Wenn Expert*innen etwas empfehlen: Von Evidenz über Werte bis hin zu Interessenkonflikten

Drei Dinge, die man über Einschätzungen von Menschen wissen sollte, die sich (vermeintlich) auskennen

vom Recherche-Kollektiv Plan G:
8 Minuten
Eine Ärztin berät einen Patienten in einer Praxis.

Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie war es häufig zu beobachten: Wer sich zu einer Frage in verschiedenen Medien informiert, stößt schnell auf verschiedene Expert*innen, die zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen und sich manchmal sogar direkt widersprechen. Und im schlechtesten Fall werden diese Expert*innen in einer Talkshow oder in Interviews wie konkurrierende Boxer in den Ring geschickt oder der Disput als „Corona-Clinch“ zelebriert.

Schnell entsteht dann in der Öffentlichkeit der Eindruck: Die Wissenschaft weiß ja auch nicht, was richtig ist. Und bei manchen entwickelt sich dann die Haltung: Ich glaube jetzt einfach keinem mehr und mache einfach, was ich für richtig halte. Oder ich glaube nur dem, der das sagt, was ich auch finde.

Dieser Haltung liegen zwei grundsätzliche Missverständnisse zugrunde:

  1. Die Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen sind immer eindeutig.
  2. Deshalb müssen alle, die sich mit der Materie auskennen, zur gleichen Schlussfolgerung kommen, die dann auch die einzig richtige ist.

Relativ offensichtlich ist, dass die erste Aussage nicht stimmen kann. Denn nahezu alle wissenschaftlichen Erkenntnisse sind mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. Und das gilt bei neuen Krankheitserregern um so mehr.

Wie sieht es aber mit der zweiten Annahme aus? Warum kommen Expert*innen manchmal zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen und warum muss nicht zwangsläufig die eine oder die andere „richtig“ sein?

Zuerst: Natürlich sind nicht alle, die als Expert*innen angesehen werden, tatsächlich auch welche – und außerdem nicht alle, die sich sehr gut mit Virologie auskennen, gleichzeitig Expert*innen für Epidemiologie und diese wiederum nicht automatisch Fachleute für soziale Auswirkungen von Ausgangsbeschränkungen oder für die Frage, ob vorübergehende Einschränkungen bei bestimmten Grundrechten verfassungskonform sind.

Gute Gesundheitsentscheidungen entstehen an der Schnittmenge von Gesundheitsexpertise, Studienlage und deinen Werten.
Für die evidenzbasierten Medizin und gute gesundheitliche Entscheidungen braucht es die Expertise der Gesundheitsberufe, die beste verfügbare Evidenz aus klinischen Studien und deine eigenen Bedürfnisse und Werte.