Die Achillesferse der Energiewende

Spätestens 2050 sollte die Welt aus Kohle, Erdöl und Erdgas aussteigen. Auf den Bergbau kann sie längst noch nicht verzichten. Denn für die Energiewende fehlen kritische Metalle, die erst gefördert werden müssten.

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Die Turmspitze eines Windrads samt drei Rotorblättern schaut über eine Wolkenschicht, davor ein Hochbau-Kran.

Es gibt wohl keinen passenderen Ort für diese Botschaft: Unter den Dinosaurierskeletten der Jurazeit im großen Saal des Berliner Naturkundemuseums versammeln sich am 9. Mai 2022 Geologinnen und Geologen der zwei größten geowissenschaftlichen Berufsverbände Deutschlands, um auf eine Achillesferse der Energiewende hinzuweisen. Die Bundesregierung möchte die Windkraft und mit ihr die anderen Erneuerbaren Energien massiv ausbauen; in acht Jahren soll sich ihr Anteil am Strommix auf 80 Prozent verdoppeln. Aus Sicht der Geowissenschaftler reicht es aber nicht, einen derartigen industriellen Wandel anzukündigen und dabei die notwendigen Rohstoffe zu vergessen.

An dieser Entwicklung führt trotz alledem kein Weg vorbei. Es bleiben der Welt nach dem Klimaabkommen von Paris noch 28 Jahre, ihren Ausstoß klimawirksamer Gase auf Null zu senken. Gleichzeitig sollte der Wohlstand für derzeit 7,9 Milliarden Menschen und aller bis zur Jahrhundertmitte Geborenen sichergestellt werden. Die Erneuerbaren Energien gelten als wichtigste Gruppe von Technologien, beide Ziele gleichzeitig zu erreichen. Sie versorgen die Welt mit Primärenergie und können dabei helfen, den Ausstoß von CO2 maßgeblich zu reduzieren.

Die Energiewende bedeutet einen industriellen Wandel, der viel mehr beinhaltet, als nur fossile Energieträger abzuschaffen. Anlagen für Erneuerbare Energien erfordern eine neue Rohstoffbasis – und die hat es in sich: Für eine moderne Fotovoltaikanlage werden nach einem Bericht der Internationalen Energieagentur(IEA) mehr als doppelt so viele metallische Rohstoffe benötigt wie für ein Kohlekraftwerk der gleichen Leistung. Bei Onshore-Windkrädern sind es fast fünfmal so viele Metalle, bei Offshore-Windrädern mehr als siebenmal so viele. Zwar brauchen fossile Kraftwerke dafür zusätzlich enorme Mengen an Brennstoff, doch Anlagen für Erneuerbare Energien aufzubauen, ist dafür deutlich ressourcenintensiver.

Menschen demonstrieren auf einer sonnigen Straße. Ein Mann erhebt die Faust. Ein professionell gestaltetes Plakat zeigt Pfeile, die auf Belgrad weisen.
Eine Demonstration in Belgrad in Serbien im September 2021: Hunderte Aktivistinnen und Aktivisten gehen gegen ein damals geplantes Bergwerk für Bor und Lithium auf die Straße. Hinter dem geplanten Abbau steht der australisch-britische Konzern Rio Tinto, aber auch chinesische Konzerne stehen in der Kritik.
Balkendiagramm: Graue Balken des Werts gehandelter Kohle nimmt zwischen 2020 und 2040 ab, die von Seltenen Erden, Kobalt, Lithium oder Kupfer dagegen zu. 2040 übersteigt der Balken der Energiewende-Rohstoffe den der Kohle.
Der Wert der gehandelten Energiewende-Rohstoffe wird laut einer Prognose der Internationalen Energieagentur bis 2040 den gehandelter Kohle übersteigen.