Bahnbrechendes Urteil: Klimaschutz ist Menschenrecht

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gibt in einem Leiturteil den Schweizer KlimaSeniorinnen recht – und stellt schwere Versäumnisse der Schweizer Regierung fest. Erste Reaktionen sprechen von einem bahnbrechenden Urteil.

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Die Schweizer KlimaseniorInnen erhielten vor dem EGMR in Straßburg recht: Klimaschutz ist Menschutz! – sie jubeln.

Klimaschützerinnen haben vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einen wichtigen Erfolg erzielt. Die Richter in Straßburg entschieden am Dienstag mit 16 zu 1 Stimmen, dass die Schweiz durch unzureichenden Klimaschutz die Menschenrechte von Seniorinnen verletzt sowie ihr Recht auf ein faires Gerichtsverfahren beeinträchtigt hat. In ihrer Klage hatten die KlimaSeniorinnen Schweiz vorgebracht, dass die „völlig unzureichenden“ Bemühungen der Schweizer Regierung für Klimaschutz sie in Gefahr bringen würden, bei Hitzewellen zu sterben.

Die Seniorinnen, die sich im Verein KlimaSeniorinnen Schweiz organisieren, klagten sich zunächst in der Schweiz ohne Erfolg durch alle Instanzen – die Idee für die Klage stammt von Greenpeace International. Der EGMR bestätigte, dass die Eidgenossenschaft ihre Rechte auf Privat- und Familienleben sowie auf ein faires Verfahren beeinträchtigt.

Im Rahmen der Urteilsverkündung sagte Gerichtspräsidentin Siofra O`Leary laut der Nachrichtenagentur Reuters: „Dazu gehörte auch das Versäumnis, die Begrenzung der nationalen Treibhausgasemissionen durch ein CO2-Budget oder auf andere Weise zu quantifizieren". Es habe „kritische Lücken bei der Einführung des relevanten nationalen Regelungsrahmens“ gegeben. Trotz ihres weiten Ermessensspielraumes hätten „die Schweizer Behörden nicht rechtzeitig und in angemessener Weise gehandelt“.

Die Schweiz verstößt laut Urteil gegen Artikel 8 sowie Artikel 6 §1 der Europäischen Menschenrechtskonvention, indem sie ihre Pflichten nicht erfüllt hat. Das Urteil, gegen das keine Berufung eingelegt werden kann, könnte die Regierung in Bern dazu zwingen, bessere Maßnahmen zur Emissionsreduzierung zu ergreifen, und auch ihre Emissionsreduzierungsziele für 2030 zu überarbeiten.

  • Aktualisierung am 9.4.2023 um 16:53 mit Stimmen des Grantham Forschungsinstituts der London School of Economics sowie weiteren Details zum Fall Mex.
  • Aktualisierung am 9.4.2023 um 17:47 mit Stimmen von 350.org und Damien Carême.
  • Aktualisierung am 10.4.2023 um 19:07 mit Stimmen von KlimaSeniorinnen Schweiz aus einer Pressemitteilung von Greenpeace International.