Warum trinkt man gerade in Kolumbien so schlechten Kaffee?

Kolumbien ist der drittgrößte Kaffeeproduzent der Welt. Doch was viele Menschen im Alltag trinken, kommt nicht an den internationalen Ruhm des kolumbianischen Hochlandkaffees heran. Woran liegt das?

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Ein Mann und eine Frau mittleren Alters stehen in einem Kaffeehain mit einzelnen Schattenbäumen (im dem Fall eine Bananenpalme und zwei noch recht kleine Bäumchen). Er trägt Jeans und Hemd, sie T-shirt. Der Rest ist nicht zu sehen, denn die Kaffeesträucher reichen fast bis zu ihrer Brust. Er hat sich einen Eimer um die Hüfte geschnallt. Im Hintergrund sind blau-grüne Berge zu sehen, teils mit Pflanzungen.

Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt: Wer durch Kolumbien reist und Kaffee liebt, bewegt sich zwischen diesen Extremen. Kaffeeland Kolumbien, was ist los mit dir? „Warum trinken wir in Kolumbien schlechten Kaffee, obwohl wir exzellenten produzieren?“, fragt auch die Zeitung El Espectador selbstkritisch. Ja, warum? Katharina Wojczenko hat sechs Thesen dazu.

1. Der meiste (gute) Kaffee geht in den Export

Der Nationalverband der Kaffeeanbauer von Kolumbien (Federación Nacional de Cafeteros de Colombia; FNC) ist international in seiner Machtfülle eine Ausnahmeerscheinung. Seinetwegen ist der kolumbianische Kaffee weltweit als starke Marke positioniert.

1927 gegründet, hat sie auch von einer Werbeagentur seinerzeit den Kaffeebauern Juan Valdez samt Esel Conchita erfinden lassen. Juan Valdez mit seinem Esel ist bis heute ein Wahrzeichen Kolumbiens und der Name der Café-Kette der FNC, die Kaffee aus Kolumbien bekannt machen soll.

Die Folgen: Der meiste in Kolumbien angebaute Kaffee geht in den Export – rund 95 Prozent. Was übrig bleibt, reicht nicht, um den heimischen Konsum zu decken – weshalb das Kaffeeland Kolumbien Kaffee importiert (siehe 3.).

Ein Mann und eine Frau mittleren Alters stehen in einem Kaffeehain mit einzelnen Schattenbäumen (im dem Fall eine Bananenpalme und zwei noch recht kleine Bäumchen). Er trägt Jeans und Hemd, sie T-shirt. Die Kaffeesträucher reichen ihnen mindestens bis zur Brust, teils bis zum Hals. Beide haben sich einen Eimer um die Hüfte geschnallt. Im Hintergrund sind blau-grüne Berge zu sehen, teils mit Pflanzungen.
Kaffeeernte ist Knochenarbeit in Kolumbien. Die Hänge sind steil und der Kaffee wird per Hand gepflückt. Umso tragischer, dass das, was in heimischen Tassen landet, oft gewöhnungsbedürftig schmeckt.
Nahaufnahme dunkelgrüner Kaffeestrauch und Ast mit verschiedenen Kaffeekirschen von hellgrün bis kirschrot.
Kaffeekirschen an einem Strauch. Die Kunst ist, beim Ernten nur die Kirschen zu zupfen, die schon reif sind. Werden grüne darunter gemischt, sinkt die Qualität.
Ein paar Häuser an einer Straße, auf der Gras wächst. Die Fensterrahmen, Sockel und Türen sind bunt bemalt, im Hintergrund sind grünblaue Berge zu sehen.
Eine Straße in Salento in der kolumbianischen Kaffee-Region. Die Kaffee-Kulturlandschaft, die sich über mehrere Departamentos erstreckt, ist Unesco-Weltkulturerbe.
Grüne und im Hintergrund blaue Berge. Auf den grünen Bergen sind Pflanzungen  zu sehen, teils unterbrochen mit Palmen. Braune Landstücke, die gerodeten wurden, braungrüne, wo offenbar Weideland ist. Die Bäume und Büsche im Vordergrund sind saftig grün. Im Gebirge steigen Wolken oder Nebel hoch zum blau-bewölkten Himmel.
Kaffee-Kulturlandschaft in der Region Cauca, Kolumbien. Deutlich zu sehen sind gerodete Flächen.
Ein Blech mit komplett unterschiedlich großen und unterschiedlich farbigen Kaffeebohnen, teils zerbrochen. Dazwischen Schalen, Holzstückchen, Samen.
Was die meisten Kolumbianer:innen trinken, heißt „pasilla“: Das ist der Kaffee, der zu schlecht für den Export ist, der Abfall. In der Rösterei sieht man, warum: Die Bohnen sind unterschiedlich groß (und bräuchten daher unterschiedliche Röstzeiten), beschädigt – und manche sind nicht einmal Kaffee.
Älterer Mann mit Jeans, Poloshirt und Schürze bedient eine große Kaffeemaschine, die auf der Theke in einem Café steht. Sie ist aus Metall, sieht aus wie ein vertikaler Tank mit einem Adler auf der Spitze. Ein Schlauch führt zu ihr, sie hat einen Druckluftmesser, einen Milchschäumer und an der Seite eine Vorrichtung für Espresso: Mit Düse, Stempel, um den Kaffee in dem Siebträger festzudrücken.
Ein besonders schönes Modell: Diese „Greca“ stammt aus Italien. La Victoria Arduino ist wohl um die 100 Jahre alt. Das Schmuckstück habe ich in Salento gesichtet, einem bekannten Kaffee-Dorf. Die Firma ließ sich von Lokomotiven inspirieren und arbeitet mit Druckluft – wie die modernen Espressomaschinen. Wichtig: Der Kaffee sollte nicht lange warm gehalten werden – sonst wird er bitter.
Tisch mit karierter Plastikdecke. Darauf zwei Styrporbecher mit hellbrauner und dunkelbrauner Flüssigkeit und Strohhalm, Servietten, mehrere quadratische Styroporteller, echtes Besteck, ein leerer Einwegplastikbecher und eine kleine Metallpfanne. Bis auf den Kaffee ist alles leer gefuttert.
Authentisches kolumbianisches Kaffee-Elend: Styropor-Becher, Plastikstrohhalm zum Umrühren und eine braune Zuckerbrühe. Dazu gab’s Rührei, Orangensaft und Maisfladen aus der Aluhülle.
Tasse mit Blümchenmuster und Untertasse auf Tisch, darin schwarzer Kaffee, im Hintergrund eine Plastikzuckerdose.
Der Klassiker: der „tinto“ aus der Blümchentasse. Schwarzer, meist stark gesüßter Kaffee. Dieser hier war wohl vorgesüßter Instantkaffee aus der Thermoskanne – selbst ohne Zucker süß und ziemlich bitter.
Weiße Tasse mit Untertasse auf Gartentisch. Darin ein Cappuccino mit einer gezeichneten Milchschaum-Blume.
Hier hat sich jemand künstlerisch verausgabt. Aber der Kaffee unterm Milchschaum schmeckt. Der Name des hippen Cafés in Bogotá ist Programm: Coffee Stylers.
Frau mit hochgesteckten Haaren steht hinter Cafétheke und hält ein Bettchen mit Espressotasse und Wasserglas in die Kamera.
Blanca vom Movida Local zeigt einen liebevoll zubereiteten Kaffee von der Finca des Monats.
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