Fraunhofer-Experte hält es erst ab 2045 für realistisch, Erneuerbare mit Kernfusion zu ergänzen

Constantin Häfner, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik, arbeitet für Forschungsministerin Stark-Watzinger den Plan aus, Kernfusion zur Stromerzeugung einzusetzen. Doch das Ziel von BMBF und Start-ups, binnen zehn Jahren Fusionsstrom zu produzieren, sei „schlicht und einfach nicht machbar“, sagt er im Interview

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Häfner, ein mittelalter Mann mit kurzem Haar, steht mit Anzug und verschränkten Armen Portrait..

Seit Mitte März in den USA bei einem weltweit beachteten Experiment erstmals durch Kernfusion mittels Laser kontrolliert Energie erzeugt wurde, ist die Technologie auch in Deutschland als mögliche Stromquelle im Gespräch. Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) will die Fusionsforschung forcieren und hat ein erstes Kraftwerk schon in zehn Jahren in Aussicht gestellt. Stark-Watzinger hat den Laserforscher Constantin Häfner, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik in Aachen, mit der Leitung einer Expertengruppe beauftragt, die bis März einen Masterplan für die Weiterentwicklung der Laserfusion in Deutschland vorlegen soll.

Herr Häfner, bisher hat die Bundesregierung für die künftige Energieversorgung allein auf erneuerbare Energien gesetzt. Sie entwickeln jetzt einen Plan zum Einstieg in die Kernfusion. Warum?

Der Klimawandel sitzt uns im Nacken und wir sind bisher in Deutschland massiv von Energieimporten abhängig. Der russische Angriff auf die Ukraine hat uns gezeigt, wie verletzlich uns das macht. Auch mit Wind- und Solarenergie bleiben wir abhängig von Importen, trotz zunehmender Speichertechnologien. Langfristig werden global große Mengen an Strom benötigt werden und zugleich könnten wir mit der Fusionsenergie Energiesouveränität erreichen – also eine massive Reduzierung der Importe und dadurch eine resilientere Energieversorgung.

Heißt das, den Ausbau erneuerbarer Energien langsamer anzugehen?

Windrad von unten betrachtet umgeben von gelben Rapspflanzen
Windrad im Rapsfeld – 100 Prozent Erneuerbare Energie bis 2045 lautet das Ziel
Die Ministerin mit orangfarbenem Halstuch, sitzend.
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP).
Ein Forscher in Ganzkörperschutzanzug steht vor einer Kammer, in der die Farben des Regenbogens zu sehen sind.
Laserforschung an der National Ignition Facility in den USA.
Frauen in Businesskleidung mit US-Fahne, eine am Rednerpult dahinter steht energy.gov.
Ein „historischer Tag“: Am 13. Dezember 2022 stellten Vertreterinnen US-amerikanischer Forschungsinstitutionen und der Regierung die neuen Ergebnisse in der Kernfusion vor.
Eine riesige Halle mit komplizierten Bauteilen.
Kathedrale der Moderne: Die Versuchsanlage Iter von Innen.
Drei Personen posieren vor einer Kulisse, die an James Bond erinnert.
Das Management von Marvel Fusion: Moritz von der Linden (links), Heike Freund und Georg Korn.
Eine Fläche mit geometrischen Formen und einem Hohlraum. Sorry, ich kann das gerade nicht besser beschreiben.
Forschung in den USA: 192 Laser werden auf den kleinen Hohlraum am linken Rad der Fläche gerichtet, um eine Fusionsreaktion zu starten.