Der leuchtende Vegetarier

Erst im 19. Jahrhundert kam der Girlitz in unsere Breiten.

von Carl-Albrecht von Treuenfels
4 Minuten
Der Girlitz leuchtet gelblich hell, sein Gesang gehört zu den schönsten Boten des Frühlings.

Tief in die Nestmulde gekuschelt, braucht sich das brütende Girlitzweibchen keine Sorgen um seine Ernährung zu machen. In regelmäßigen Abständen kommt das zu dieser Jahreszeit leuchtend gelbe Männchen zur versteckt in einer Fichte angelegten Brutstätte, um seiner Ehepartnerin eine Portion grüner Pflanzensamen und kleiner Körner anzubieten.

Das Weibchen, das während der knapp zweiwöchigen Brutdauer die meistens vier oder fünf leicht gesprenkelten Eier alleine wärmt, bedient sich dabei unmittelbar aus dem kurzen gedrungenen Schnabel seines Mannes. Auch wenn die Jungen geschlüpft sind, ist während der ersten Tage noch alleine der Familienvater für den Nachschub verantwortlich: In seinem ausdehnungsfähigen Hals bringt er etwa jede halbe Stunde eine – gelegentlich mit Wasser versetzte – Mahlzeit, die er zunächst dem Weibchen in den Schnabel würgt.

Dieses füttert dann sehr behutsam und sorgfältig die anfangs blinden und nackten Jungen der Reihe nach, während das Männchen sich sogleich wieder auf Futtersuche begibt. Dabei pickt es den Großteil der Pflanzenkost vom Boden auf. In der zweiten Hälfte ihrer vierzehntägigen Nestlingszeit werden die Jungen auch vom Weibchen versorgt. Dann brauchen sie mehr Futter und sind nicht mehr auf die ständige Wärmung angewiesen.

Der singende Draht

Die mit einer Körperlänge von gut elf Zentimetern und einem Gewicht von 12 bis 14 Gramm kleinsten Finkenvögel, die ihren Namen ihrem Ruf („girlitt"“ verdanken, führen auch nach dem Ausfliegen der Jungen noch für einige Zeit ein inniges Familienleben. Wenn allerdings das Elternpaar im Juli noch mit einer zweiten Brut beginnt, müssen die Kinder aus dem Mai- oder Junigelege sich selbst zu versorgen lernen.

Für den zweiten Nachwuchs baut das Weibchen ein neues Nest aus Grashalmen und Moos; auch hierbei herrscht Arbeitsteilung, denn das Männchen begleitet und sichert seine Frau. Zwischendurch setzt es sich gerne in der Nähe des Nistplatzes auf einen freihängenden Ast oder auch auf eine elektrische Leitung und singt zur Revierabgrenzung sein sirrendes feines Lied.

Die Flugbegleiter: Denn Artensterben darf nicht erst wieder bei der nächsten Alarmstudie Thema sein.

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