliert noch ist diese Passage: „Wenn sie dazu beigetragen haben, uns zu einer katastrophal fehlgeleiteten politischen Reaktion zu führen, wie es offensichtlich scheint, dann darf die Geschichte nicht vergessen, wer sie sind und was sie getan haben.“ Zu dieser Geschichtsschreibung trägt der „Tollhauseffekt“ bei. ◀

Das Buch-Cover der deutschen Übersetzung (links) und die Autoren im Selbstporträt mit ihren liebsten Werkzeugen (rechts). Sie stehen in der Karikatur auf einer kleinen Weltkugel und halten sich ein einem Thermometer fest. Toles (links) trägt eine Zeichenfeder in der Hand, Mann einen Eishockeyschläger. Entnommen aus „Der Tollhauseffekt“ (2018)
Das Buch in seiner deutschen Übersetzung und die Autoren im Selbstporträt mit ihren liebsten Werkzeugen. Übersetzung von Matthias Hüttmann und Herbert Eppel. Entnommen aus „Der Tollhauseffekt“ (2018)
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