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Hitzeschutz für Kinder: Warum Heranwachsende bei hohen Temperaturen besonders gefährdet sind
Gesund aufwachsen: Die wichtigsten Hitzeschutz-Maßnahmen für Kinder
Hitze belastet alle Menschen – aber nicht alle gleich. Kleine Kinder sind besonders gefährdet. Warum ist das so? Wie kann ich mich und meine Familie schützen? Warnt das deutsche Hitzewarnsystem rechtzeitig? Die wichtigsten Antworten im Überblick.

Der Klimawandel trifft Heranwachsende besonders hart – gerade Hitze stellt eine große Gesundheitsgefahr dar. Darauf weist das Aktionsbündnis Klimawandel und Gesundheit am bundesweiten Hitzeaktionstag am 4. Juni hin.
Für welche Personengruppen ist Hitze gefährlich?
Hitze belastet die Gesundheit aller Menschen. Besonders gefährdet sind ältere oder vorerkrankte Menschen, Schwangere, Säuglinge und Kinder sowie Menschen mit geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Obdachlose und diejenigen, die im Freien arbeiten bzw. sich körperlich schwer betätigen.
Welche Gefahren drohen gerade Kindern?
Hitze und auch direkte Sonneneinstrahlung belasten Kinder besonders. Der Grund: Die körpereigenen Regulationsmechanismen sind noch nicht voll ausgebildet. Im Vergleich zu Erwachsenen funktioniert die Wärmeregulierung bei Kindern weniger effizient. Sie schwitzen weniger, obwohl ihr Körper sich schneller aufheizt. Das liegt unter anderem daran, dass ihr Verhältnis von Körperoberfläche zu Körpergewicht größer ist – dadurch nehmen sie mehr Wärme aus der Umgebung auf und verlieren schneller Flüssigkeit. Außerdem erkennen Kinder oft nicht rechtzeitig, wenn ihnen zu heiß wird oder sie Durst haben.
Besonders kleine Kinder können ihr Unwohlsein nicht klar äußern und noch nicht einschätzen, wann sie eine Pause brauchen oder etwas trinken müssen. Sie sind also stärker auf den Schutz und das Mitdenken von Erwachsenen angewiesen. Kinder sind daher besonders schutzbedürftig und benötigen gezielte Vorsichtsmaßnahmen, um gesundheitliche Risiken wie Hitzschlag, Sonnenstich oder Dehydrierung zu vermeiden. Eine Übersicht, wie Sie Hitzenotfälle erkennen und handeln können, finden Sie hier.
Inwiefern beeinträchtigt Hitze auch die psychische Gesundheit?
Hitze kann dazu die Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit und damit das Lernen beeinträchtigt. Außerdem ist bekannt, dass heiße Temperaturen zu mehr Aggression im Alltag führen können – sie mindert unsere Reizschwelle. Weitere Folgen sind Müdigkeit und Apathie.
Mehrere Studien haben gezeigt, dass steigende Temperaturen mit einer Zunahme von psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen und Suizidraten von Erwachsenen verbunden sind. Auch für Kinder und Jugendliche gibt es entsprechende Untersuchungen. Studien wie diese aus Australien belegen, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen hohen Außentemperaturen und einer Zunahme von Suizidgedanken oder suizidalen Krisen bei Jugendlichen gibt. Mit jedem Anstieg der täglichen Durchschnittstemperatur um 1 Grad Celsius nahm die Zahl der Notaufnahmen aufgrund von Suizidalität um 1,3 Prozent zu. Dies war nicht nur während Hitzewellen, sondern auch an einzelnen heißen Tagen messbar.
Warum ist UV-Schutz so wichtig?
UV-Strahlung kann auf Haut und Augen zahlreiche gesundheitliche Schäden verursachen – im schlimmsten Fall Hautkrebs. Die Häufigkeit von Hautkrebserkrankungen steigt weltweit, auch in Deutschland.
Generell gilt: ab einem UV-Index von 3 sind Schutzmaßnahmen erforderlich. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt ab diesem Wert lange Kleidung, eine Kopfbedeckung, Sonnenschutzmittel für unbedeckte Haut sowie das Tragen einer Sonnenbrille.
Ab einem UV-Index von 8 sollte jede/r die Sonne in der Mittagszeit komplett meiden. Aktuelle Vorhersagen des UV-Index finden sich tagesaktuell hier auf der Webseite des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Ein hoher Lichtschutzfaktor (LSF50), geeignete Kleidung und das Meiden der Mittagssonne sind zentrale Maßnahmen, um Hautschäden vorzubeugen.
Warum gefährden hohe UV-Belastung und Sonnenbrand Kinder so stark?
Besonders bei Kindern sollten hohe UV-Belastungen und Sonnenbrände unbedingt vermieden werden, denn sie erhöhen das Risiko, am schwarzen Hautkrebs (Melanom) zu erkranken um das 2- bis 3-fache. Zuviel UV-Strahlung und Sonnenbrände verursachen Erbgutschäden in den Hautzellen. Bei Kindern und Jugendlichen erfolgen im Vergleich zu Erwachsenen mehr Zellteilungen. Ein früh erfolgter Erbgutschaden kann sich aufgrund der hohen Zellteilungsrate schnell vervielfältigen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass der Schaden im Erbgut bestehen bleibt, ist hier groß“, warnt das Bundesamt für Strahlenschutz. Bleibende Schäden des Erbguts können in der Folge zu Krebs führen. UV-Strahlung verursacht außerdem die Bildung von Pigmentmalen (Muttermalen) der Haut. Eine erhöhte Anzahl solcher Pigmentmale (mehr als 50) sowie atypische Pigmentmale bedeuten ein erhöhtes Risiko, am schwarzen Hautkrebs, dem malignen Melanom, zu erkranken.
Wie kann ich mein Kind und mich vor Hitze schützen?
- Sorgen Sie für eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung. Beim Schwitzen verliert der Körper viele wichtige Salze, Magnesium und andere Elektrolyte. Leitungswasser- und Mineralwasser, Saftschorlen mit einer Prise Salz, Suppen oder auch wasserreiche Früchte wie Wassermelone gleichen den Verlust wieder aus. Vermeiden Sie Softdrinks, Alkohol und Koffein. Warum? Alkohol und Koffein belasten den Kreislauf zusätzlich. Auch Softdrinks, insbesondere solche mit Koffein (wie etwa in Cola und vielen Energydrinks enthalten), sind bei Hitze keine gute Idee. Sie können die Dehydration zusätzlich verschärfen.
- Nehmen Sie über den Tag lieber mehrere kleine, leichte Mahlzeiten als wenige, große Portionen zu sich. So kann sich der Körper aufs Abkühlen statt aufs Verdauen konzentrieren.
- Behalten Sie auch Medikamente, die regelmäßig eingenommen werden müssen, im Blick. Diese sollten nicht nur an einem kühleren Ort aufbewahrt werden. Möglicherweise muss auch die Dosierung bei Hitze angepasst werden. Die wichtigsten Wirkstoffe und mögliche Auswirkungen bei großer Hitze zeigt diese Übersicht. Die sogenannte Heidelberger-Hitze-Tabelle wurde von der Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie des Universitätsklinikums Heidelberg erstellt.
- Halten Sie die Räume Ihrer Wohnung möglichst kühl. Aber wie? Das hängt von Art und Lage der Wohnung und der Fenster ab. Im Erd- oder Gartengeschoss eines Altbaus, wo es ohnehin nicht so warm wird, kann es besser sein, die Fenster tagsüber geschlossen zu halten. In einer Dachwohnung, in der es tagsüber unerträglich heiß wird, kann ein geöffnetes Fenster in Kombination mit einem Ventilator auf hoher Stufe dagegen sinnvoller sein. In Zwischengeschossen und/oder Räumen mit Südausrichtung halten geschlossene Rollläden oder Rollos die Sonnenwärme ab.
- Halten Sie sich während der Mittagshitze möglichst in Innenräumen oder im Schatten auf und versuchen Sie, körperliche Anstrengungen zu vermeiden. Tätigkeiten im Freien sollten Sie auf die kühleren Morgen- und Abendstunden beschränken.
- Wählen Sie leichte, nicht einengende Baumwollkleidung in hellen Farben. Bei Sonneneinstrahlung eine luftige Kopfbedeckung tragen und mit Sonnenschutzmittel eincremen.
- Informieren Sie sich über Orte, die in Ihrer Umgebung für alle zugänglich sind und besonders bei extremer Hitze einen angenehmen Aufenthalt ermöglichen. Meist befinden sich diese im Grünen (z. B. Park, Stadtwald, schattige Grünanlage, Friedhof usw.), aber auch innerhalb von Gebäuden (z. B. Bibliothek, Museum, Kirche, Kino usw.)
- Achten Sie ebenso auf Angehörige sowie Mitmenschen, die diese Empfehlungen nicht selbständig umsetzen können.
Wie informiert das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes?
Das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes hat zwei Warnstufen: Eine Warnung vor einer „starken Wärmebelastung“ wird dann herausgegeben, wenn die gefühlte Temperatur am frühen Nachmittag einen bestimmten Schwellenwert von etwa 32 Grad Celsius überschreitet. Dieser Schwellenwert kann aufgrund eines Akklimatisationseffektes bei Ereignissen im Frühsommer etwas niedriger und im Hochsommer etwas höher liegen. Als weiteres Kriterium dient die nächtliche Temperatur von Innenräumen. Überschreitet die gefühlte Temperatur am frühen Nachmittag einen Wert von 38 Grad, so wird die zweite Warnstufe mit einer „extremen Wärmebelastung“ ausgerufen. Expertin Dea Niebuhr, Professorin am Fachbereich Gesundheitswissenschaften der Hochschule Fulda, kritisiert im Interview mit RiffReporter, dass das deutsche Hitzewarnsystem zu spät greife.