Hitze: Wie Vögel cool bleiben und wie wir ihnen dabei helfen können

Vögel können nicht schwitzen. Stattdessen nutzen sie andere Tricks, um nicht zu überhitzen. Dabei kann man sie aber auch unterstützen, unter anderem mit Tränken.

vom Recherche-Kollektiv Flugbegleiter:
8 Minuten
Eine Klappergrasmücke mit gespreizten Flügeln steht mit den Füßen im Wasser.

Ein Platz im Schatten, etwas zu trinken, sich möglichst wenig bewegen und zwischendurch baden – das ist für viele Vögel und Menschen eine gute Strategie bei Hitze. Vögel haben wie wir eine relativ konstante Körpertemperatur. Dabei sind sie im Vergleich zu Säugetieren geradezu „heißblütig“, ihr Körper ist normalerweise meist um die 40 Grad Celsius warm. Das hängt mit einem schnellen Stoffwechsel zusammen, der den Vögeln auch das Fliegen ermöglicht.

Es gibt Vogelarten, die über kurze Zeit sogar mit einer Lufttemperatur von knapp 60 Grad zurechtkommen, sofern sie genug zu trinken haben. Das haben Forschende aus New Mexico bei zwei Taubenarten aus der Sonorawüste festgestellt. Doch so eine große Hitzetoleranz ist die Ausnahme. Besonders wenn Vögel aktiv sind, müssen sie darauf achten, nicht zu überhitzen. Und das Risiko besteht im Sommer in unseren Breiten durchaus, denn auch bei uns steigen im Sonnenschein die Temperaturen schnell über 40 Grad. Spätestens dann müssen Vögel darauf achten, sich immer wieder runter zu kühlen.

Ein Schwarzstorch steht im Wasser und trinkt.
Erfrischungspausen auf dem Weg in den Süden sind überlebenswichtig, zum Beispiel für diesen Schwarzstorch in der Wüste Negev.

Besonderen Strapazen sind Vögel auch auf dem Zug ausgesetzt. Anders als Singvögel ziehen etwa Störche und Greifvögel in der heißesten Zeit des Tages, um die Thermikzum kräftesparenden Flug ausnutzen zu können. Der Preis dafür ist es, viele Stunden ohne Schatten in der sengenden Hitze etwa des Nahen Ostens oder Afrikas zu verbringen.

Schneller atmen oder mit dem Kehlsack hecheln

Um ihre Körpertemperatur konstant zu halten, atmen Vögel bei Hitze schneller. So geben sie überschüssige Wärme an die Umgebung ab. Das ist für Beobachter von außen nicht sichtbar. Doch es gibt auch Arten, die so ähnlich wie Hunde erkennbar hecheln. Bei diesem Kehlsackhecheln vergrößern die Vögel die Oberfläche, mit deren Hilfe sie Wärme abgeben um Rache und Lungen. Diese Strategie nutzen beispielsweise Amseln und Rabenkrähen, aber auch Eulen oder Ohrenscharben. Beim schnellen Atmen und Hecheln verlieren die Tiere viel Flüssigkeit, sie müssen also regelmäßig trinken.

Beine und Füße als Wärmetauscher nutzen

Federn isolieren gut. Das ist im Winter ein Vorteil, aber im Sommer nicht unbedingt, denn so kann überschüssige Körperwärme aktiver Vögel schlechter aus dem Körper entweichen. Manche Vögel breiten deswegen die Flügel aus, um besser auszukühlen.

Auch Eiderenten mit ihrem legendär isolierenden Eiderdaunenkleid haben nicht nur im Hochsommer ein Hitzeproblem, sondern wie Störche und Greifvögel ebenfalls während des Vogelzugs. Sie fliegen höchstens wenige Stunden am Tag. Denn sie brauchen zwischendurch Pausen zum Abkühlen. Das vermutet ein internationales Forschungsteam. Es hat mit Funksensoren die Körpertemperatur von Eiderenten erfasst. Die Werte schwankten stark zwischen Flug und Pause auf dem Wasser. Die ungefiederten Füße und Beine fungieren bei den Enten als Wärmetauscher, sie werden dann verstärkt durchblutet. Das warme Blut wird durch Wasser abgekühlt. So funktioniert es auch bei anderen Wasser- und Watvögeln.

Weißstörche stehen auf einer fast eingetrockneten Wasserfläche, in der Wüste Negev.
Kot hält die Beine der Weißstörche kühl und färbt sie hell.

Der Weißstorch und auch andere Storchen- und Geierarten helfen da aktiv nach und nutzen dafür ihre Ausscheidungen. Sie bespritzen mit dem flüssigen Kot ihre Beine und kühlen sich so über Verdunstung ab. Deswegen erscheinen die roten Weißstorchbeine manchmal so hell.

Es muss aber nicht immer Wasser- oder Kotkühlung sein. Luftkühlung bringt auch schon etwas: Mauersegler verbergen ihre Füße normalerweise beim Fliegen im Gefieder. Doch wenn es sehr warm ist, fliegen sie mit heraushängenden Füßen. Das hat zum Beispiel der Naturfotograf Christian Neumann in Berlin beobachtet. Wer über seinem Balkon regelmäßig Mauersegler sieht, kann ja auch einmal an einem heißen Abend mit dem Fernglas Ausschau halten nach den Mauersegler-Füßen.

Mit dem Schnabel cool bleiben

Auch Hautbereiche im Gesicht von Vögeln können beim Abkühlen helfen. Alternativ geht das außerdem mit dem Schnabel. Diese Anpassung haben in Afrika Südliche Gelbschnabeltokos entwickelt, um nicht in Hitzestress zu kommen. Ein Forschungsteam aus Südafrika hat die Vögel mit Wärmebildkameras beobachtet. Sobald es deutlich wärmer als 30 Grad wird, erwärmt sich bei den Tokos der Schnabel besonders stark. Das liegt offenbar daran, dass die Vögel in die Adern im Schnabel verstärkt heißes Blut pumpen. So lässt sich überschüssige Wärme gut an die Umgebung abgeben. Der Schnabel dient als Wärmetauscher – so wie bei den Afrikanischen Elefanten die großen Ohren. In Südamerika nutzen Tukane das gleiche Prinzip. Sie haben bezogen auf ihre Körpergröße noch einen deutlich stattlicheren Schnabel als die afrikanischen Tokos. Deswegen ist ihr Wärmetauscher auch deutlich effizienter.

Ein Südlicher Gelbschnabeltoko sitzt in Namibia auf einem Ast.
Je größer der Schnabel, desto besser hilft er beim Abkühlen. Diese Anpassung sieht man auch bei diesem Südlichen Gelbschnabeltoko.

Der größten Hitze ausweichen

Nicht nur im Schatten kann man Hitzestress vermeiden. Manche Vögel steigen einfach in höhere Luftschichten auf, die noch etwas kühler sein können. Vor allem in Wüsten sind manche Vogelarten auch der Hitze wegen eher in der kühleren Nacht aktiv. So macht es auch der äußerst seltene Nachtsittich in Australien, der auch deswegen zwischen 1912 und 1979 überhaupt nicht lebend gesichtet wurde.

Einige Zugvogelarten verbringen gleich die ganze warme Jahreszeit in eher kühleren Gefilden. Allerdings müssen sie sich dabei inzwischen zunehmend auf den Klimawandel einstellen. Für manche Arten wie die Mönchsgrasmücke verkürzen sich dadurch die Zugstrecken. Für andere werden sie länger: Bienenfresser brüten im Sommer inzwischen nicht mehr nur im Mittelmeerraum, sondern auch bei uns oder sogar in Skandinavien. Weil sie südlich der Sahara überwintern, verlängert sich ihr Zugweg um rund 1000 Kilometer. Vor dieser Herausforderung durch die Erderwärmung stehen auch andere Langstreckenzieher.

Hitze zum Sonnenbaden nutzen

Erstaunlicherweise brutzeln Vögel manchmal auch absichtlich in der Hitze. Amseln oder Zaunkönige lassen sich beim Sonnenbaden beobachten. Sie nutzen die hohen Temperaturen, um Parasiten in ihrem Gefieder abzutöten.

Schlankschnabelnoddi-Seeschwalben sitzen im Sonnenschein auf dem Boden.
Mittagssonne in Äquatornähe – die perfekte Gelegenheit für ein Sonnenbad, auch für Schlankschnabelnoddis auf Bird Island, Seychellen. Sie nutzen die Mittagshitze zur Gefiederpflege.

Das Nest kann zur Hitzefalle werden

Im Sommer kann es unterm Dach besonders heiß werden. Darunter leiden Gebäudebrüter wie Mauersegler, Schwalben oder Haussperlinge. Wird es zu warm, flüchten die Jungvögel zum Teil verfrüht aus dem Nest. Wer hilflosen Vogelnachwuchs findet, sollte zunächst abwarten und beobachten, ob es nicht doch Ästlinge anderer Vogelarten sind, die von den Eltern noch gefüttert werden und keine Hilfe brauchen. Sonst bieten Pflegestationen Rat und Unterstützung. Darüber hinaus geben Vogelschutzverbände wie der LBV Tipps, wie man bei jungen Mauerseglern erste Hilfe leistet.

Wer Mauerseglern für die kommenden Jahre etwas Gutes tun will, kann für sie Spezialnistkästen mit Belüftungsschlitzen aufhängen. Den hat die Deutsche Gesellschaft für Mauersegler zusammen mit der Justizvollzugsanstalt Heimsheim entwickelt.

Gegen Überhitzung kann es auch helfen, Nistkästen für andere Vogelarten so aufzuhängen, dass sie wenigstens einige Stunden am Tag im Schatten hängen. Den perfekten Ort für einen Nistkasten gibt es allerdings nicht. „Denn auch Kälte, Feuchtigkeit und späte Nachtfröste können dem Vogelnachwuchs im Nest zusetzen, “ sagt Marius Adrion, Vogelexperte beim NABU-Bundesverband in Berlin.

Übrigens leidet nicht nur der Nachwuchs unter zu großer Wärme. Die Probleme beginnen schon früher: Hitze verschlechtert auch die Qualität von Spermien. Das hat eine Untersuchung aus dem Jahr 2018 an Zebrafinken ergeben. Die Vögel geraten zwar nicht so schnell in Hitzestress und brüten noch bei bis zu 36 Grad; doch mehr Spermien waren fehlerhaft, wenn die Vögel mehrere Tage mit 40 Grad erlebten.

Fünf junge Kohlmeisen sitzen und trinken an einer Tonschale mit Wasser auf dem Boden.
Am besten steht eine Vogeltränke im Schatten. Auch junge Kohlmeisen kommen zum Trinken vorbei.

So können wir sonst noch helfen

Wer einen Balkon oder Garten hat, kann Vögeln in der Stadt mit einer Tränke helfen. Das kann auch ein größerer Blumenuntersetzer sein, ein Suppenteller ist eher zu klein. Günstig dafür ist ein Platz im Schatten. „Am besten legt man auch einen Stein in die Tränke. So haben Insekten die Chance, wieder aus dem Wasser zu krabbeln, “ sagt NABU-Experte Marius Adrion.

Damit die Besucher gesund bleiben, ist es wichtig, auf Hygiene zu achten. Das Wasser sollte täglich gewechselt werden. Die Schale am besten mit klarem, heißem Wasser reinigen. Wer genügend Platz hat, stellt zwei Tränken auf und lässt immer eine davon immer 24 Stunden lang trocken. So wird die Vogeltränke für die Gäste nicht so leicht zum Umschlagplatz für Krankheitserreger. Wer Katzen in der Nachbarschaft hat, sollte die Tränken erhöht aufstellen oder zumindest so, dass sich eine Katze nicht unbemerkt anpirschen kann. Der NABU bietet zum Nachbasteln eine Anleitung für eine hängende Vogeltränke.

Kohlmeise, Star und Haussperling trinken in einer Tonschale mit Wasser.
Egal ob Meise, Spatz oder Star – alle haben Durst!

Auch bei der Gestaltung eines Gartens kann man Vögel in der Sommerhitze bedenken: Beerenreiche Sträucher und Bäume liefern Schatten und Futter. Und ein naturnah gestalteter Teich bietet nicht nur Wasser, sondern auch einen Lebensraum für Insekten und andere Nahrungsquellen.

Bei großer Trockenheit ziehen sich Bodentiere und Insekten zum Teil immer tiefer in den Untergrund zurück. Deswegen wird es für etliche Vogelarten schwieriger, am Boden lebendes Futter zu finden. Wer seinen Garten bewässert, bietet also nicht nur Schatten und Wasser, sondern auch mehr potenzielles Futter. Denn Getreidekörner, Sonnenblumenkerne oder Fettknödel helfen bei Dürre nicht allen Vogelarten. NABU-Vogelexperte Marius Adrion hat auch das Wohl von Vogelarten auf dem Land im Blick und empfiehlt deswegen außerdem: „Vogelfutter sollte grundsätzlich am besten aus der Region und aus biologischem Anbau kommen.“

Doch es gibt noch mehr zu tun: Wer der Vogelwelt in Zeiten von Hitze und Dürre mittel- und langfristig helfen will, sollte klimaschonend leben, um der weiteren Erderwärmung etwas entgegen zu setzen. Denn die wird nach dem aktuellen Stand der Forschung den Stress für die meisten Vogelarten weltweit noch zusätzlich stark erhöhen.

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