Über 100 Länder wollen Methan-Emissionen bis 2030 deutlich reduzieren

Die Unterzeichner des Global Methane Pledge verpflichten sich auf der COP26, ihre Methan-Emissionen innerhalb von zehn Jahren um 30 Prozent zu reduzieren. Das System, um Ausstoß und Reduktion zu messen, muss allerdings noch ausgebaut werden

von Daniela Becker
5 Minuten
Global Methane Pledge: Über 105 Länder verpflichten sich, ihre Methan-Emissionen zu reduzieren

Mehr als 100 Staaten haben sich auf dem Weltklimagipfel in Glasgow dazu verpflichtet, ihren Ausstoß an klimaschädlichen Methan bis 2030 um mindestens 30 Prozent gegenüber dem Stand von 2020 zu senken. Das Global Methane Pledge wurde gemeinsam von Europäischer Union und den Vereinigten Staaten angeschoben.

„Methan ist beim Klimaschutz die am niedrigsten hängende Frucht. Hier können und müssen wir schnell handeln, “ sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie betonte, ebenso wie US-Präsidenten Joe Biden auch die vielen positiven Auswirkungen für die Gesundheit, die Methan-Reduktionen bringen. Denn hohe Methan-Konzentrationen in der Atmosphäre begünstigen die Entstehung von sehr gesundheitsschädlichem Ozon in Bodennähe.

Dies ist ein historischer Moment.

„Dies ist ein historischer Moment, “ sagte Fatih Birol, Executive Director der Internationalen Energieagentur (IEA). „Wenn die Länder dieses Vorhaben bis 2030 umsetzen, sparen sie das Äquivalent der CO2-Emissionen des kompletten Transportsektors ein.“

Stand heute haben sich über 105 Länder dieser Initiative angeschlossen, darunter auch Staaten, die sehr stark von der Erdölförderung leben wie Saudi Arabien, Libyen und Ecuador. Auch Deutschland – wie die ganze EU – hat das neue Abkommen unterzeichnet. Die Hoffnung, dass in Glasgow auch Groß-Emittenten wie Australien, China, Indien oder Brasilien die Verpflichtung unterschreiben, hat sich bislang nicht erfüllt. Justin Trudeau, Premierminister von Kanada appellierte an weitere ölfördernde Nationen, sich dem Abkommen anzuschließen.

Methan-Reduktion wirkt schnell

Zuletzt hatte der jüngste IPCC-Sachstandsbericht die Bedeutung einer schnellen Methanreduktion in den Mittelpunkt gerückt. Methan ist als Treibhausgas mindestens 80-mal so klimawirksam wie die gleiche Menge Kohlendioxid. Der „Vorteil“ von Methan ist, dass es in der Atmosphäre relativ schnell abgebaut wird. Es verbleibt dort nur zehn bis zwölf Jahre – CO2 hingegen für Jahrhunderte.

Deswegen könnte die kurzfristige Eindämmung von Methan die vielleicht entscheidende Rolle in diesem Jahrzehnt spielen, um die unkontrollierte Erhitzung des Planeten in den Griff zu bekommen. Eine Studie von Wissenschaftler:innen des Environmental Defense Fund, die in der Fachzeitschrift Environmental Research Letters veröffentlicht wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass die Bekämpfung von Methanemissionen die derzeitige Erwärmung um 30 Prozent verlangsamen könnte. Die Initiatoren des Global Methane Pledge sprechen von einem Rückgang der Erderhitzung um mindestens 0,2 °C bis 2050, sofern das Abkommen global eingehalten würde.

Methan entsteht in verschiedenen Sektoren. Ein Schwerpunkt liegt bei der Erdölförderung, wo es zusammen mit dem Öl an die Erdoberfläche gelangt. Dabei wird das Erdgas oft direkt in die Atmosphäre entlassen („Venting“) oder verbrannt („Flaring“). Auch beim Transport von Erdgas entweicht viel Methan aus Leitungen und Dichtungen. In der Landwirtschaft bildet sich Methan bei natürlichen Prozessen im Boden, bei der Tierhaltung insbesondere von Rindern und der Lagerung von Mist und Gülle. Alle Lebensmittelabfälle, die auf Mülldeponien landen, setzen Methan frei. Im IPCC-Bericht wird festgestellt, dass der Methanausstoß seit 2007 rapide ansteigt.

Internationale Beobachtungsstelle für Methanemissionen geplant

Obwohl die Wirkmechanismen bekannt sind, ist das Treibhausgas nicht annähernd so gut erforscht wie CO2. So ist bis heute nicht wirklich erfasst, woher viele Methanemissionen stammen.

Die Weltgemeinschaft will diese Problematik angehen. Am Rande des G20-Gipfels hat das UN-Umweltprogramm Unep eine Internationalen Beobachtungsstelle für Methanemissionen (Imeo) angekündigt. Sie soll die Basis dafür schaffen, dass der Ausstoß des Gases gezielt heruntergefahren werden kann.

Die neue Beobachtungsstelle wird sich zunächst auf die Methanemissionen aus dem Energiesektor konzentrieren, später sollen unter anderem die Abfallwirtschaft und der Agrarsektor hinzukommen. Genutzt werden Daten von Mess-Sensoren, wissenschaftliche Studien und nationale Emissionsverzeichnisse. Unternehmen können sich freiwillig beteiligen.

Im Projekt CO2 Monitoring and Verification Support Capacity (CO2MVS) arbeiten außerdem Wissenschaftler:innen des europäischen Copernicus-Atmosphärenüberwachungsdiensts (CAMS) daran, die Datenlage zu verbessern. „Unsere Arbeit wird zum ersten Mal menschengemachte Treibhausgasemissionen sehr exakt bestimmen können und so politische und organisatorische Entscheidungsprozesse durch qualitativ hochwertige Daten besser unterstützen, “ kündigte Richard Engelen, Deputy Director von CAMS, in einer virtuellen Veranstaltung während der COP26 an.

Die neuen Satelliten, die gemeinsam mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA und der Europäischen Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT) entwickelt werden, sollen punktgenau einzelne Kohlenstoffdioxid- oder Methanquellen bestimmen können, wie etwa Kraftwerke oder Kraftstoffproduktionsanlagen. Die Messwerte der Satelliten werden dann in das Computermodell der Erdatmosphäre und Biosphäre von CAMS eingespeist, um eine routinemäßig die menschengemachten Emissionen zu quantifizieren. Bis dahin wird es allerdings noch eine Weile dauern: Auf dem Weg zu einem voll operativen CO2MVS-Service wird gerade ein erster Prototyp entwickelt. Ein durchgängiger Betrieb des Service ist ab 2026 geplant.

In der Energiebranche sind laut Analysen der Internationalen Energieagentur (IEA) Reduktionen relativ einfach und teils sogar ohne zusätzliche Kosten möglich. Die IEA sieht hier die Ölindustrie in der Pflicht. Einfache Maßnahmen wären vor allem die Eindämmung von Erdöl- und Erdgaslecks an Pipelines, die Sanierung stillgelegter Kohlegruben sowie die bessere Erfassung von Emissionen aus Deponien. Bei der Tierhaltung gibt es Ansätze den Rindern Zusätze zuzufüttern, damit bei der Verdauung weniger Methan entsteht.

Deutsche Umwelthilfe fordert deutsche Methanstrategie

Bei der Methanreduktion stehe Deutschland bereits recht gut da, erklärte Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Umweltbundesministerium, bei einer Pressekonferenz in Glasgow. Gasproduktion spiele in Deutschland keine so große Rolle, die Deponierung von unbehandelten Abfälle sei hierzulande bereits seit 2005 beendet. Flasbarth sieht die Aufgabe Deutschlands bei der globalen Methanreduktion vor allem darin, technisches Knowhow zur Verfügung stellen, um in anderen Ländern Emissionen zu reduzieren.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt die internationale und europäische Initiative zur Reduktion von Methanemissionen, sieht aber in Deutschland Nachholbedarf.

Es ist erschreckend, dass der Klimakiller Methan gerade in Deutschland, dem größten Gaskonsumenten der EU, keinerlei Rolle in der politischen Debatte spielt.

„Es ist erschreckend, dass der Klimakiller Methan gerade in Deutschland, dem größten Gaskonsumenten der EU, keinerlei Rolle in der politischen Debatte spielt“, sagt Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH.

Die Umweltorganisation fordert, dass eine Methanstrategie mit nationalem Reduktionsziel in den Koalitionsvertrag aufgenommen wird. Zudem solle sich die neue Regierung auf EU-Ebene entschieden hinter die Position des Europäischen Parlaments stellen und dafür eintreten, dass die Kommission die Frage der Erdgasimporte aus Drittländern wie Russland bei der Methanregulierung nicht ausklammert. Was dort in der sogenannten Vorkette entweicht, müsse dem Abkommen zufolge Gegenstand deutscher Politik werden, fordert die DUH. In Deutschland gibt es insbesondere einen politischen Streit darüber, ob die Erdgas-Pipeline Nordstream 2 in Betrieb genommen werden soll.

In der EU sind die Methanemissionen gegenüber 1990 im Energiesektor um etwa die Hälfte zurückgegangen, in der Abfallwirtschaft um ein Drittel und im Agrarsektor um etwas mehr als ein Fünftel. Im Dezember möchte die EU-Kommission erstmals einen Gesetzesvorschlag zur Methanregulierung vorlegen.

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