Phosphor in Zahlen: Hohe Düngerpreise – Was sind die Gründe?

Die Preise für Phosphat- und andere Dünger sind in den letzten Wochen in die Höhe geschossen. Die Gründe sind komplexer als man denkt und zeigen, wie anfällig unsere Versorgung mit diesem essenziellen Rohstoff ist.

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Arbeiter verladen Säcke mit Düngemitteln in einem Hafen in China, 2016

Wenn in China der berühmte Sack Reis umfällt, zucken wir hierzulande zu Recht mit den Schultern. Aber wenn in China ein Phosphor-Frachter im Hafen liegen bleibt, sollten wir aufhorchen.

Im letzten Jahr hat China einen vorübergehenden Exportstopp für Phosphor und andere Düngemittel verhängt. Und auch wenn wir in Europa relativ wenig Dünger direkt aus China beziehen, haben diese Handelsbeschränkungen auch hier Konsequenzen. Phosphat aus China macht knapp ein Drittel des weltweit gehandelten Phosphors aus und die bisherigen Käufer werden nun andere Quellen suchen, denn sie sind auf Phosphordünger angewiesen. Auch Deutschland ist zu 100 Prozent von Importen abhängig.

Als Grund für die Beschränkungen nennt China die derzeit sehr hohen Produktionskosten für Düngemittel und die Sorge, dass in der allgemeinen Knappheit zu wenig Dünger für die eigene Landwirtschaft zur Verfügung steht.

Weltweit sind die Preise für Düngemittel seit Mitte letzten Jahres stark angestiegen und tragen dazu bei, dass die ohnehin schon ungewöhnlich hohen Lebensmittelpreise weiter klettern.

Das Liniendiagramm zeigt die Preise für Rohphosphat, DAP, Harnstoff und Kaliumchlorid. Auffallend sind hohe Preisspitzen in den 70er Jahren, um 2008 und 2021.
Preise für Düngemittel, 1960–2021

Abb. 1: Im zweiten Halbjahr 2021 sind die Preise für Düngemittel stark gestiegen, vor allem für Harnstoff, einen wichtigen Stickstoffdünger, und Diammoniumphosphat (DAP), ein häufig verwendeter Phosphordünger.

Daten:CMO Historical Data Annual („Pink Sheet“), World Bank 2022

Doch warum ist Dünger plötzlich so teuer?

Die Gründe sind komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint. Die Pandemie zum Beispiel, die so viele Lieferketten ins Stocken gebracht hat, ist nur ein kleiner Teil des Problems. Die aktuellen Preisausschläge für Dünger sind ein anschauliches Beispiel, wie das Zusammentreffen scheinbar unabhängiger und für sich genommen oft gering oder nur regional bedeutender Ereignisse die Preise für ein global gehandeltes Gut plötzlich und unerwartet in die Höhe treiben kann.

Ein erster wichtiger Faktor sind die hohen Lebensmittelpreise. Das klingt zunächst vielleicht widersinnig. Doch weil Lebensmittel im Moment so teuer sind, lohnt sich für viele Landwirte trotz der hohen Kosten die Investition in Dünger wieder, weil sie davon ausgehen können, dass ihre Produkte später auch entsprechend hohe Preise auf dem Lebensmittelmarkt erzielen. Die Nachfrage nach Düngemitteln ist daher deutlich gestiegen.

Das Angebot ist jedoch eingeschränkt. Und zwar aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Hohe Energiepreise

Produktion und Transport von Mineraldüngern sind sehr energieaufwändig. Darum wirken sich die derzeit hohen Energiepreise stark auf die Düngerpreise aus.

Erdgas ist außerdem ein wichtiger Ausgangsstoff bei der Herstellung von Ammoniak, der Grundlage vieler Stickstoffdünger. Wegen der hohen Gaspreise haben mehrere Hersteller ihre Produktion jedoch vorübergehend gedrosselt oder ganz eingestellt. Da viele Düngemittel aus mehreren Nährstoffen bestehen, vor allem aus Stickstoff, Phosphor und Kali, treibt dies auch die Preise für phosphathaltige Dünger in die Höhe.

Und weil Landwirte versuchen, die hohen Preise für Mineraldünger zu umgehen und stärker auf organische Dünger wie Gülle und Gärreste aus Biogasanlagen zurückgreifen, steigen auch für diese – sofern sie überhaupt verfügbar sind – die Preise.

Extremwetter in den USA

Im Februar 2021 mussten aufgrund eines Eissturms in Texas Stickstoff-Produktionsanlagen in Oklahoma, Texas und Louisiana vorübergehend geschlossen werden, weil die Gasversorgung unterbrochen oder umgeleitet war. Einige Monate später führte der Hurrikan „Ida“ dazu, dass zwei große Düngemittel-Fabriken in Louisiana erneut für mehrere Wochen den Betrieb einstellen mussten. Dadurch kam es zu Engpässen auf dem amerikanischen Markt, die nur teilweise durch Importe ausgeglichen werden konnten – auch weil die USA im Frühjahr des gleichen Jahres nach einer Petition des größten heimischen Phosphatherstellers Mosaic hohe Ausgleichszölle auf Phosphorimporte aus Marokko und Russland eingeführt hatte.

Handels- und geopolitische Entwicklungen

Im Sommer 2021 verhängten zunächst die EU, später auch die USA Wirtschaftssanktionen gegen das belarusische Staatsunternehmen Belaruskali (BPC), einen der größten Exporteure von Kaliumchlorid, einem wichtigen Düngemittel-Bestandteil. Seitdem sind die Preise für Kalidünger stark angestiegen. Es gibt andere Hersteller, zum Beispiel in Kanada, die die Lücke wohl füllen werden. Doch bis deren gesteigerte Produktion sich auf die Marktpreise auswirkt wird es Monate dauern.

Auch der Krieg zwischen der Ukraine und Russland kann sich künftig auf die Düngemittelpreise auswirken. Russland ist einer der wichtigsten Lieferanten in Europa für Phosphor, Stickstoff und Kali. Schon im November hatte Russland seine Düngemittelexporte für sechs Monate gedrosselt, um die eigene Versorgung sicherzustellen.

Ladenfassade eines Landhandels in Malawi. Im Eingang stehen Säcke mit Dünger und andere Produkte.
Ein Landhandel in der Nähe von Blantyre in Malawi. Auch hier sind die Preise für Düngemittel stark gestiegen.

Kleinbauern und Selbstversorger besonders betroffen

Die hohen Düngerpreise treffen Kleinbauern und Selbstversorger besonders hart, vor allem in den Ländern des globalen Südens. Sie können sich oft schon in normalen Zeiten den Kauf von Düngemitteln kaum leisten. Und da sie vor allem für den Eigenbedarf produzieren, profitieren sie auch nicht von den hohen Lebensmittelpreisen.

In Malawi beispielsweise, wo viele Landwirte auf staatlich subventionierten Dünger angewiesen sind, musste die Regierung ihr Förderprogramm stark einschränken, so dass viele Landwirte nun keinen Zugang mehr zu Düngemitteln haben. In anderen Ländern südlich der Sahara ist die Lage ähnlich.

Das International Fertilizer Development Center (IDFC), eine Non-Profit-Organisation mit dem Ziel, den Düngereinsatz in weniger entwickelten Regionen zu verbessern, schätzt, dass in Afrika südlich der Sahara wegen fehlender Dünger in diesem Jahr dreißig Millionen Tonnen weniger Lebensmittel produziert werden können. Das entspreche, so das Center, dem Lebensmittelbedarf von hundert Millionen Menschen, der nun aus anderen Quellen gedeckt werden muss.

Was bedeuten die Preisspitzen langfristig?

Man kann davon ausgehen, dass die Preise für Düngemittel wieder sinken werden. Wenn man die Preisentwicklung bei Düngemitteln jedoch über einen längeren Zeitraum betrachtet, sieht man, dass es solche Ausschläge schon früher gegeben hat, zuletzt als Folge der Finanzkrise 2008. Sie sind also etwas, worauf sich Lebensmittelproduzenten und auch -konsumenten einstellen müssen.

Es gibt jedoch Möglichkeiten, unabhängiger vom globalen Düngemittelhandel zu werden und dabei auch Umweltressourcen zu schonen. Recyclingdünger aus Klärschlamm und anderen Ausgangsstoffen zum Beispiel können regional erzeugt und gehandelt werden. Landwirte können ihre Wirtschaftsweise anpassen und durch Fruchtfolge und präzisere Ausbringungsmethoden ihren Düngereinsatz reduzieren oder sogar, wie im Ökolandbau, die Nährstoffkreisläufe weitgehend auf den eigenen Betrieben schließen.

Alle diese Maßnahmen machen nicht nur unabhängiger von schwankenden Weltmarktpreisen, sondern helfen auch, das wichtige Problem der Verschmutzung von Seen und Meeren durch überschüssige Nährstoffe zu bekämpfen.

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