Die SS mordet, ein ganzes Dorf schaut weg – aber einer öffnet die Tür.

Elf schwarze Kriegsgefangene wurden 1944 in Belgien brutal ermordet. Lange interessierte sich niemand für das „Wereth-Massaker“. Nur eine Familie hält die Erinnerung wach.

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Ehrenformation probt Abstände bei Wereth-Zeremonie

Am 13. Mai 2023, an einem warmen Frühlingstag, steht Sandra Green vor einem Rednerpult und ringt mit den Tränen. Die ältere Dame hat sich schick gemacht, sie trägt eine Perlenkette, eine hellblaue Bluse und einen passenden Blazer.

Hinter ihr, auf einer Kuhwiese, stehen Soldaten in Reih und Glied. Fahnen flattern im Wind, Medaillen glänzen in der Sonne. Doch dafür scheint Sandra Green kaum Augen zu haben; ihr Blick ruht auf den Blumenkränzen, die vor ihr liegen.

Soldaten hatten sich längst ergeben

„Ich bin die Nichte von Robert L. Green“, sagt sie mit brüchiger Stimme. Green war ein schwarzer US-Soldat, Dienstnummer 3455247, Mitglied des 333. Feldartillerie-Bataillons.

„Unter diesem Namen kannte ihn die Armee“, sagt die ältere Dame. „Ich kannte ihn als Onkel Rob.“

Onkel Rob und zehn weitere Kameraden – alle schwarz – starben am 17. Dezember 1944 im ostbelgischen Dorf Wereth. Wobei „sterben“ eigentlich das falsche Wort ist. Die elf Männer, die sich längst ergeben hatten, wurden von SS-Soldaten brutal ermordet.

Sarah Green am Mikrofon
Sandra Green während der Gedenkfeier. Ihr Onkel wurde 1944 in Wereth ermordet.
Personen in Uniformen und Anzügen sitzen auf Stühlen vor dem Gedenkstein.
Mehrere Hundert Personen, darunter viele Offizielle, kommen zur jährlichen Gedenkstunde. Deutsche sind nicht eingeladen.
Dienstfoto von Robert Green in Uniform
Als Schwarzer hatte Robert Green nicht viele Chancen im ländlichen Georgia. Also ging er zur Armee.
Mehrere Personen stehen rund um das Wereth-Mahnmal.
Sandra Green (Mitte) sieht sich das Mahnmal an, das an ihren Onkel und seine Kameraden erinnert.
Mann in Uniform dirigiert einen Gospelchor
Ein Gospelchor singt zu Ehren der „Wereth Eleven“.
Landkarte der deutsch-belgischen Grenzregion
Wereth-Massaker am 17.12.1944
Sylvia und Patrick Langer stehen nebeneinander.
Die Geschwister Sylvia und Patrick Langer halten die Erinnerung an das Massaker wach. Ihr Vater war derjenige, der den Gedenkstein aufstellte.
US-Soldaten mit Ohrstöpseln, kurz bevor sie Salutschüsse abfeuern.
Die Ehrenformation nimmt Aufstellung…
USA-Fahnen stecken im Boden
So würdevoll die getöteten Soldaten heute in Erinnerung gehalten werden—auch die eigene Armee interessierte sich jahrzehntelang nicht für ihr Schicksal.
Unzählige Autos parken am Rand einer Landstraße.
Viel Auflauf in einem kleinen Dorf: Wereth hat bis heute nur ein paar Häuser.
Fahnen der Länder Belgien, USA und der EU wehen im Wind.
Das Massaker war auch im Dorf lange tabu. Noch heute sitzen die Wunden tief.
Soldat salutiert bei der Gedenkfeier
Rund eine Million Afroamerikaner kämpften im Zweiten Weltkrieg.
Bericht der US-Armee zu Wereth-Kriegsverbrechen
Ein Fotograf der US-Armee dokumentierte das Kriegsverbrechen, wie dieses freigegebene Dokument zeigt. Passiert ist trotzdem jahrzehntelang nichts.
Junge US-Soldat:innen vor dem Wereth-Mahnmal.
Heute dient das Mahnmal auch als Symbol gegen Rassismus und Antisemitismus.
Soldaten auf Kuhwiese in Wereth
Nach außen die pure Idylle: Das Verbrechen hat sich auf einer Kuhwiese zugetragen.
Ein älterer Herr in Uniform hält einen Blumenkranz in der Hand.
Kranz-Niederlegung in Wereth. Deutsche Delegationen sind nicht eingeladen.

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Steve Przybilla


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