Gute Krankenhäuser finden: Was der neue Klinik-Atlas bieten soll und was noch nicht
Künftig soll es für Patienten leichter sein, sich über die Qualität von Kliniken zu informieren. Wie weit sind die Arbeiten für den Klinik-Atlas?

Seit Ende März ist es nun endlich in Kraft: das Krankenhaustransparenzgesetz. Zu den Kernpunkten gehören Regelungen für ein Transparenzverzeichnis, auch Klinik-Atlas genannt: Künftig sollen sich Patient*innen in einem öffentlichen Portal über die Qualität von Kliniken in verständlicher Form informieren können.
Der Klinik-Atlas bildet den ersten Teil einer großen Krankenhausreform. Über die Details dieser Reform haben sich Bund und Länder aber noch nicht abschließend geeignet. Auch deshalb war das Krankenhaustransparenzgesetz eine eher schwere Geburt und hing lange im Bundesrat fest. Was ist inzwischen darüber bekannt, wie der Klinik-Atlas aussehen soll?
Klinik-Atlas: Vorerst in der Basisversion
Laut Gesetz soll der Klinik-Atlas zum 1. Mai 2024 kommen. Im ursprünglichen Gesetzesentwurf war sogar der 1. April vorgesehen. Aber ist ein pünktlicher Start bei allen Verzögerungen im Vorfeld noch realistisch?
Auf diese Frage gab es vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) keine Antwort. Das Ministerium teilte jedoch mit, mit welchen Daten der Klinik-Atlas zunächst starten wird: Fallzahlen von Leistungen, also wie häufig bestimmte Eingriffe oder Untersuchungen im Krankenhaus durchgeführt werden, vorgehaltenes Personal und Komplikationsraten für ausgewählte Eingriffe. Erst zu einem späteren Zeitpunkt sollen weitere Daten folgen (s. Kasten).
Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung Stefan Schwartze hofft, „dass der Aufbau für das neue Verzeichnis schnell abgeschlossen und das Informationsportal so im gesteckten Zeitrahmen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden kann.“
Der anstehende Start des Klinik-Atlas ist aber gleichzeitig das Ende für ein anderes Portal zur Qualitätstransparenz in Krankenhäusern: die Weiße Liste.
Warum endet die Weiße Liste?
Wer sich bisher über die Qualität von Krankenhäusern informieren wollte, konnte unter anderem auf die Weiße Liste der Bertelsmann-Stiftung zurückgreifen, die mit verschiedenen Patienten- und Verbraucherschutzorganisationen zusammenarbeitete. Mit diesem Angebot ist seit Ende März 2024 jedoch Schluss. Die Website verweist explizit auf den künftigen Klinik-Atlas: „Damit ist das Ziel erreicht, Transparenz über Qualität grundsätzlich im Interesse der Patientinnen und Patienten auszugestalten.“
Was bedeutet das für Patient*innen? Nach Thomas Moormann von der Verbraucherzentrale Bundesverband wird dadurch zunächst eine Lücke entstehen: „Ein gut gemachtes Transparenzverzeichnis könnte die Lücke aber auffangen.“ Ähnlich schätzt es auch Martin Danner von der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe ein: „Wir können nur hoffen, dass das zukünftig zur Verfügung stehende Vergleichsportal des Bundesministeriums für Gesundheit hier eine würdige Alternative darstellt und ebenso zukünftig Transparenz über Qualität der Behandlungszentren im Interesse der Patient*innen offenlegen wird.“
Doch eine grundsätzliche Frage ist damit noch nicht beantwortet: Hätte die Weiße Liste nicht wenigstens so lange online bleiben können, bis der Klinik-Atlas verfügbar ist? Johannes Strotbek von der Weißen Liste verweist auf das Problem Aktualität: „Es kommen jedes Jahr neue Daten aus den Qualitätsberichten, die Aufbereitung ist mit erheblichen Kosten verbunden.“ So erhielt die Weiße Liste nur jährliche Updates, während der künftige Klinik-Atlas fortlaufend aktualisiert werden soll und sich zudem auf eine etwas andere Datenbasis stützt. „Wir hätten die Weiße Liste mit dem bisherigen Stand noch einige Wochen oder Monate online lassen können, aber dann hätten wir vermutlich unterschiedliche Datenstände in der Weißen Liste und dem Transparenzverzeichnis gehabt. Das hätte Patient*innen wahrscheinlich verwirrt“, sagt Strotbek.
Den aktuellen Zustand nach dem Aus der Weißen Liste hält Thomas Moormann von der Verbraucherzentrale für nicht ideal: „Im Internet gibt es verschiedene Krankenhaus-Suchmaschinen und Vergleichsportale. Diese Suchhilfen sind sehr unterschiedlich und haben ihre Schwächen – sie sind nicht ausreichend benutzerfreundlich, enthalten nicht alle Informationen, die für Patient:innen wichtig sind sowie teils viele überflüssige Informationen.“ Er mahnt: „Deshalb braucht es ein neues, patientenfreundliches Verzeichnis und deshalb kommt es jetzt auf eine zügige Umsetzung an.“
Was es für den Klinik-Atlas noch braucht
Vermutlich wird der Klinik-Atlas zunächst weniger umfangreiche Daten enthalten als die Weiße Liste. „Es ist schade, dass Patientenbefragungen im neuen Portal voraussichtlich erst einmal nicht enthalten sein werden“, findet Johannes Strotbek von der Weißen Liste. Allerdings wären auch die Daten in der Weißen Liste demnächst nicht mehr aktuell gewesen und hätten bei einem Weiterbetrieb entfernt werden müssen.
Thomas Moormann betont ebenfalls die Perspektive von Patient*innen und rät zu einem Ausbau der Datenbasis: „Perspektivisch muss das Verzeichnis zwingend auch die Patientenerfahrungen einbinden. Ein großer Nachteil der bisherigen Planungen ist die ausbleibende Berücksichtigung der Daten aus der sogenannten Qualitätssicherung mit Routinedaten der Krankenkassen.“ Denn es gibt in Deutschland sehr viel mehr Daten zur Qualität der Krankenhäuser, als sich nach dem aktuellen Stand im Klinik-Atlas wiederfinden sollen. Moormann fordert außerdem: „Das Verzeichnis muss eine einfach zu verstehende Gesamtbewertung enthalten.“ Eine solche Gesamtbewertung enthielt die Weiße Liste für einige Bereiche, sodass sich Patient*innen anhand einer Bewertung mit Sternen einen schnellen Überblick verschaffen konnten.
Wie das BMG auf Anfrage mitteilte, gibt es eine Kooperationsvereinbarung mit der Weißen Liste. Diese werde „den Aufbau und die Weiterentwicklung des Klinik-Atlas“ eng begleiten, so das BMG. Johannes Strotbek von der Weißen Liste erklärt dazu: „Wir stellen unser Wissen bereit, vor allem zum Thema Nutzerführung.“
Mit dem Portal allein sei es aber nicht getan: „Breitenwirkung werden die Informationen erst entfalten, wenn sie am ‚Point of Need‘ erscheinen“, so Strotbek, „also im Beratungsgespräch mit dem einweisenden Arzt. Dazu sollten sie über Schnittstellen in Praxisinformationssysteme eingebunden werden. Zudem wäre es hilfreich, wenn sie in der elektronischen Patientenakte auftauchen.“ Wenn Patient*innen eine Krankenhausbehandlung brauchen und die Arztpraxis eine Einweisung in die Patientenakte einstellt, könnte so automatisch eine Liste mit geeigneten Kliniken für den Eingriff erscheinen.