Falschparker stressen Stadtbewohner
Radaktivisten beschweren sich per Werbeplakat über Parksünder auf ihren Wegen. Die stört das wenig
Busy Streets – Auf neuen Wegen in die Stadt der Zukunft
Morgens zehn Uhr in der Köpenicker Straße in Berlin. Der Berufsverkehr ist längst weg. Trotzdem ist die Fahrt auf dem schmalen Schutzstreifen für Radfahrer stressig. Ihr Weg ist versperrt – von Autofahrern, die „nur mal kurz“ etwas erledigen müssen, Paketzustellern, die Lieferungen abgeben oder riesigen Sattelschleppern, die Baumaterial ausliefern. Immer wieder müssen die Radler ausweichen und sich in die schnell fahrenden Pkw-Kolonne links von ihnen drängeln. Das ist anstrengend, verlangt viel Aufmerksamkeit und ist oftmals auch gefährlich.
Um das Bewusstsein für diesen Stress zu schärfen, haben der ökologische Verkehrsclub VCD und die Initiative Clevere Städte deshalb Anfang Juni zur ersten bundesweiten Falschparker-Aktionswoche aufgerufen. Der Radaktivist und Fahrrad-Blogger Daniel Doerk aus Osnabrück (iswaf.de) und Wolfgang Driehaus vom ADFC Osnabrück haben mitgemacht. Sie haben mitten in der Stadt eine riesige Werbefläche gemietet und ein Plakat aufhängen lassen mit dem Schriftzug: Warum kümmert sich in Osnabrück eigentlich niemand um #Falschparker auf Radwegen?
Busy Streets: Herr Doerk, warum haben Sie das Plakat aufhängen lassen?
Daniel Doerk: Ich kann das berühmte ‚nur mal kurz‘ nicht mehr hören. Falschparker auf Radwegen machen Radfahrerinnen und Radfahrern täglich zu schaffen. Es ist nicht das Kavaliersdelikt, für das es immer noch viele halten. Mit Wolfgang Driehaus vom ADFC Osnabrück habe ich deshalb die Werbefläche elf Tage für unser Plakat gemietet.
Busy Streets:Das Plakat hängt nun fast eine Woche, was ist seitdem passiert?
Daniel Doerk: Was immer dort passiert: Die Stelle ist beliebt bei Falschparkern. Deshalb haben wir sie ausgewählt, und tatsächlich stand jedesmal wenn ich dort war, ein Auto auf dem Fuß- oder Radweg.
Busy Streets: Sprechen Sie die Fahrer an, wenn sie noch im Auto sitzen?
Daniel Doerk: Das habe ich früher gemacht, heute nicht mehr. Die Gespräche werden schnell hitzig, weil sich die Menschen ertappt fühlen. Sie kontern, dass es mich nichts angehe, wo sie parken. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Ich möchte ja genau den Radweg nutzen, den sie mit ihrem Wagen versperren.
Busy Streets:Registrieren Falschparker das Plakat überhaupt?
Daniel Doerk: (Lacht) Ja, auf jeden Fall. Der Fahrer eines Umzugswagens stellte seinen Transporter erst direkt auf dem Radweg vor dem Plakat ab, sah es beim Aussteigen und fuhr den Wagen dann in die nächste Seitenstraße, wo er den Fußweg zuparkte. Ein anderer Falschparker wurde von einem Passanten sogar gefilmt. Der Autofahrer saß noch in dem Wagen. Der Fußgänger stand direkt neben ihm und schwenkte seine Kamera abwechselnd zum Auto und zu unserem Plakat und schüttelte dabei den Kopf. Den Fahrer störte das anscheinend nicht. Er blieb einfach in seinem Wagen sitzen.
Busy Streets: Warum ist das Zuparken von Radwegen so gefährlich?
Daniel Doerk: Wenn die Wege blockiert sind, müssen Radfahrer in den fließenden Verkehr ausweichen. Das ist kein Spaß. und gerade für Kinder kann das sogar sehr gefährlich werden. Das wollen viele Eltern nicht riskieren. Deshalb lassen Mütter und Väter ihre Kinder nicht mit dem Fahrrad zur Schule fahren, sondern bringen sie mit dem Auto. Das führt zu einem absurden Kreislauf: Die Elterntaxis tummeln sich vor den Schulen, versperren die Wege, nehmen den Kindern die Sicht beim Überqueren der Straße oder halten auf Radwegen, um die Kinder rauszulassen.
Busy Streets: Was erhoffen Sie sich von der Aktion?
Daniel Doerk: Mehr Öffentlichkeit für unsere drei Forderungen. Wir wollen, dass die Autofahrer sich an die Regeln halten und ihre Fahrzeuge auf Parkplätzen abstellen oder am rechten Fahrbahnrand. Außerdem soll die Stadt mehr kontrollieren. Wenn Politik und Verwaltung es ernst meinen und den Radverkehr stärken wollen, dann müssen sie konsequenter gegen Radwegeparker vorgehen. Im aktuellen ADFC-Fahrradklima-Test hat Osnabrück in diesem Punkt eine Fünf kassiert. Aber auch das Bundesverkehrsministerium muss endlich reagieren und die Bußgelder deutlich erhöhen. Die aktuelle Petition „Knolle statt Knöllchen“, die ein Bußgeld für Falschparken von mindestens 100 Euro fordert, ist der richtige Weg, um die weitgehend wirkungslose Kombination aus geringer Kontrolldichte und Bußgeldern zu Discountpreisen zu durchbrechen.
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