Heinrich Strößenreuther: „Wir packen das – wie Bob der Baumeister“

Die Deutschen sind veränderungsbereit, sagt Heinrich Strößenreuther. Aber sie brauchen einen anderen Zugang zu Klimathemen. Das haben auch die aus Klima-Sicht enttäuschenden Ergebnisse der Landtagswahlen in Bayern und Hessen gezeigt.

7 Minuten
Heinrich Stroessenreuther, Gründer der Klimaunion/CDU.

Strößenreuther ist Wirtschaftsinformatiker und seit Jahrzehnten Klimaaktivist. Er ist erfolgreicher Initiator des Berliner Fahrradentscheids und des Berliner Baumentscheids, Mitgründer von Changing Cities, Germanzero und der Klimaunion, dem Verein, der in der CDU/CSU zu Klimathemen arbeitet. Dazu ist er 2021 in die Partei eingetreten.

RiffReporter: Wie war Ihre erste Reaktion auf die Wahlergebnisse am Wochenende?

Heinrich Strößenreuther: Die Ergebnisse von CDU und AfD haben mich nicht wirklich überrascht, aber mich hat ein weiteres Mal entmutigt, dass die Grünen in der Klima- und Umweltkompetenz um über 30 Prozent in Hessen und in Bayern abgesackt sind – für den Wettbewerb um Klima- und Energiepolitik ist das fatal. Da fragt man sich: Warum läuft das nicht?

Ja, warum?

In Bayern war das kein starker Wahlkampf pro Energie- und Klimapolitik, zelebriert wurde ein Kulturkampf. Das war enttäuschend – vor allem mit Blick auf die Wählerbefragung, die für Bayern vorlag. Demnach trauen die Bayern es weder der CSU noch den Grünen zu, Wind- und Solar-Energie ausreichend schnell auszubauen. Nur 25 Prozent der Wählerinnen und Wähler trauten das den Grünen generell zu, 27 Prozent der CSU. Das sind desaströse Werte für das Jahr 2023, das müsste eigentlich hier im Bereich von 50 bis 70 Prozent liegen. Das zeigte kürzlich auch der Berliner BaumEntscheid, der bei CDU- und AfD-Wähler:innen einen Rückhalt von sogar 70 Prozent hat. Das heißt: In Sachen Klima wäre bei den Grünen wie bei den Konservativen sehr viel mehr möglich, aber das Potenzial wird nicht gehoben.

Gibt es ein Glaubwürdigkeitsproblem?

Die Wähler trauen offensichtlich weder den Grünen und noch der Union zu, hier wesentlich etwas zu verändern. Das ist ein Armutszeugnis – auch für die CSU, die von sich behauptet, sie sei in Bayern mit dem Erneuerbaren-Ausbau ganz vorne. Wenn man auf alle Wähler:innen schaut, müssten jetzt ganz andere Werte stehen – nach diesen Überschwemmungsbildern der vergangenen Monate und zuletzt auch dem Hagelsturm im bayerischen Oberland.

Kurz nach der Bundestagswahl sagten Sie, die Union hätte wegen den Klimathemen die entscheidenden zwei Prozentpunkte an die Grünen verloren und damit auch die Bundestagswahl. Hat die Union jetzt in Hessen und Bayern gewonnen, weil sie das Thema ausgespart hat?

Ich glaube, die Bayern und auch die Hessen sehen jeweils in Boris Rhein und Markus Söder starke Landesväter. Das Klima war nicht deren vorderstes Wahlkampfthema. Im Gegenteil: Die CSU hat sogar kräftig von den Grünen abgezogen. Für die Wähler:innen gehörte Klima- und Energiepolitik zu den Top 3 der wahlbestimmenden Themen – in Hessen wie in Bayern.

Insgesamt ist ja in Bayern ein starker Rechtsruck zu beobachten, weil AfD und die Freien Wähler enorm zugelegt haben.

In Bayern gab es schon immer einen sehr großen konservativen Block. Allerdings haben in den vergangenen Jahren Grüne und SPD auch kräftig Stimmen gelassen. Sich der AfD anzunähern, hilft vor allem der AfD, aber nicht der eigenen Partei. Die Union trägt hierüber intern einen ideologischen Kampf aus. Es gibt genügend kritische Köpfe, die das AfD-Imitieren kritisieren, aber sie werden offenbar nicht ernst genommen.