Bescheidene Wünsche, vorsichtige Hoffnungen und große Pläne für 2022

Was erwarten Menschen auf dem afrikanischen Kontinent vom neuen Jahr?

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
12 Minuten
Bilder der befragten Personen

Vor einem Jahr hatten wir in unserem Ausblick auf 2021 geschrieben, das „Krisenjahr 2020 ist zu Ende – doch viele Krisen werden sich 2021 fortsetzen, wenn nicht sogar verstärken. Damals erwarteten viele Länder des Kontinents die zweite Covid-Welle. Inzwischen sind es je nach Region vier oder fünf geworden und an den strukturellen Problemen, wie zum Beispiel dem Zugang zu Impfstoffen, hat sich wenig geändert. Die Corona-Pandemie ist nach wie vor eines der bestimmenden Themen, in Afrika und weltweit. Doch auch politische Krisen, die Wirtschaft und die Klimakrise haben den Kontinent im letzten Jahr gebeutelt – dass sich in diesen Bereichen etwas zum Besseren verändert, wünschen sich viele Afrikanerïnnen, mit denen wir gesprochen haben.

Wir haben Menschen aus verschiedenen afrikanischen Ländern gefragt, was sie von 2022 erwarten, sich erhoffen oder befürchten. Und viele haben geantwortet, aus Tunesien, Algerien und Libyen, Kenia, der DR Kongo, Ruanda und Südafrika, Namibia und Mosambik.

Depaul Bakulu, Mitglied von LUCHA (Kampf für die Veränderung), DR Kongo

Depaul Bakulu, Mitglied von LUCHA (Kampf für die Veränderung), DR Kongo
Depaul Bakulu hofft auf Frieden und Wohlstand in der DR Kongo.

Für 2022 wünsche ich mir vor allem, dass es in der DR Kongo endlich Frieden und Wohlstand gibt. Ich hoffe, dass die Frage nach der Identität und der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Volksgruppen nicht zu noch mehr Konflikten führt. Dass im Gegenteil wieder Toleranz an die Stelle des Hasses tritt, der derzeit weit verbreitet ist.

Was mich auch sehr beschäftigt, ist die Klimakrise. Ich würde mir wünschen, dass sich wirklich alle für die Veränderung des Klimas interessieren, dass sich alle in ihren Bedürfnissen einschränken, um so die Erderwärmung möglichst noch zu begrenzen.

Und wenn ich an den afrikanischen Kontinent denke, beschäftigt mich vor allem die Frage der Regierungsführung. Ich würde mir wünschen, dass alle diepolitischen Köpfe, die versuchen, sich auch in Demokratien dauerhaft an der Macht zu halten, endlich die demokratischen Prinzipien respektieren. Dass es häufiger geregelte und friedliche Machtwechsel ohne politische Unruhen gibt. Und dass es wieder selbstverständlich wird, die Menschenrechte zu respektieren.

Meine Hoffnungen stützen sich auf die afrikanische Jugend. Ich hoffe, dass die jüngere Generation sich für Politik interessiert und dafür kämpft, dass sich die politische Elite verantwortlich verhält.

Sadek Bouzinou (Democratoz), algerischer Musiker, Algerien/Senegal/Deutschland

Sadek Bouzinou (Sadek Democratoz), algerischer Musiker, Algerien/Senegal/Deutschland
Sadek Bouzinou will 2022 sein Solo-Album veröffentlichen

Ich bin wirklich frustriert, auf so vielen Ebenen. Nichts funktioniert in Algerien. Es ist traurig, es gibt keine Events, die Leute sind sehr negativ drauf. Ich habe mir gesagt, dass ich mich wirklich einbringen und Konzerte organisieren muss. Jetzt haben wir einen Ort dafür gefunden, einen großen Saal hier in Oran, wo wir Rap-Konzerte veranstalten wollen, mit Musikern, die teilweise Millionen Klicks im Internet haben. Die Reaktionen waren sehr gut, auch von den lokalen Verantwortlichen. Ich hoffe, dass wir nächstes Jahr regelmäßig Konzerte veranstalten können.

Ich selbst habe viele Projekte für nächstes Jahr, im Senegal und in Berlin. Dort haben wir unsere kleine Gemeinschaft, mit Leuten aus vielen Ländern, aus Frankreich, Japan und Brasilien. Letztes Jahr haben wir zum Beispiel das Bizarre Music Festival veranstaltet, an einem sehr interessanten Ort, dem Oyoun. Es hat nur einen Tag gedauert, weil wir kein Budget hatten und alles selbst organisiert haben. Aber ich hoffe, dass wir es nun jedes Jahr machen können.

Außerdem bereite ich mein Solo-Album vor, in dem sich das Afrikanische der algerischen Musik widerspiegelt. Ich arbeite dabei mit einer Reihe westafrikanischer Musiker zusammen. Das ist wirklich mein Herzensprojekt – zu singen, mich auszudrücken. Es ist eine spirituell beeinflusste Musik, bei der es auch um Menschenrechte und Rassismus geht.

Rey Bulambo, kongolesischer Regisseur und Theater-Trainer, Kakuma Flüchtlingslager, Kenia

Der Regisseur Rey Bulambo lebt in einem Flüchtlingslager in Kenia
Rey Bulambo will 2022 mit seiner eigenen Ausrüstung Filme drehen.
Samuel Baker Byansi
Samuel Baker Byansi kämpft auch 2022 für die Pressefreiheit in Ruanda
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