Warum unser Kaffee teurer werden muss

Gut für das Klima, aber auch gut für peruanische Kaffeebauern? Die neue EU-Entwaldungsnorm könnte die Produzenten von Fairtrade- und Biokaffee vom Markt ausschließen.

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Strauch mit grünen Blättern und gelben und roten haselnussgrossen Beeren, den Kakaobohnen.

Ende Juni tritt die neue Entwaldungsverordnung der Europäischen Union in Kraft. Danach dürfen ab Ende Dezember 2024 nur noch Fleisch, Soja, Holz, Kautschuk, Palmöl, Kaffee und Kakao plus deren Verarbeitungsprodukte in die EU gelangen, für die nachweislich seit Januar 2021 kein Wald geschlagen oder geschädigt wurde. Außerdem müssen die Produzenten Arbeits- und Menschenrechte einhalten.

„Wie sollen das unsere Genossenschaften nur umsetzen können?“, fragt Lorenzo Castillo. Er ist Geschäftsführer des Verbandes der peruanischen Kaffee-Genossenschaften.

Lieber fairer Handel als Goldgräberei oder Koka-Anbau

Perus Kaffee wird traditionell von Kleinbauernfamilien auf Parzellen von weniger als zehn Hektar am Ostabhang der Anden angebaut. Viele sind Mitglieder von Vertriebsgenossenschaften. 55 Prozent der Produktion der Genossenschaften ist mittlerweile biologisch und/oder Fairtrade zertifiziert.

Wer in Deutschland zum fair und biologisch angebauten Kaffee greift, trinkt mit großer Wahrscheinlichkeit den Kaffee peruanischer Kleinbauernfamilien. Umgekehrt können die Genossenschaften der Kleinbauern mit dem Direktexport ihres Fairtrade- und Biokaffees ein Vielfaches dessen erlösen als über peruanische Zwischenhändler.

Damit könnte es bald aus sein, befürchtet Lorenzo Castillo. Denn die neue Norm schreibt vor, dass jegliches Produkt mittels GPS- und Satellitendaten nachverfolgbar sein muss. Dies sei eine Herausforderung für die Bauern, die in Gebieten produzieren, wo es noch nicht mal ein Handynetz gibt. Ganz zu schweigen vom Aufwand, um allen Produzentïnnen beizubringen, wie sie ihre GPS-Daten registrieren können.

Zwei Holzgestelle im Freien, darauf liegen hellbraune Kaffeebohnen. Dahinter ein Mann mit weissem T-Shirt und schwarzen Haaren. Er prüft mit der Hand die Kaffeebohnen.
Bauer in Pichanaki, Peru, prüft den Trocknungsgrad seiner Kaffeebohnen.

Bereits jetzt sind die Kaffeepreise so niedrig, dass viele Produzentïnnen gerade so überleben können, sagt Castillo. Mehrausgaben für neue Technologien seien nicht drin. Wenn ihnen nicht geholfen würde bei der Anpassung an die neue Norm, könnten sie statt Kaffee und Kakao anzubauen auf die illegale – und ebenso lukrative – Koka-Produktion, den Holzschlag oder die illegale Goldgräberei umsteigen und den Wald dadurch erst recht schädigen, befürchtet er.

Die Graugrenze der Informalität

Noch eine viel größere Hürde sieht Lorenzo Castillo beim entwaldungsfreien Export in die Europäische Union. Die Verordnung besagt, dass jedes Produkt die Gesetze des jeweiligen Landes erfüllen muss. Aber das tun 70 Prozent seiner Genossenschaftsmitglieder nicht. Die Bauern können weder Eigentumstitel noch Pachtverträge vorweisen. Ihre Parzelle ist in keinem Kataster registriert. Streng genommen sind sie illegal. Im peruanischen Rechtsgebrauch sind sie allerdings informell – nicht legal, aber geduldet.

Grüne Sträucher im Vordergrund, dahinter, halb verdeckt, zwei Frauen, eine ca. 30 Jahre, die andere ca. 55 Jahre alt. Beide in landwirtschaftlicher Arbeitskleidung.
Kaffeebäuerin Edith Chinchay und ihre Mutter begutachten ihre Kaffeepflanzen in Pichanaki, Peru.
Ca. 40-jähriger Mann, schmales Gesicht, weiss, mit Brille, blaues Sakko, steht vor einer Landkarte in einem Büro und blickt in die Kamera
Alexandre Mateus ist Leiter der Sektion Handel in der EU-Delegation in Lima, Peru.