Wie finde ich eine gute Arztpraxis? Was Qualität im Gesundheitswesen bedeutet
Es ist gar nicht so einfach, eine Arztpraxis zu finden, in der man sich gut aufgehoben fühlt. Arztbewertungsportale und Qualitätssiegel helfen dabei oft nicht weiter.

Was ist eine gute Arztpraxis? Was eine gute Behandlung? Das haben wir auf Mastodon gefragt und sehr unterschiedliche Antworten bekommen. Zum Beispiel (wir zitieren): „freundlich sein und mit dem Patienten reden“, „keine Verkaufsgespräche für individuelle Gesundheitsleistungen“, „genug Zeit“, „besserer Wissensstand über den aktuellen Stand der Forschung“, „eine gute Differenzialdiagnose“, „dass Frauengesundheit ernst genommen wird“, „evidenzbasierte Medizin“ bis hin zu „bessere Vergütung für gute Medizin“.
Was heißt eigentlich gut?
Diese Antworten machen deutlich: Was aus einer subjektiven Sicht gut ist, kann für verschiedene Menschen ganz unterschiedlich aussehen. Und es berührt verschiedene Ebenen: Wie zufriedenstellend verläuft das Gespräch zwischen Ärztin und Patient? Wie fallen die Entscheidungen über Behandlungen oder den Verzicht darauf? Und mit welchen Rahmenbedingungen sind Ratsuchende in einer Arztpraxis oder einem Krankenhaus konfrontiert, die entweder die Einrichtung selbst festlegt oder aber das Gesundheitssystem?
Aus der Perspektive des Gesundheitssystems beziehungsweise der Behörden und Institutionen, die es planen und regulieren, sind die Fragen noch viel detaillierter. Nicht nur: Was ist gute Qualität in einer Praxis oder einem Krankenhaus? Sondern auch: Wie viele Krankenhäuser mit welcher Ausstattung und welchem Personalschlüssel brauchen wir an welchem Ort? Welche Regelungen sind für eine gute Qualität nötig, wie zum Beispiel ein verpflichtendes Qualitätsmanagement-System in Gesundheitseinrichtungen? Wie lässt sich herausfinden, wo gut gearbeitet wird und wo nicht? Und was können wir, wenn nötig, tun, um die Qualität zu verbessern? Das lässt schon ahnen: Die Details sind ziemlich komplex. Und wie so häufig im deutschen Gesundheitswesen sind dabei viele verschiedene Akteure beteiligt.
Was ist mit Qualität im Gesundheitswesen gemeint?
Eine der deutschen Institutionen, die sich mit der Sicherung der Qualität beschäftigt, ist das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG). Auf seiner Website führt das IQTiG aus: „Eine gute Gesundheitsversorgung […] ist wirksam, sicher, richtet sich an den Bedürfnissen und Wünschen der Patientinnen und Patienten aus, findet rechtzeitig statt, ist angemessen und erfolgt in einer koordinierten Weise.“
Das hört sich in der Theorie erst einmal gut an und ist aus der Patient:innenperspektive ziemlich nah an einer Antwort, die wir auf Mastodon auf unsere Frage nach einer guten Behandlung bekommen haben: „Die Ärztin erklärt die Erkrankung und den natürlichen Verlauf. Fragt mich, was mir wichtig ist und welche Ziele ich mit der Behandlung erreichen möchte. Erklärt mir verständlich, was unterschiedliche Behandlungen erreichen können. Überlegt mit mir zusammen, was wir unternehmen. Bleibt wertschätzend. Sagt, was sie nicht weiß. Bespricht sich, wenn nötig, mit anderen Fachärztinnen oder Gesundheitsberufen. Fragt bei jedem Kontrolltermin, wie ich mit der Behandlung klarkomme.“
Wie finde ich eine gute Arztpraxis?
Um sich bei einer Arztpraxis darüber klar zu werden, wie gut sie den eigenen Bedürfnissen entspricht, hat das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) eine Checkliste entwickelt. Sie macht Vorschläge für Kriterien, sodass die Nutzer:innen selbst entscheiden können, welcher Aspekt für sie eher wichtig oder eher unwichtig ist. Das reicht von Praxismanagement und Terminvergabe über den Umgang mit der Intimsphäre der Patient:innen bis hin zur Gesprächsatmosphäre und der gemeinsamen Entscheidungsfindung.
In der Praxis kann es aber schwierig sein, eine Arztpraxis zu finden, die den eigenen Kriterien entspricht, und dann dort auch noch einen Termin zu bekommen. Viele fragen zuerst Familie, Freunde oder Bekannte nach ihren Erfahrungen. Das liegt nahe, allerdings sind solche Erfahrungswerte in der Regel beschränkt und oft nur eine Momentaufnahme.
Eine größere Anzahl von Erfahrungswerten versprechen Arztbewertungsportale, die Bewertungen von Patient:innen sammeln. In unserer kleinen nicht-repräsentativen Umfrage auf Mastodon haben 30 Prozent der Teilnehmenden geantwortet, dass sie solche Portale nutzen, aber nicht unbedingt auf dieser Basis entscheiden. In einer repräsentativen Umfrage des Branchenverbandes Bitkom mit über 1.000 Teilnehmenden gaben mehr als die Hälfte an, zumindest hin und wieder Online-Bewertungen von Arztpraxen, Kliniken oder Pflegeheimen zu konsultieren. Bei vielen von ihnen haben die Empfehlungen eine „sehr große“ oder „eher große“ Bedeutung bei der Entscheidung für oder gegen eine Einrichtung.
Arztbewertungsportale und Qualitätssiegel: Nutzen eher fraglich
Ob die Bewertungen allerdings wirklich eine gute Entscheidungshilfe sind, ist eher fraglich. Denn die Transparenz und Verlässlichkeit solcher Portale kann sehr unterschiedlich sein. Bei manchen Anbietern sind Werbung und Inhalt nicht deutlich getrennt, die Finanzierung und die Aktualität ist unklar. Eine Checkliste, um die Seriosität eines Portals einzuschätzen, hat das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) entwickelt. Ein wesentliches Manko der Arztbewertungsportale lässt sich aber auch mit der Checkliste nicht lösen: Die Bewertungen sind subjektiv, die abgefragten Aspekte werden möglicherweise nicht von allen Nutzer:innen gleich verstanden und können bestenfalls Einblicke in einzelne Aspekte geben, aber nicht die Qualität einer Praxis umfassend abbilden.
Ein ähnliches Problem haben auch Siegel oder Listen, die „Top-Mediziner:innen“ in verschiedenen Bereichen küren. So hat das Landgericht München im Februar 2023 ein entsprechendes Siegel des Magazins Focus als irreführend eingestuft. Die Begründung: Den Siegeln liege keine sachgerechte Prüfung nach objektiv nachvollziehbaren Kriterien zugrunde.
Lässt sich Qualität messen?
Aber gibt es solche objektiven Kriterien für eine gute Gesundheitsversorgung überhaupt? Darauf stützt sich die externe Qualitätssicherung, die inzwischen in vielen Bereichen des Gesundheitswesens etabliert ist. Und diese Daten sind zumindest zum Teil öffentlich zugänglich. Wie werden diese Qualitätsdaten erhoben, wo findet man sie und wie aussagekräftig sind sie? Mit diesen Fragen wird sich ein weiterer Beitrag beschäftigen.