Was zum Naturschutz im Koalitionsvertrag steht – und was nicht

Dokumentation und Analyse der wichtigsten Passagen

vom Recherche-Kollektiv Flugbegleiter:
13 Minuten
Aufnahme einer Walze (Baumaschine) auf neuem Asphalt.

Gesamtzahl der Wörter im Koalitionsvertrag: 73.135

Häufigkeit des Wortes

  • Umwelt: 44
  • Natur/Naturschutz: 19
  • Klima: 73
  • Artenvielfalt: 1
  • Biodiversität: 6
  • Vögel: 0
  • Umweltverbände: 1

Zum Vergleich:

  • Sicherheit: 171
  • Digital: 290
  • Wirtschaft: 258
  • Infrastruktur: 67
  • Bauen: 78

Grundsätze

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Bürgerinnen und Bürger haben ein starkes Bedürfnis nach Gemeinschaft, Sicherheit im Alltag, Bewahrung der kulturellen Identität, Stabilität, einem guten Miteinander und einer gestaltenden Politik, die Menschen auf Augenhöhe zusammenbringt.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Bürgerinnen und Bürger haben auch ein starkes Bedürfnis nach einer vielfältigen, lebendigen Landschaft und Natur.

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Millionen Menschen engagieren sich in Deutschland in sozialen, kulturellen und lokalen Bewegungen sowie in Gemeinde- und Stadträten, Kreistagen, Kirchen und Religionsgemeinschaften für unser Gemeinwesen. Gemeinsam mit ihnen wollen wir unser Land besser, sicherer und gerechter machen.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Neben sozialen, kulturellen und lokalen Bewegungen gibt es in Deutschland auch die Umweltbewegung. Der Deutsche Naturschutzring mit seinen 87 Mitgliedsorganisationen vertritt mehrere Millionen Menschen, die sich für Naturschutz engagieren.

Forschung

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Wir werden die Nutzung von Prinzipien der Natur vorantreiben und eine ressortübergreifende Agenda „Von der Biologie zur Innovation“ gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft erarbeiten.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Damit wir Prinzipien der Natur dauerhaft nutzen können, reichen die heutigen Maßnahmen des Naturschutzes weder in Deutschland, Europa noch weltweit aus.

Meere

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Wir werden der übermäßigen Nutzung der Ozeane entgegenwirken und den Schutz der Meere insbesondere vor Vermüllung verbessern. Wir setzen uns für ein Schutzgebietsnetz für Hochseegebiete und für ein internationales Durchführungsübereinkommen zum Schutz der biologischen Vielfalt im Bereich der Hohen See ein und unterstützen die Einrichtung von Schutzgebieten in Arktis und Antarktis. Um Nord- und Ostsee besser zu schützen, werden wir ein wirksames Management der Freizeitfischerei in den Schutzgebieten in Kraft setzen und uns für wirksame Fischereiregelungen auf EU-Ebene sowie eine bessere Förderung ökosystemgerechter Fangtechniken und -methoden einsetzen.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Im Gegensatz zu anderen Politikbereichen fehlt es an konkreten Maßnahmen und Zielsetzungen. In all diesen Feldern hat Deutschland sich bisher nicht als treibende Kraft betätigt.

Prioritäten

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Für die Jahre 2018 bis 2021 sind nach der Finanzplanung des Bundes für die Haushaltsaufstellung (51. Finanzplan) Ausgaben von 1,392 Billionen Euro vorgesehen. Über die dort eingeplanten Maßnahmen hinaus wollen wir den absehbaren finanziellen Spielraum der nächsten vier Jahre für prioritäre Ausgaben in den folgenden Schwerpunkt-Bereichen nutzen: Investitionen in Zukunft, Bildung, Forschung, Hochschulen, Digitalisierung, Familien, Kinder und Soziales, Bauen und Wohnen, Gleichwertige Lebensverhältnisse, Landwirtschaft, Verkehr und Kommunen, Internationale Verantwortung bei Sicherheit und Entwicklung, Entlastung der Bürger.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Entsprechende Prioritäten bei Umwelt, Naturschutz, Biodiversität, nachhaltiger Landnutzung

Energiepolitik

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Wir werden beim weiteren Ausbau der Windenergie an Land einen besseren Interessenausgleich zwischen Erneuerbaren-Branche einerseits und Naturschutz- und Anwohneranliegen andererseits gewährleisten“."

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Im Gegensatz zu anderen Politikfeldern gibt es keine Details, nicht einmal eine Andeutung, wie das geschehen soll.

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Die Bioenergie trägt zur Erreichung der Klimaziele im Energie- und Verkehrssektor bei. Den Bestand von Bioenergieanlagen wollen wir im Zuge der Ausschreibungen weiterentwickeln. Die Reststoffverwertung werden wir verstärken und den Einsatz von Blühpflanzen erhöhen.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Die Klimaschutzeffekte der „Bio“-Energie-Nutzung werden wegen des hohen Aufwands für Anbau, Düngung und Transport, wegen des Umbruchs von Grünland und der Schrumpfung von kohlenstoffreichen Humusschichten in Mais-Monokulturen und zudem wegen der Ausgasung von Methan aus Lagerstätten vielfach angezweifelt.

Flaches Wasser fließt über Steine.
Zehntausende Kilometer Bäche und Flüsse durchziehen Deutschland, und auch die Küsten von Nord- und Ostsee sind wichtige Lebensräume.

Flächenverbrauch

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Unser Ziel ist, den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2030 auf maximal 30 Hektar/Tag zu halbieren. Wir prüfen, mit welchen zusätzlichen planungsrechtlichen und ökonomischen Instrumenten das Ziel erreicht werden kann.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Wie dieses Ziel bei einem Flächenverbrauch von heute 66 Hektar/Tag erreicht werden kann, wenn gleichzeitig der „Investitionshochlauf auf einem Rekordniveau für die Verkehrsinvestitionen mindestens auf dem heutigen Niveau“ fortgeführt und „1,5 Millionen Wohnungen und Eigenheime frei finanziert und öffentlich gefördert gebaut werden“ sollen – eine unaufgelöste Frage.

Was im Koalitionsvertrag steht:

"Wir werden ein Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz verabschieden. Damit wollen wir deutliche Verbesserungen und noch mehr Dynamik in den Bereichen Verkehr, Infrastruktur, Energie und Wohnen erreichen. Durch frühzeitige Bürgerbeteiligung, weniger Bürokratie und gezielten Personaleinsatz wollen wir unsere öffentlichen Verkehrswege schneller planen und bauen. Mit Änderung der rechtlichen Vorgaben wollen wir Erleichterungen für Infrastrukturprojekte erreichen. Dabei orientieren wir uns an den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit sowie an den zwölf Punkten der Strategie Planungsbeschleunigung des Verkehrsressorts. Für ausgewählte Projekte mit überragendem öffentlichem Interesse werden wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzen und die Verwaltungsgerichtsverfahren auf eine Instanz beschränken. Zudem wollen wir auf Grundlage europäischen Rechts das Verbandsklagerecht in seiner Reichweite überprüfen und uns auf EU-Ebene für die Wiedereinführung der Präklusion einsetzen.

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Wie das Ziel, den Flächenverbrauch zu reduzieren und die gesetzlich vorgeschriebene Berücksichtigung von Natur- und Artenschutz unter diesen Bedingungen gewährleistet werden sollen, bleibt völlig offen.

Flüsse und Hochwasserschutz

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Wir werden das Nationale Hochwasserschutzprogramm umsetzen und stärken es, indem wir es über die derzeit vorgesehenen zehn Jahre hinaus dauerhaft ausstatten. Zudem werden wir dieses Programm zum vorbeugenden Hochwasserschutz ausbauen und den Küstenschutz sicherstellen. Wir werden für einen verbesserten Hochwasserschutz bis 2021 länderübergreifende Raumordnungspläne zum Schutz der Menschen und Umwelt entlang unserer Gewässer entwickeln.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Wieso dies mehr als zwanzig Jahre nach dem Oderhochwasser und 16 Jahre nach dem großen Elbehochwasser alles nicht schon längst geschehen ist, warum noch immer in Überschwemmungsgebieten gebaut wird und warum es keine flächendeckende Renaturierung von Flussauen gibt – da dies den effektivsten Hochwasserschutz darstellt.

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Im Dialog mit der Landwirtschaft werden wir auf eine gewässerschonende Bewirtschaftung hinwirken. Die Abwasserabgabenregelung wollen wir mit dem Ziel der Reduzierung von Gewässerverunreinigungen weiter entwickeln.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Warum es für diese zentral wichtige Herausforderung reichen soll, auf etwas „hinzuwirken“.

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Für die ausschließlich dem Tourismus oder Sport dienenden Nebenwasserstraßen des Bundes wollen wir entsprechend der Befahrbarkeit neue Prioritäten setzen und diese unterstützen. Wir streben an, zusammen mit den Bundesländern und Regionen neue Konzepte für die einzelnen Wasserwege zu entwickeln.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Warum diese Nebenwasserstraßen angeblich „ausschließlich“ dem Tourismus oder Sport dienen, wird nicht erklärt. Was ist mit Enten? Eisvögeln? Libellen und anderen Insekten? Fische, die nicht am Angelhaken landen? Schwarzmilanen?

Insektenschwund

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Wir werden das Insektensterben umfassend bekämpfen. Mit einem „Aktionsprogramm Insektenschutz“ wollen wir die Lebensbedingungen für Insekten verbessern. Wir wollen ein wissenschaftliches Monitoringzentrum zur Biodiversität unter Einbeziehung des Bundesumwelt- sowie des Bundeslandwirtschaftsministeriums aufbauen.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Wie dieser Kampf gelingen soll, wenn man gleichzeitig in der Agrarpolitik alles beim Alten lassen will, bleibt unklar ebenso wie die Frage, wer das Monitoringzentrum betreiben soll und wie es bestehende Initiativen zum Monitoring integrieren soll. In anderen Politikbereichen sind die Ziele im Koalitionsvertrag deutlich konkreter.

Was im Koalitionsvertrag steht:

Die Umsetzung der Ackerbaustrategie für u. a. Umwelt- und naturverträgliche Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln werden wir gemeinsam mit der Landwirtschaft vornehmen und adäquat mit Fördermitteln für Maßnahmen zur Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie und insbesondere des Insektenschutzes untersetzen. Dabei liegt uns der Schutz der Bienen besonders am Herzen. Wir legen diese Strategien bis Mitte der Legislaturperiode vor.

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Wenn eine Strategie bis zur Mitte der Legislaturperiode vorliegt, ist mit der Umsetzung erst die nächste Regierung beschäftigt.

Was im Koalitionsvertrag steht:

Die an der Pflanzenschutzmittel-Zulassung beteiligten Behörden statten wir mit zusätzlichem Personal aus, um die Zulassungsverfahren zügig durchführen zu können. Wir sorgen für eine bessere Transparenz der Zulassungsverfahren für Wirkstoffe und Pflanzenschutzmittel auf EU- und nationaler Ebene. Wir werden die Forschung verstärken, um die Bandbreite innovativer und vorhandener Pflanzenschutzmittel – auch im ökologischen Landbau – zu erweitern. Wir beziehen in diese Strategie auch denGarten- und Weinbau sowie die Forstwirtschaft mit ein. Wir werden die Ackerbaustrategie durch ein Innovationsprogramm für digital-mechanische Methoden, z. B. zur Unkrautbekämpfung und Bodenlockerung, ergänzen. Dies soll dazu beitragen den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln wirksam zu reduzieren.

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Nicht klar wird, welchen Vorteil eine zügigere Durchführung von Zulassungsverfahren haben soll, wenn es bei den Verfahren darum geht, mögliche Schäden für Bienen und andere Insekten durch Forschungsprogramme zu ermitteln. Offen bleibt auch, was es bedeutet, den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln „wirksam“ zu reduzieren – 1 Prozent, 5 Prozent, 10 Prozent, 50 Prozent?


Aufnahme eines Düngeanhängers in Betrieb.
Löschen Pestizide Insektenbestände aus und schadet übermäßige Düngung (Foto) der Pflanzenvielfalt? Darüber wird heftig gestritten.

Landwirtschaft und Agrarlandschaft

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Unser Ziel ist eine nachhaltige flächendeckende Landwirtschaft – sowohl ökologisch als auch konventionell. Nachhaltige Landwirtschaft und Naturschutz sind keine Gegensätze. Wir wollen eine multifunktional ausgerichtete, bäuerlich-unternehmerische, familiengeführte und regional verwurzelte Landwirtschaft erhalten. Der gesellschaftlich geforderte Wandel in der Landwirtschaft und die veränderten Erwartungen der Verbraucher bedürfen einer finanziellen Förderung – national wie europäisch.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Welchen Anteil der rund 43 Milliarden EU-Agrarsubventionen und der nationalen Mittel pro Jahr die Bundesregierung umwidmen möchte, schreiben die Koalitionäre nicht.

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Ausgehend von der Zukunftsstrategie Ökologischer Landbau werden wir den Ökolandbau weiter ausbauen, um einen Flächenanteil von 20 Prozent nachfrageorientiert und bei Ausbau der Forschung bis zum Jahr 2030 zu erreichen.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Dass, wenn nicht bis 2030 auf nahezu 100 Prozent der deutschen Agrarfläche nachhaltig gewirtschaftet wird (ob öko-zertifiziert oder nicht), die Bestände vieler Arten kollabiert sein werden. Und dass Prozent-Ziele nichts nützen, wenn keine konkreten Maßnahmen genannt werden.

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Wir wollen Initiativen für nachhaltige, entwaldungsfreie Lieferketten von Agrarrohstoffen, z. B. Palmöl, Kakao und Soja, unterstützen.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Die bisherige reine „Unterstützung“ solcher Maßnahmen hat vor allem bei Palmöl und Soja kaum Erfolge erzielt. Nur strenge Kontrollen und Einfuhrregeln können helfen.

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Die Milcherzeugung hat eine herausragende Bedeutung für die deutsche Landwirtschaft, vor allem mit Blick auf eine flächendeckende Grünlandbewirtschaftung. Wir wollen Maßnahmen und Instrumente entwickeln, um auf schwere Krisen auf dem Milchmarkt zukünftig besser vorbereitet zu sein.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Es gibt keine „flächendeckende Grünlandbewirtschaftung“, ein erheblicher Teil der Kühe steht in Ställen, wo sie mit Silagemais gefüttert werden. Die Politik hat im Dienst von Exportinteressen selbst massiv zur Überproduktion und damit zum Preisverfall beigetragen – zum Schaden besonders der nachhaltig wirtschaftenden Milchbauern. Der Koalitionsvertrag enthält keinerlei Hinweise, wie dieser Schaden wieder behoben werden soll, um nachhaltige Weidewirtschaft zu fördern.

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Wir werden mit einer systematischen Minderungsstrategie den Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln deutlich einschränken mit dem Ziel, die Anwendung so schnell wie möglich grundsätzlich zu beenden. Dazu werden wir gemeinsam mit der Landwirtschaft Alternativen im Rahmen einer Ackerbaustrategie entwickeln und u.a. umwelt- und naturverträgliche Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln regeln. Die dazu notwendigen rechtlichen Maßnahmen werden wir in einem EU-konformen Rahmen verankern.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Wie dieses Wunschdenken in die Tat umgesetzt werden kann, welche Alternativen zum Einsatz kommen sollen und bis wann welche Minderungsziele erreicht sein sollen – ungeklärt.

Wald

Was im Koalitionsvertrag steht:

Wir wollen die Waldstrategie 2020 als zentrale Leitlinie, ergänzt durch den Gedanken der Biodiversität, fortführen.

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Warum Biodiversität als „Gedanke“ bezeichnet wird und nicht als schützenswerte Realität beziehungsweise als gesetzliches, für einen gesunden Wald essentielles Ziel.

Aufnahme aus einem Nadelwald mit teils hohen Bäumen.
Arten wie dem Schwarzspechten geht es in jüngster Zeit wieder besser, weil es mehr alte Bäume gibt. Soll das so bleiben?

Moore

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Wir erarbeiten eine Torfschutzstrategie mit dem Ziel, klimafreundliche Alternativen zur Minderung der Torfanteile zur Verfügung zu stellen.“ (…) „Wir wollen eine Moorschutzstrategie erarbeiten und die ersten Maßnahmen noch in dieser Legislaturperiode umsetzen.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Warum das 2018, nach der Zerstörung von mehr als 95 Prozent der deutschen Moore, überhaupt noch ein Thema ist. Und was es außer Zeitschinderei sein soll, erst in vier Jahren „erste Maßnahmen“ einer Moorschutzstrategie umzusetzen.

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Die Weidetierhaltung ist aus ökologischen, kulturellen und sozialen Gründen sowie zum Erhalt der Artenvielfalt und Kulturlandschaft zu erhalten. Im Umgang mit Wolf hat die Sicherheit der Menschen oberste Priorität. Wir werden die EU-Kommission auffordern, den Schutzstatus des Wolfs abhängig von seinem Erhaltungszustand zu überprüfen, um die notwendige Bestandsreduktion herbeiführen zu können. Unabhängig davon wird der Bund mit den Ländern einen geeigneten Kriterien- und Maßnahmenkatalog zur Entnahme von Wölfen entwickeln. Dazu erarbeiten wir mit der Wissenschaft geeignete Kriterien für die letale Entnahme. Wir wollen, dass Wölfe, die Weidezäune überwunden haben oder für den Menschen gefährlich werden, entnommen werden.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

…das steht im Kommentar von Thomas Krumenacker.

Städtebau

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Zur Erhöhung der Arten- und Biotopvielfalt in den Städten wollen wir einen Masterplan zur Umsetzung des Weißbuchs „Grün in der Stadt“ entwickeln und umsetzen.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Warum nicht stattdessen im Bau- und Planungsrecht Vorgaben gemacht werden, wie unsere Städte trotz des unabweisbaren Bedarfs an neuen Wohnungen Lebensräume für wildlebende Tiere bleiben können – zum Beispiel, indem Gebäude von vornherein mit Nistmöglichkeiten konzipiert werden, indem städtische Biotope geschützt werden und indem unnötig versiegelte Flächen wieder geöffnet werden.

Ein Junge sitzt auf ausgetrocknetem, gerissenem Boden vor einer Pfütze.
Welchen Beitrag soll Deutschland zur Lösung der weltweiten Umweltkrise leisten?

Ziele im Umwelt- und Naturschutz

Was im Koalitionsvertrag steht:

„XI. Verantwortungsvoller Umgang mit unseren Ressourcen“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Warum die natürliche Umwelt wie bis in die 1970er Jahre als „Ressource“ definiert wird.

Was im Koalitionsvertrag steht:

"Wir wollen für unsere Kinder und Enkelkinder eine intakte Natur bewahren. Eine saubere Umwelt und der Schutz der Biodiversität sind unser Ziel. Dafür werden wir das Prinzip der Nachhaltigkeit umfassend beachten und wirksame Maßnahmen ergreifen, um den Artenschwund zu stoppen, die Landnutzung umweltgerechter zu gestalten, Wasser und Böden besser zu schützen, die Luft sauberer zu halten und unsere Ressourcen im Kreislauf zu führen. Wir stehen für eine Umwelt- und Klimapolitik, die die Bewahrung der Schöpfung und den Schutz natürlicher Ressourcen mit wirtschaftlichem Erfolg und sozialer Verantwortung erfolgreich verbindet.

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Wie das mit einem Koalitionsvertrag gelingen soll, der kaum neue umweltpolitische Ziele definiert und selbst für vorhandene Ziele nicht beschreibt, wie diese erreicht werden sollen.

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Den Schutz der biologischen Vielfalt werden wir als Querschnittsaufgabe zu einem starken Pfeiler unserer Umweltpolitik machen. Dazu wollen wir die Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt forcieren. Das erfolgreiche Programm „Nationales Naturerbe“ werden wir mit einer vierten Tranche über 30.000 Hektar, darunter 20.000 Hektar von der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH, fortsetzen. Wir wollen das Bundesprogramm „Biologische Vielfalt“ fortführen und werden die Mittel für „chance.natur – Bundesförderung Naturschutz“ erhöhen. In Zusammenarbeit mit den Ländern werden wir einen Aktionsplan Schutzgebiete erarbeiten. Wir werden einen „Wildnisfonds“ zur Verfügung stellen mit dem Ziel, die Länder bei der Umsetzung des Zwei-Prozent-Ziels Wildnis zu unterstützen. Das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ werden wir weiter umsetzen. Wir werden uns in der EU für mehr Mittel für den Naturschutz, die sich am Bedarf von Natura 2000 orientieren, und einen eigenständigen EU-Naturschutzfonds einsetzen.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Wie die – eigentlich selbstverständliche – Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt forciert werden soll, wenn gleichzeitig bei allen weiteren Programmen nur „fortsetzen“, „fortführen“, „unterstützen“, „weiter umsetzen“ und „einsetzen“ steht. Und dass „chance.natur“, das dem Schutz „herausragender großflächiger Gebiete“ auf bisher 3700 Quadratkilometerm dient, bisher mit einem Jahresbudget von nur 14 Millionen Euro auskommen muss.

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Unser Ziel ist, Eingriffe in Natur und Landschaft möglichst zu vermeiden. Dort, wo dies nicht möglich ist, sind entstandene Beeinträchtigungen wieder auszugleichen, um die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes auf Dauer zu sichern. Wir wollen eine Bundeskompensationsverordnung mit einem vielseitigen Mix qualitativ hochwertiger Maßnahmen schaffen, damit Genehmigungsbehörden Spielraum erhalten, auch bei der Errichtung Erneuerbarer-Energien-Anlagen und beim Netzausbau die Flächeninanspruchnahme möglichst gering zu halten.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Wie die Anlage von Ausgleichsflächen, die oft nur kosmetischer Natur ist und deren Erfolge kaum überprüft werden, in Zukunft besser gelingen soll als in der Vergangenheit.

Was im Koalitionsvertrag steht:

„Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft haben große Potenziale für den Klimaschutz und die Bewahrung der Biodiversität. Schutzmaßnahmen wollen wir deshalb verstärkt in Zusammenarbeit mit diesen Sektoren voranbringen und die vorhandenen Instrumente verstärkt nutzen.“

Was nicht im Koalitionsvertrag steht:

Wie diese Potenziale genutzt werden sollen, wenn der Koalitionsvertrag kaum konkrete neue Ziele enthält und keine einzige belastbare Summe, die in den Schutz der Biodiversität investiert werden soll – ein Rätsel.

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