Zertifikate gegen Flächenfraß: „Bauprojekte oft am Bedarf vorbei geplant.“

Der Wirtschaftsexperte Ralph Henger erklärt im Interview, wie der Handel mit Zertifikaten den Flächenverbrauch bremsen kann.

von Andrea Hoferichter
5 Minuten
Handschlag von zwei Baubeteiligten über Bauplan.

Tag für Tag geben Städte und Gemeinden fast 55 Hektar Land für Bauprojekte frei. Etwa die Hälfte der Fläche wird versiegelt. Jedes Jahr verschwindet eine Fläche unter Asphalt, Beton und Pflastersteinen, die etwa so groß ist wie die Stadt Mainz. Der Boden darunter fehlt nicht nur als Lebensraum für Tiere und Mikroben, sondern auch als Grundlage für Wiesen oder Wälder, als Wasser- und Kohlenstoffspeicher.

Die Bundesregierung will den Flächenverbrauch deshalb bis 2030 auf höchstens 30 Hektar pro Tag begrenzen. Ab 2050 sollen gar keine neuen Flächen mehr bebaut werden. Wie diese Flächensparziele erreicht werden können, ist bisher unklar. Ralph Henger ist Experte für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Er ist überzeugt, dass Zertifikate eine Lösung sind und erklärt, warum.

RiffReporter: Was steckt hinter der Idee der Flächenzertifikate?

Ralph Henger: Es geht darum, dass Kommunen nur dann Ackerflächen oder Wiesen zu Baugebieten umwandeln dürfen, wenn sie Zertifikate vorlegen. Die Kommunen haben zwar schon heute gewisse Auflagen, diese sind aber nicht sehr zwingend. Das Flächensparziel von 30 Hektar pro Tag lässt sich so nicht erreichen. Und schon gar nicht das Ziel, in eine Flächenkreislaufwirtschaft zu kommen, bei der wir bei konstanter Bevölkerung keine neuen Flächen mehr überbauen.

RiffReporter: Wie könnten das mithilfe der Zertifikate gelingen?

Baugebiet mit Kränen und Rohren: Für Bauprojekte werden jeden Tag zig Hektar Boden versiegelt.
Flächenfraß: Für Bauprojekte werden jeden Tag zig Hektar Boden versiegelt.
Ein Baucontainer und Pflastersteine an einem expandierendem Gewerbegebiet.
Ein Baugebiet im ländlichen Raum: Oft wird wertvoller Boden versiegelt.