Klimawandel: 2021 war das fünftwärmste je gemessene Jahr

Europa erlebte 2021 den wärmsten Sommer, global waren 2015 bis 2021 die sieben wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Der Ausstoß von Kohlendioxid und Methan nahm zu.

vom Recherche-Kollektiv Klima & Wandel:
5 Minuten
Aufnahme des Satelliten Sentinel-1

2021 war das fünftwärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Nur in den Jahren 2016 und 2017 sowie 2019 und 2020 waren die globalen Durchschnittstemperaturen an der Erdoberfläche noch höher. Das berichtet am heutigen Montag der Copernicus-Klimawandeldienst der Europäischen Union. „Die Analyse für das Jahr 2021 zeigt, dass in den letzten sieben Jahren weltweit die mit Abstand wärmsten Jahre verzeichnet wurden, eine erneute Mahnung, dass weltweit die Temperaturen steigen und wir nun schnell handeln müssen“, betont Mauro Facchini, Head of Earth Observation in der Generaldirektion für Verteidigungsindustrie und Raumfahrt der Europäischen Kommission. Den Daten zufolge waren die vergangenen sieben Jahre zugleich mit Abstand die sieben wärmsten je gemessenen. Für Europa war 2021 zudem das Jahr mit dem heißesten je gemessenen Sommer. Erst im August hatte der Weltklimarat IPCC in seinem sechsten Sachstandsbericht gewarnt, dass die Klimakrise bald nicht mehr zu stoppen sei.

Bereits bis zu 1,2 Grad wärmer als vor der Industrialisierung

Dabei hatte 2021 noch vergleichsweise kühl begonnen: Januar bis Mai lagen unter dem Durchschnitt des Referenzzeitraum von 1991 bis 2020. Doch die Monate Juni bis Oktober glichen das schließlich aus. Am Ende lag die Durchschnittstemperatur des Jahres 2021 damit um 0,3 °C über der des Referenzzeitraums und 1,1 bis 1,2 °C über dem vorindustriellen Niveau der Jahre 1850 bis 1900. Besonders stark vom Temperaturanstieg betroffen waren 2021 die Westküsten von Nordamerika, Nord- und Zentralafrika sowie der Nahe Osten. Am weitesten unter dem globalen Durchschnitt lagen dem Erdbeobachtungsprogramm Copernicus zufolge vor allem Teile Sibiriens und Alaskas, Gebiete im zentralen und östlichen Pazifik sowie weite Teile Australiens und der Antarktis.

Allein auf Europa bezogen war die Erwärmung etwas geringer als im globalen Mittel und betrug 0,1 °C gegenüber dem Referenzzeitraum. Für Europa lag 2021 daher trotz des historisch warmen Sommers außerhalb der zehn wärmsten Jahre der Wetteraufzeichnung, nicht zuletzt infolge eines Kälteeinbruchs im April. Doch auch innerhalb Europas gab es große Unterschiede.

Weltkarte mit farblichen Hervorhebungen der Temperaturveränderungen
Die Durchschnittstemperatur 2021 lag in den meisten Teilen der Erde deutlich über dem Mittel des Referenzzeitraums 1981 bis 2010.

Extremer Sommer 2021 in Europa

Ungewöhnlich waren für Europa vor allem die Wetterereignisse im Juli und August. Auch in Deutschland blieben dabei die Starkregenereignisse mit den folgenschweren Überschwemmungen in Erinnerung. Ähnliches erlebten Belgien, Luxemburg und die Niederlande. Im Mittelmeerraum hingegen litten die Menschen in Griechenland, Italien und Spanien unter außergewöhnlichen Hitzewellen. Sizilien stellte mit 48,8 °C einen neuen Hitzerekord für Europa auf. Noch weit mehr Länder waren infolge von Hitze und Dürre von schweren Waldbränden betroffen. Außerdem werden immer häufiger Ernteausfälle die Folge der Klimakrise.

„2021 war ein weiteres Jahr extremer Temperaturen mit dem heißesten Sommer in Europa, mit Hitzewellen im Mittelmeerraum, ganz zu schweigen von den noch nie dagewesenen hohen Temperaturen in Nordamerika“, mahnt Carlo Buontempo, Direktor des Copernicus-Klimawandeldienstes. „Diese extremen Ereignisse erinnern uns eindringlich daran, dass wir etwas ändern müssen, rasch und entschieden Schritte hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft gehen und auf eine Reduzierung der Netto-Kohlenstoffemissionen hinarbeiten müssen.“

Die Säulendiagramme mit den Temperaturabweichungen des europäischen Sommers zeigen im Vergleich zu 1981–2010 eine deutlich stärkere Erwärmung als im Vergleich zu 1991 bis 2020.
Die sommerliche Temperaturabweichung in Europa im Vergleich zum Referenzzeitraum 1991 bis 2020 (oben) und im Vergleich zum Referenzzeitraum 1981 bis 2010 (unten).

„Eine hochkarätige Zusammenstellung der verfügbaren Beobachtungen“, nennt Jochem Marotzke, Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg, den Copernicus-Bericht, an dem er nicht beteiligt war. Die etwas langsamere Erwärmung Europas sei vermutlich auf eine natürliche Schwankung zurückzuführen. „Diese Schwankungen sind regional größer als global, jeweils im Vergleich zum langfristigen Trend.“ Langfristig hätten sich alle Landflächen, auch Europa, stärker erwärmt als das globale Mittel. „Das wird sich langfristig so fortsetzen, wenn auch nicht notwendigerweise in jedem einzelnen Jahr“, prognostiziert Marotzke.

CO2 nimmt in der Atmosphäre weiter zu

Für die kommenden Jahre lassen die Messdaten zu den 2021 emittierten Treibhausgasen keine Besserung erwarten: Die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre stieg um etwa 2,4 ppm auf 414,3 ppm. Damit entsprach das Wachstum dem Mittelwert der vergangenen zehn Jahre, blieb aber hinter den Rekordzunahmen der Jahre 2015 (+3,0 ppm) und 2016 (+2,9 ppm) zurück. Beide Jahre waren durch starke El-Niño-Effekte beeinflusst. Bereits auf dem Weltklimagipfel im November 2020 hatte das Global Carbon Project gewarnt, dass sich der Corona-bedingte Einbruch bei den CO2-Emissionen bereits wieder umgekehrt habe.

„Die CO2-Konzentrationsdaten bestätigen, was alle Wissenschaftler prognostizierten, dass nämlich der Corona-Effekt auf die CO2-Emissionenen ein kurzes Strohfeuer war“, resümiert Marotzke. „Wir befinden uns wieder auf dem Wachstumspfad steigender CO2-Konzentrationen. Wollen wir wirklich die Pariser Klimaziele einhalten, müssen die Emissionen rasch und nachhaltig sinken.“ Danach sehe es derzeit nicht aus.

Methanemissionen stiegen erneut besonders stark an

Besonders stark ist 2021 die Methankonzentration gestiegen. Mit 1876 ppb hat sie einen noch nie dagewesenen globalen Durchschnittswert erreicht. Die Zunahme um 16,3 ppb lag noch höher als 2020, wo sie 14,6 ppb betrug. Im Vergleich zum Mittel der beiden vorangegangenen Jahrzehnte sind diese Werte erstaunlich. Worauf sie zurückzuführen sind, ist gegenwärtig noch ungeklärt. Sowohl natürliche Quellen als auch anthropogene wie Gas- und Ölförderung könnten wichtige Rollen spielen. Immerhin: Mehr als 100 Länder haben sich auf dem Weltklimagipfel 2021 verpflichtet, ihre Methan-Emissionen bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren.

Was die Emissionsdaten des Jahres 2021 zu bedeuten haben, resümiert Vincent-Henri Peuch, Direktor des Copernicus-Atmosphärenüberwachungsdienstes: „Die Kohlenstoffdioxid- und Methankonzentrationen steigen von Jahr zu Jahr weiter an und es gibt keine Anzeichen für eine Verlangsamung. Diese Treibhausgase sind die Haupttreiber des Klimawandels.“ Was das für das Klima in Deutschland in den kommenden Jahrzehnten bedeuten wird, können Klimamodelle heute recht genau prognostizieren. Daraus wird ersichtlich, wie dringend auch aus deutscher Sicht die Klimakrise gestoppt werden muss. Den ursprünglichen Fahrplan der großen Koalition hatte das Bundesverfassungsgericht noch als unzureichend gekippt. Die neue Bundesregierung hat ambitioniertere Ziele und Schritte vorgelegt. Doch schon jetzt mahnen Fachleute, dass auch damit das 1,5-Grad-Ziel nicht zu halten sein werde und Nachbesserungen erforderlich seien. Die nun vorgelegten Copernicus-Daten verdeutlichen die Dringlichkeit einmal mehr.

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