Kritik an neuer Studie zum Insektensterben: „Es ist viel mehr als das Wetter“

Fachleute laufen Sturm gegen eine neue Nature-Studie. Die Vorwürfe: Die Forscher*innen spitzten ihre Ergebnisse zu sehr zu. Und ließen einen Teil ihrer Erkenntnisse sogar unter den Tisch fallen.

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In einer Heidelandschaft mit einzelnen alten Bäumen steht eine zeltartige Konstruktion, die wie ein Zelt aussieht. Unten eine schwarze Gazewand, ober ein weißer Gazetrichter.

So deutliche Worte sind selten, wenn Naturwissenschaftler*innen über die Arbeit ihrer Kolleg*innen sprechen: „Die Studie bringt keinerlei neue Erkenntnisse – im Gegenteil, sie wirft uns zurück in die 1950er Jahre“, schreibt Christoph Scherber in einem Statement für das „Science Media Center Deutschland“ (SMC). Der Leiter Zentrums für Biodiversitätsmonitoring am Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) in Bonn bezieht seine harsche Kritik auf eine Studie, die ein Team um Würzburger Forscher*innen heute im Fachmagazin Nature veröffentlicht haben.

Für die neue Studie hat ein Team aus deutschen und schweizerische Wissenschaftler*innen die Daten der „Krefelder Studie“ noch einmal untersucht.

Zur Erinnerung: Die Forscher*innen vom Entomologischen Verein Krefeld (EVK) veröffentlichten vor fast sechs Jahren ihre inzwischen weltbekannte Studie, in der sie zeigen, dass die Biomasse der Fluginsekten zwischen 1990 und 2016 um rund drei Viertel geschrumpft ist. Damit brachten sie das Insektensterben ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit.

In der neuen Untersuchung haben die Würzburger Wissenschaftler*innen die Krefelder Daten mit Werten aus eigenen Fängen aus vier weiteren Jahren nach 2016 ergänzt. In diesen Jahren beobachteten sie einen Anstieg der Insektenbiomasse. Allerdings – und damit beginnt die Kritik – haben sie ihre Malaise-Fallen in Bayern und damit in einer anderen Region Deutschlands aufgestellt als die Krefelder.

Eine große schwarze Biene sitzt auf einer violetten Blüte. Ihre dunklen Flügeln schillern blau im Sonnenlicht.
Die Blauschwarze Holzbiene (Xylocopa violacea) profitiert von der Erderwärmung. Das große Insekt kommt inzwischen in ganz Deutschland vor.
Blick in eine Plastikflasche mit eine klaren Flüssigkeit. Darin schwimmen toten Insekten: Falter und Wespen sind erkennbar.
Die Malaisfallen der Krefelder Entomologen leiten die Insekten in eine Flasche mit Alkohol.
Ein Gottesanbeterinnen-Männchen auf der Lauer auf einem Zweig.
Gottesanbeterinnen gehören zu den Insekten, die vom Klimawandel profitieren.