Darf der Fischotter wieder gejagt werden? Auf den Spuren eines Phantoms

Zuletzt aktualisiert: 30. August 2023. – Noch nicht mal seine Bestandszahlen sind bekannt, weil er stets im Verborgenen bleibt. In Bayern tut der Fischotter auch gut daran, dort ist seine Schonzeit unter Beschuss. Aber darf man ein streng geschütztes Tier wieder jagen? Obwohl es mancherorts noch als ausgestorben gilt?

vom Recherche-Kollektiv Tierreporter:
11 Minuten
Das Gesicht eines Eurasischen Fischotters, der restliche Leib des Tieres befindet sich im Wasser.

Wer Fischotter liebt, muss ein geduldiger Mensch sein. Die Tiere zeigen sich in freier Wildbahn nur höchst selten. Zum Glück gibt es Zeichen, die sie verraten. Sie sind groß, mit Schwanz bis zu 1,30 Meter lang, und werden bis zu zwölf Kilo schwer. Sie können gar nicht anders, als Spuren zu hinterlassen. Etwa in einem Flusslauf: Steigen dort plötzlich Luftblasen auf? Bilden sie lange Ketten an der Wasseroberfläche, bevor sie zerplatzen? Darunter könnte in diesem Moment ein Fischotter vorbeischwimmen, auf der Jagd nach kleineren Fischen. Beim Tauchgang entweichen Luftblasen seinem dicken Pelz und zeigen an, wo er sich aufhält. Bleibt sein Fischfang ohne Erfolg, begnügt er sich auch mit Fröschen, Schnecken, wassernahen Kleinsäugern oder Krebsen.

Die Tiere sind Meister der Tarnung. Dabei leben sie vereinzelt sogar in Großstädten – etwa in Hamburg oder in München. Was ihren Lebensraum betrifft, sind sie gar nicht so empfindlich. Sie brauchen fischreiche, saubere Gewässer und naturbelassene Ufer mit vielen Versteckmöglichkeiten. Und Ruhe. Wo sich viele Menschen aufhalten, finden sich keine Fischotter ein, auch wenn sonst alle Bedingungen stimmen. Sie haben allen Grund, uns zu fürchten. Früher wurden sie so scharf bejagt, dass sie in manchen Teilen Deutschlands noch immer als ausgestorben gelten, wie beispielsweise in Rheinland-Pfalz.

Trittsiegel, Kotproben, ein Geruch nach grünem Tee

Niemand weiß, wie viele Fischotter in Deutschland wieder heimisch geworden sind. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren sie hierzulande fast ausgerottet. Sie wurden wegen ihres Fells gejagt und weil man sie als Nahrungskonkurrenten ansah, die dem Menschen den Fisch wegfraßen. Seit 1968 stehen sie in Deutschland unter strengem Schutz. Trotzdem geht es mit den Beständen nur schleppend wieder aufwärts, die meisten Nachweise gibt es im Norden und Osten der Republik. Allerdings: „Es gibt kein deutschlandweites, flächendeckendes und quantitatives Fischotter-Monitoring“, sagt Andreas Lampe von der Stiftung Lebensraum Elbe, der seit 2007 dem Otter auf der Spur ist, aber noch keinen einzigen in freier Wildbahn gesehen hat. Die Tiere haben keine festen Bauten und wechseln ihre Verstecke, sodass man sich nicht auf die Lauer legen kann, um sie zu beobachten. Tagsüber schlafen sie tief verborgen im Gebüsch oder in einem Erdbau, den häufig andere Tiere gegraben haben. Sie werden erst in der Dämmerung aktiv und halten sich vor allem unter Wasser auf.

Bleibt also die Spurensuche: Ihre Pfotenabdrücke, die sogenannten Trittsiegel, sind für Laien allerdings kaum von Hunde- oder Katzenpfoten zu unterscheiden.

Pfotenabdrücke eines Fischotters, daneben ein Lineal. Die Abdrücke sind etwa vier Zentimeter lang
Trittsiegel eines Fischotters
Ein Fischotter, der aus einem eisigen Fluss auftaucht
Da ist er ja. Dank seines Pelzes ist der Otter auch bei Eiseskälte gut geschützt. Alles, was er braucht, um sich warmzuhalten, ist Nahrung.
Das Hinterteil eines Fischotters, der in einen eisigen Fluss eintaucht
Kaum da, schon wieder weg: Für manche kann das gern so bleiben.
Fischotter auf Steinen am Flussufer, der einen Fisch frisst.
Auch für den Rückgang einheimischer Fischarten in ostbayerischen Flüssen wird der Otter verantwortlich gemacht.