Politiker machen Praktikum im Museum

Eine Idee zieht Kreise und soll europaweit zum Standard werden

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Ein Mann und eine Frau in weißer Schutzkleidung mit Atemmaske beugen sich über ein historisches Bild.

Letztens kam eine Meldung über Twitter, die aufhorchen ließ: Die britische Labour-Politikerin Julie Ward wolle als erstes Mitglied des EU-Parlaments ein Praktikum in einem Museum absolvieren. War das ein Scherz? Nein, war es nicht. Das Netzwerk Europäischer Museumsorganisationen (NEMO) organisiert ab 2018 Internships, die Kulturpolitiker_innen Einblick in die Arbeit von Museen geben sollen. Zwar dauert es nur einen halben Tag, doch erwartet die Praktikant_innen ein speziell auf die Person abgestimmtes Programm. Retweetet hat den Bericht der Plattform ArtsProfessional NEMO-Präsident David Vuillaume persönlich. „Wir wollen Politikern nicht gleich mit Forderungen kommen“, sagt er gegenüber DebatteMuseum. „Wichtig ist, dass wir zeigen, was wir genau machen.“

Julie Ward wird noch im Februar ihr Internship antreten, und zwar passenderweise in Maastricht. In der niederländischen Stadt wurde 1992 der Vertrag von Maastricht zur Europäischen Union (EUV) unterzeichnet, der erstmals auch die kulturelle Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten miteinbezog. Die Kulturpolitikerin durfte Vorlieben und Wünsche äußern. Sie gab an, sich für antike Kunst, aber auch für Design, Jugendarbeit und Gender-Fragen zu interessieren – und es sollte ein niederländisches Museum sein. Da war das Bonnefantenmuseum, das auf hohem Niveau alte und neue Kunst zeigt, eine gute Wahl.

Drei bis vier solcher Internships pro Jahr will NEMO für EU-Politiker_innen organisieren, erläutert NEMO-Geschäftsführerin Julia Pagel. Das Europäische Jahr des kulturellen Erbes (EYCH 2018) sei ein guter Zeitpunkt für den Start des Programms auf EU-Ebene. Doch sei das Politiker-Praktikum an sich nicht neu. Bereits in Belgien, Deutschland und Finnland würden auf nationaler Ebene solche Internships angeboten.

Eine Frau mittleren Alters beobachtet einen Restaurator bei der Arbeit.
Die Juristin Marion Gentges absolviert ein Politiker-Praktikum. Die Landtagsabgeordnete wäre auch eine gute Restauratorin geworden, bescheinigt ihr Holzrestaurator Christoph Adler vom Badischen Landesmuseum in Karlsruhe.