Zahlen Norddeutsche künftiger weniger für Strom, weil sie rechtzeitig auf Windenergie gesetzt haben?

Strom soll billiger werden, aber wie? Ein Vorschlag lautet, den bisher bundesweit einheitlichen Handelspreis für Strom durch fünf regionale Preise zu ersetzen. Experten sehen erhebliche Vorteile, doch deutsche Netzbetreiber sind dagegen

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Ein riesiger Turm eines Windkraftwerks mit grün gestrichener Eingangstür, am Horizont weitere Windräder.

Die neue Bundesregierung will Strom billiger machen. Wird sie dafür auch den bisher einheitlichen Börsenstrompreis in Deutschland abschaffen und durch regionale Preise ersetzen? Darauf hoffen vor allem Landesregierungen und Unternehmen in Norddeutschland, wo man rechtzeitig auf einen umfassenden Ausbau erneuerbarer Energien gesetzt hat. Denn Strom aus Wind- und Sonnenenergie ist in der Erzeugung unschlagbar billig. Wann immer er den Bedarf ganz deckt, fallen die Handelspreise an der Europäischen Energiebörse EEX in Leipzig, die sich nach Angebot und Nachfrage richten, in den Keller. Teuer wird es dagegen, wenn Kohle- und vor allem Gaskraftwerke zugeschaltet werden müssen. Das geschieht schwerpunktmäßig im Süden Deutschlands, weil man dort vor allem beim Windkraftausbau aus Angst vor Bürgerprotesten gezögert hat.

Aus Norddeutschland gibt es deshalb schon länger die Forderung, sich bei der Strompreisbildung vom Süden abzukoppeln. Dies unterstützt seit Ende April der Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber („Entso-e“), dessen 40 Mitgliedsunternehmen ganz Europa mit einem mehrere Hunderttausend Kilometer langen Netz von Hochspannungsleitungen verbinden. Wird seine von der EU-Kommission beauftragte Empfehlung so umgesetzt, könnten die Handelspreise für Strom künftig vor allem zwischen Nord- und Süddeutschland spürbar auseinanderklaffen.

Vorbilder in Schweden und den USA

Die fünf vorgeschlagenen Zonen bestehen grob umrissen aus einer südlichen Region mit Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, Ostdeutschland als einer Gesamtregion, einer westlichen Region entlang der Rheinschiene, Niedersachsen samt den Offshore-Parks der Nordsee sowie Schleswig-Holstein als kleinster eigenständiger Region. In Nord- und Ostdeutschland könnte der Handelspreis für Strom den Analysen von Entso-e zufolge um rund 11 Prozent sinken, im Süden und Westen um bis zu drei Prozent steigen. Eine Aufteilung würde den Norden und Osten dafür belohnen, konsequent auf Windenergie gesetzt zu haben. Denn je kontinuierlicher Strom aus Windkraft kommt, desto niedriger sind die Handelspreise. Der einheitliche bundesweite Preis nivelliert solche Unterschiede bisher. Wird sich das künftig ändern?

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