„Ökologische Schäden außer Acht zu lassen, wird sich bald kein Unternehmen mehr leisten können“

Business und Biodiversität: Stefanie Eichiner, Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung „Biodiversity in Good Company“ fordert Unternehmen auf, Naturschutz so ernst zu nehmen wie Klimaschutz – auch zum eigenen Nutzen

vom Recherche-Kollektiv Countdown Natur:
12 Minuten
Eine Frau am Rednerpult, auf dem „Museum für Naturkunde“ steht.

Beim Klimaschutz ist die Wirtschaft schon seit vielen Jahren aufgewacht. Anders bei Biodiversität – obwohl das World Economic Forum in seinem letzten Report über globale Risiken den Verlust der natürlichen Vielfalt auf Platz 3 der wichtigsten Herausforderungen für die nächsten zehn Jahre gesetzt hat. Stefanie Eichiner tritt seit vielen Jahren dafür ein, das Thema Biodiversität in Unternehmen zur Priorität zu machen.

Die gebürtige Regensburgerin hat in Weihenstephan Forstwissenschaft studiert und in den USA zum Management natürlicher Ressourcen geforscht, bevor sie 2013 beim Papierhersteller UPM die Verantwortung für den Bereich Nachhaltigkeit übernahm. Seit 2017 ist Eichiner Vorsitzende von „Biodiversity in Good Company", einer Vereinigung von Unternehmen, die zu Biodiversität aktiv sind oder es werden wollen. Seit 2022 ist sie bei der Pfleiderer Group als Head of Sustainability tätig. Die Rolle der Wirtschaft wird auch beim UN-Weltnaturschutzgipfel COP15 in Montreal mit im Zentrum stehen.

Frau Eichiner, dass Managerinnen und Manager sich mit Klima beschäftigen, ist inzwischen nicht mehr selten. Anders bei der Biodiversität. Wie sind Sie selbst dazu gekommen?

Ich interessiere mich seit Kindertagen für Natur und Umweltschutz und hatte auch schon immer eine humanistische, wertebasierte Grundeinstellung. Mir war auch schon ziemlich früh in meinem Leben klar, dass wir die Natur und die anderen Arten weit mehr brauchen als umgekehrt die Natur uns. Auch deswegen habe ich dann in Weihenstephan Forstwissenschaften studiert und in den USA dazu geforscht, bevor ich in die Industrie gegangen bin, um Unternehmen dabei zu unterstützen, nachhaltiger zu werden.

Sie stehen jetzt bald fünf Jahre an der Spitze von „Biodiversity in Good Company“. Wer ist da aktiv?

Von den Unternehmen her reicht das von der Bank bis zur Brauerei, vom Landwirtschaftsbetrieb bis zum DAX-Unternehmen. Die aktiven Personen sind in ihren Unternehmen für das Thema zuständig und müssen es bis hinauf zur Chefetage intern übersetzen und erklären. Wir sind also eine Gruppe von Gleichgesinnten, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen.

Sind die Mitgliedsunternehmen besonders aktiv im Naturschutz?

Brände im Amazonas von oben
Keine Wolken, sondern Rauch: Durch gezielt gelegte Brände werden große Teile des Amazonas-Regenwaldes zerstört, um Exportgüter anzubauen.

Wer bei uns dabei ist, verpflichtet sich, sich stark zu engagieren und alle zwei Jahre über die Aktivitäten zu berichten. Wir versuchen eben auch gemeinsam, unsere Praktiken zu verbessern. Am Anfang ging es eher um Fragen wie den Umgang mit dem eigenen Firmengelände, wie man da zum Beispiel ein Biotop anlegen kann. Bei unserer letzten Mitgliederversammlung hat uns jetzt die Vertreterin einer Remote-Sensing-Firma erklärt, wie man über Satellitendaten nachverfolgen kann, ob angebotene Waren oder Rohstoffe aus Gebieten mit Entwaldung oder Degradierung kommen und man sie darüber aus der eigenen Lieferkette heraushalten kann. Es ist also einiges passiert.

Das World Economic Forum zählt den Verlust von Biodiversität zu den wichtigsten langfristigen Risiken überhaupt. Hat Sie das überrascht?

Überhaupt nicht. Bei der Biodiversität ist es wie beim Klima. Da gibt es Kipppunkte, und wenn die überschritten werden, sind die Schäden riesig und irreversibel. Biodiversität ist für alle Lebensbereiche wichtig und entsprechend steht sie zurecht hoch oben auf der Liste. Man bedenke nur, welch großer Anteil der Weltbevölkerung von Fisch als Nahrungsmittel lebt und wie abhängig Fische von Korallenriffen sind. Wenn die Riffe weiter erodieren, drohen Ernährungskrisen, die immer das Risiko politischer Unruhen mit sich bringen.

Wie würden Sie dem CEO eines Unternehmens, der sich noch nie damit beschäftigt hat, erklären, dass Biodiversität wichtig ist?

Ich lerne durchaus viele Führungspersonen aus Unternehmen kennen, denen Biodiversität von sich aus wichtig ist, weil sie längst wissen, wie sehr auch die Wirtschaft in fast allem, was sie tut, von der Natur abhängig ist. Und wer sich nicht interessiert oder glaubt, dass unternehmerische Aufmerksamkeit für Biodiversität unwichtig oder zu teuer ist, der muss sich das leisten können.

Frau mit Einkaufswagen am Supermarktregal
Verbraucher schauen inzwischen genauer hin, woher Produkte kommen und was sie enthalten.

Was heißt das?

Falscher Umgang mit Natur, Biodiversität und Ökosystemen bringt klar finanzielle, physische und operative Risiken mit sich. Allein die Frage, ob die Bestäubungsleistung von Insekten für die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ausreicht oder nicht, ist alles andere als trivial und führt je nach Resultat zu enormen wirtschaftlichen Konsequenzen. Oder man nehme die Wasserqualität und verschiedenste andere Bereiche, die von der Artenvielfalt und der Vielfalt der Ökosysteme abhängig sind.

Viele Unternehmer dürften aber denken, dass sie das nicht betrifft, zum Beispiel weil sie Dienstleister sind.

Die werden dem Thema aber regulatorisch ebenfalls nicht mehr entkommen und sollten sich deshalb für Biodiversität interessieren. Wer in der EU mehr als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, unterliegt ab 2025 neuen Berichtspflichten, bei denen es auch stark um Biodiversität geht. Man muss zum Beispiel nachweisen, dass die eigene Lieferkette nicht zu aktiver Naturzerstörung führt. Klar ist auch, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher bei dem Thema Erwartungen haben und einen gewissen Druck ausüben.

Beim Palmöl ist das ja schon so, aber in den meisten anderen Bereichen eher nicht, oder?

Es nützt nichts, auf dem Firmengelände ein schönes Biotop anzulegen, wenn man seine Lieferkette nicht im Griff hat.

Stefanie Eichiner

Dennoch hat jedes Unternehmen konkrete Reputationsrisiken. Wer sich bei Naturzerstörung und Biodiversität blind stellt oder den Kopf in den Sand steckt und im Kern keinen Überblick über seine unternehmerischen Kollateraleffekte hat, läuft Gefahr, dass jemand diese identifiziert und in die Öffentlichkeit bringt. Fast jeder Mensch hat ein Mobiltelefon. Aufnahmen von Entwaldung in Asien oder von Umweltverschmutzung durch Bergbau im Amazonas gehen in Sekunden um die Welt. Das ist übrigens auch ein Thema, wenn Unternehmen Geld vom Kapitalmarkt wollen.

Warum?

Banken, Aktionäre, Rentenfonds – alle achten immer mehr zusätzlich zu Klimafragen auch auf Biodiversität. Wer da bestimmte Anforderungen nicht erfüllen kann, bekommt schon heute im Zweifelsfall kein Geld mehr oder zu deutlich schlechteren Bedingungen.

Klingt so, als ob Manager Angst haben müssten, sich dem Thema zu stellen?

Nein, im Gegenteil. In der Kaffee- und Kakaoindustrie gab es in den Branchen jeweils große Zurückhaltung in Bezug auf mehr Transparenz. Das Interessante ist aber, dass Firmen, die ihre Lieferketten schon von sich aus offengelegt haben, damit sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Da ist nicht zuletzt auch unternehmerischer Mut gefragt. Es gilt klar zu analysieren, wie es um die Lieferketten bestellt ist und welchen Durchgriff das Management zu guter Letzt hat. Es geht darum, einen detaillierten Überblick zu erhalten und Risiken sowie Handlungsfelder offenzulegen und mit den Handelspartnern in einen konstruktiven und zielgerichteten Lösungsdialog einzusteigen.

Sehen Sie in der Wirtschaft einen Trend, Naturzerstörung in der Lieferkette aktiv vermeiden zu wollen?

Gerodeter Urwald aus der Luft fotografiert
Vor allem in Asien werden Regenwälder gerodet, um Palmöl-Plantagen anzulegen. Palmöl wird in der Lebensmittelindustrie weltweit eingesetzt.

Dieser Trend wird immer stärker. Es ist zwar für viele Unternehmen schwer, alles im Detail zurückzuverfolgen, aber die Holzwirtschaft zum Beispiel zeigt schon seit 2013, dass dies möglich ist. Sowohl in Bezug auf Menschenrechte als auch Klimaeffekte und immer stärker auch auf die Biodiversität selbst ausgerichtet werden dort die Einflussgrößen untersucht und offengelegt. Sein Wirtschaften rein auf Kennzahlen auszurichten, die ökologische Schäden außer Acht lassen – das wird sich bald kein Unternehmen mehr leisten können.

Bis die Berichtspflichten 2025 kommen, dauert es noch. Können Unternehmen so lange warten?

Davon würde ich abraten. Wer sich frühzeitig engagiert, ist besser vorbereitet und kann die Entwicklung auch noch mitgestalten. Damit vermeiden wir als Gesellschaft, dass wir uns nur über Vorschriften weiterentwickeln können und getrieben werden von Rechtsexperten, die vom operativen Geschäft keine Ahnung haben. Wer frühzeitig mit Politik und Umweltverbänden zusammenarbeitet, kann beim Entstehen von Standards und Gesetzen mitwirken und sieht sich dann nicht Regulierungen ausgesetzt, die in der Praxis nicht funktionieren.

Ein riesiges Containerschiff im Hafen.
Firmen beziehen Waren und Bauteile aus aller Welt – die Lieferketten genau zu kennen, wird immer wichtiger.

Sie sprachen an, dass Banken beim Thema Biodiversität schon hellhörig sind. Aber stimmt das wirklich? Banken stecken mit ihrem Geld ja auch in vielen problematischen Bereichen, etwa Bergbau.

Bergbau steht am Anfang fast jeder Lieferkette und ist nicht pauschal problematischer als andere Bereiche. Es macht also keinen Sinn, zum Beispiel in Elektromobilität zu investieren, den Lithium-Bergbau aber gleichzeitig zu verteufeln. Entscheidend für die Finanzierung muss das konkrete Projekt sein. Banken wissen aber, dass Anforderungen zum Schutz der Biodiversität ihr Geschäft genauso durchdringen wird wie jetzt schon der Klimaschutz. Was ich als Kreditinstitut finanziere, wird zu einem realen Einflussfaktor für die globalen Ökosysteme und hat Auswirkungen auf die Natur.

Im Klimabereich gibt es auch Lobbygruppen, auf denen außen Klimaschutz draufsteht, aber in Wahrheit geht es nur um enge eigene Interessen. Begegnet Ihnen Skepsis aus der Umweltszene, dass „Biodiversity in Good Company“ das bei Biodiversität so macht?

In dieser Form nicht. Natürlich gibt es auch Meinungsunterschiede zu Umweltverbänden. Wir leben schließlich in einer pluralistischen Gesellschaft. Aber wir erleben eher, dass die Zusammenarbeit gesucht wird. Firmen zeigen sich dabei immer offener, den Artenschutz in ihren Lieferketten umsetzen. Damit entsteht ein großes Potenzial im Hinblick auf neue innovative Wege, nicht zuletzt deswegen, weil Firmen auch das Kapital haben, große und kostspielige Projekte zu realisieren.

Kann das dazu führen, dass sich Firmen zunehmend in ihren Lieferketten von bisherigen Geschäftspartnern trennen müssen und da ziemlich harte Entscheidungen anstehen?

Solche harten Entscheidungen kommen auf die gesamte Wirtschaft zu, ja. Beim Weltnaturschutzgipfel COP15, der jetzt im Dezember stattfindet, ist das unter Action Point 15 genau beschrieben. Es wird eine riesige Welle geben, die eigenen Aktivitäten zu bewerten, darüber zu berichten und dann negative Auswirkungen abzustellen. Bestimmte Projekte werden sich dann schlichtweg nicht mehr rentieren.

Werden da Unternehmen auf der Strecke bleiben?

Junge Menschen halten ein Schild mit der Aufschrift „Defend 1,5 Grad“ in die Höhe.
Demonstration zum Abschluss der COP27.

Das hängt stark von der eigenen Bereitschaft ab, umzudenken und anders zu handeln. Bekannt sind die Themen und die Problematik schon lange. Aber der Zeitpunkt zum Handeln ist jetzt. Wer da zu lange wartet, muss sich dann vielleicht in extrem kurzer Zeit umstellen. Und das kann durchaus zum existenziellen Risiko werden.

Welche Branchen sind da am stärksten gefragt, schnell zu handeln?

Der Weltbiodiversitätsrat IPBES hat 2019 dargelegt, dass es hauptsächlich Landwirtschaft und die Urbanisierung sind, die den Verlust der Biodiversität vorantreiben. Eine große Rolle spielen die Flächenversiegelungen und Zerschneidungen durch Baugebiete und Infrastruktur. Danach kommen andere Bereiche wie der Bergbau. Als indirekten Treiber nennt der Report den Finanz- und Steuersektor, der globales Handeln zur Rettung der Biodiversität verhindert beziehungsweise möglich macht.

Grüne und rote Kaffeefrüchte an einem Strauch in einer weiten subtropischen Landschaft.
Kaffee – hier in Kolumbien – kann zerstörerisch oder umweltschonend angebaut werden.

Wie ist es umgekehrt im Sinn von Businesspotenzialen? Klimaschutz galt anfangs ausschließlich als Last, jetzt wird damit Geld verdient. Geht das bei Biodiversität auch?

Ich bin da zurückhaltend. Es gibt ja die Diskussion um die sogenannte Inwertsetzung der Natur, aber das ist ein extrem heikles und komplexes Thema. Der Klimaschutz hat einfach den Vorteil, dass es da eine Kenngröße gibt, und das ist der CO2-Ausstoß in Tonnen. Diese Maßeinheit kann ich in jedem Land, in jedem Geschäft, bei jedem Produkt einsetzen. CO2 ist fast wie eine Währung, dann kann man damit auch Geschäfte machen.

Und bei der Biodiversität?

Da gibt es nicht diesen einen Messwert wie beim Klimaschutz, es geht immer um komplizierte Wirkungsketten und Folgen unter sehr unterschiedlichen regionalen, ökologischen oder klimatischen Bedingungen. Natürlich gibt es Modellprojekte und Ansätze wie die Zertifizierung von Forstprodukten. Aber auch da wird dann oft jahrelang um Standards gerungen, weil der Teufel im Detail steckt. Für was sich Biodiversität aber besser einsetzen lässt, ist die Kommunikation mit Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartnern. Wenn Kundinnen und Kunden erfahren, dass Firmen an ihren eigenen Standorten, in Kooperationen mit Landwirten oder in der eigenen Lieferkette positiv für Biodiversität handeln, dann ist das ein wichtiges Merkmal für Qualität. Dadurch kann auch der eigene Unternehmenswert wachsen.

Birgt das die Gefahr von Greenwashing?

Sollte der UN-Biodiversitätsgipfel scheitern, wäre das fatal.

Stefanie Eichiner

Die gibt es immer, aber falsche Behauptungen, wie umweltfreundlich man ist, rächen sich schnell und könnten in Zukunft auch richtig teuer werden. Es nützt nichts, auf dem Firmengelände ein schönes Biotop anzulegen, wenn man seine Lieferkette nicht im Griff hat. Die Öffentlichkeit ist mündig und informiert genug, solche Widersprüche schnell zu erkennen. Dann geht der Schuss schnell nach hinten los. Wenn man mit seinem niedrigem CO2-Ausstoß prahlt, aber das gar nicht detailliert beweisen kann, dann bewegt man sich als Unternehmen schon auf sehr dünnem Eis. Die Ohrfeigen, die es dafür gibt, werden bald nicht mehr nur symbolisch sein.

Hat „Biodiversity in Good Company“ Forderungen an die Bundesregierung?

Wir freuen uns, dass die Ampelkoalition bei dem Thema schon aktiv ist. Aber natürlich gibt es Dinge, die uns auf den Nägeln brennen. Ein Thema ist die sogenannte Natur auf Zeit. Viele Unternehmen haben riesige Firmengelände, die sie teils auf Jahrzehnte in Reserve halten wollen. Doch wenn man die Gelände aktiv für den Artenschutz nutzt, geht man ins Risiko, dass man sie später nicht mehr für seine wirtschaftlichen Zwecke einsetzen, also zum Beispiel bebauen kann. Unsere Naturschutzgesetze sind da noch immer sehr starr. Wir wünschen uns neue Formen von Naturschutz, wo man Biotope für einen gewissen definierten Zeitraum anlegen, dann aber eben auch wieder nutzen kann.

Damit machen Sie sich aber bei Naturschutzverbänden keine Freunde, oder?

Wir sind da durchaus im Gespräch. Es ist doch besser, wenn ein Firmengelände oder ein Steinbruch für viele Jahre aktiv für den Natur- und Artenschutz genutzt werden, als wenn die Firmen gleich von Anfang an versuchen, keine Möglichkeiten zur Ansiedlung von seltenen Arten zu bieten. Wir Menschen gestalten doch längst viele Ökosysteme. Das ist eine Verantwortung, aus der wir nicht mehr rauskommen, selbst wenn wir es wollten.

Bis Mitte Dezember wollen die Staaten der Erde auf der Biodiversitätskonferenz COP15 gemeinsame Ziele für den globalen Naturschutz erarbeiten. Von der COP27 beim Klima waren aber viele enttäuscht. Wie blicken Sie auf die UN-Umweltgipfel?

Versammlungshalle mit großem Podium, an dem neun Menschen sitzen.
Das Plenum des UN-Gipfels soll weitreichende Beschlüsse zum Klimaschutz fassen.

Grundsätzlich blicke ich auf die COPs und alle internationalen Bemühungen, verschiedenste Interessen unter einen Hut zu bekommen, sehr positiv. Ja, das geht sehr langsam und ist sehr mühevoll. Da braucht es im Grunde Berufsdiplomaten und Politiker, die sich Jahr um Jahr um Jahr in erster Linie darum bemühen. Es ist der lange Marsch durch die Instanzen, klar. Das kann sehr ermüdend sein. Und dann gibt es die entscheidenden Momente, beim Klima ging es mit Kyoto 1997 los, dann folgte der Klimavertrag von Paris 2015.

UN-Generalsekretär Guterres musste aber für die COP27 eingestehen, dass nichts für die CO2-Reduktion erreicht wurde. Ist das nicht frustrierend?

Schon, aber der Fonds für Ausgleichs- und Entschädigungszahlungen an ärmere Länder, die unter der Klimekrise leiden, ist für diejenigen, die dafür angetreten sind, ein großer Erfolg. Das sollte man nicht herunterspielen, es geht da auch um globale Gerechtigkeit. Natürlich löst der Fonds aber nicht ursächlich das Klimaproblem.

Was erhoffen Sie sich vom UN-Biodiversitätsgipfel in Montreal?

Die Ausgangsbedingungen sind nicht leicht. Fast alle Ziele des letzten großen Biodiversitätsgipfels von 2010 wurden verfehlt. Der aktuelle Gipfel sollte ja schon 2020 stattfinden und wurde wegen Corona mehrfach verschoben. Jetzt braucht es im Grunde einen Neuanfang, einen Paris-Moment auch bei der Biodiversität oder zumindest einen großen Schritt dahin. Uns ist der Action Point 15 besonders wichtig, wo es darum geht die Wirtschaft zum Berichten und auch zum Handeln zu bringen. Sollte der UN-Biodiversitätsgipfel scheitern, wäre das fatal.

Die Recherchen zu diesem Beitrag wurden von der Hering-Stiftung Natur und Mensch gefördert. Mit einem Riff-Abo können auch Sie uns fördern und dazu beitragen, dass wir dauerhaft am Jahrhundert-Thema Biodiversität dranbleiben.

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