Natur- und Klimaschutz: Wird 2022 das Jahr der ökologischen Wahrheit?

Bisherige UN-Umweltgipfel haben die Menschheit noch nicht auf den von der Wissenschaft geforderten neuen Kurs gebracht, Treibhausgase zu reduzieren und Ökosysteme zu schützen. Gelingt das jetzt?

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Nachtaufnahme vom Weltall aus, man sieht die gekrümmte Erdkugel und nächtliche Städte, die hell leuchten, sowie helle Flecken auf dem Meer, die Fischereiflotten.

In der Weltpolitik stehen derzeit akute Krisen und Konflikte im Fokus – vor allem die Corona-Pandemie und die drohende weitere Aggression Russlands gegenüber der Ukraine. Darüber drohen zwei Krisen in den Hintergrund zu rücken, die seit Jahrzehnten ungelöst sind, aber nach Ansicht von Wissenschaft und inzwischen auch von Wirtschaftsvertretern existentielle Gefahren die menschliche Zivilisation bedeuten.

Als US-Präsident Biden jüngst über die russische Aggression gegenüber der Ukraine sprach, flocht er einen Satz in seine Rede ein, der es in sich hatte: Biden, so hob es Thomas Friedman, Kolumnist New York Times, hervor, wies Putin darauf hin, er solle sich um die eigentlichen Probleme kümmern, nämlich eine „brennende Tundra, die nicht mehr auf natürliche Weise gefriert.” Der Präsident bezog sich dabei auf Rekordtemperaturen und Brände in Sibirien.

Was die Corona-Pandemie betrifft, ist das Verdikt der Wissenschaft eindeutig: Ändern wir nicht unseren Umgang mit der Natur, sondern dringen weiter in intakte Ökosysteme vor und zerstören sie, wird die aktuelle Seuche erst der Auftakt sein, denn noch unbekannte Viren und Bakterien drohen freigesetzt und verbreitet zu werden und ökologische Regulationsprozesse, die gefährliche Erreger in Zaum halten, drohen wegzufallen.

Eigentlich sollte 2021 zum Wendepunkt werden. Nach Jahren und Jahrzehnten, in denen die Regierungen es hinausgezögert haben, klar zu benennen, wie sie rechtzeitig den Ausstoß von Treibhausgasen begrenzen, sollte im November in Glasgow die Stunde der Wahrheit schlagen. Und nach Jahren und Jahrzehnten, in denen die Staaten sich wortreich zum Schutz der Natur und ihrer biologischen Vielfalt bekannt, aber kaum etwas unternommen haben, sollten endlich konkrete, nachprüfbare Ziele gesetzt werden.

Klimaverhandler auf COP26 den Tränen nahe

Von einer „letzten Chance” sprachen Umweltorganisationen und Politiker mit Blick auf den UN-Klimagipfel, kurz COP26, der im November in Glasgow rund 40.000 Menschen aus aller Welt zusammenbrachte, darunter US-Präsident Joe Biden und der indische Premier Narendra Modi. Und auch auf den in den Medien weniger präsenten UN-Gipfel zur Biodiversität im chinesischen Kunming, kurz COP15, richteten sich große Hoffnungen.

Luftaufnahme des Mississippi mit seinen zahlreichen Verzweigungen und sichtbaren menschlichen Eingriffen, wie Kanälen.
Im Golf von Mexiko kommen die großen Umweltprobleme unserer Zeit zusammen: Das Delta ist ein wichtiges Fördergebiet für Erdöl und Erdgas, aber zugleich vom steigenden Meeresspiegel bedroht. Entlang der Küste liegen wichtige Brutgebiete von Vögeln, die aber ebenfalls bedroht sind.
Gebirge mit gefrorenen Seen und Gletschern.
Der Himalaya vom Weltall aus gesehen: Der „dritte Pol“ ist von der Erderwärmung besonders betroffen. Da die Gletscher Trinkwasser speichern, ist die Gebirgskette für das Leben von Milliarden Menschen in Asien wichtig.
Braune Wüstenlandschaft mit viereckigen, in blau und grün leuchtenen Pools, die von Menschen angelegt wurden, um Lithium zu extrahieren.
Der Umstieg von fossil zu elektrisch betriebenen Fahrzeugen soll dem Klimaschutz helfen. Doch die Förderung des für die Batterien wichtigen Lithiums – wie hier in der Atacama-Wüste in Chile – wirft neue Probleme und Konflikte auf.