BARshare: So funktioniert E-Carsharing auf dem Land

Verkehrswende im Landkreis Barnim: Kreiswerke werden zum Sharing-Anbieter für E-Bikes und Elektroautos

vom Recherche-Kollektiv Busy Streets:
5 Minuten
Mehrere Sharing-Autos stehen auf einem Parkplatz

Lange Zeit fühlten sich die Bürgerïnnen von Melchow in Brandenburg von ihren Nachbargemeinden abgeschnitten. Zwar hält in dem 1.000-Einwohnerort im Landkreis Barnim sogar ein Regionalzug, aber davon haben insbesondere die älteren Bewohnerïnnen wenig. „Der Weg zum Zug und die Wege am Zielort sind für viele von ihnen zu weit und die Wartezeiten zu lang“, sagt Ronald Kühn, ehrenamtlicher Bürgermeister des Ortes. Die Älteren, die nicht mehr selbst Auto fahren können, brauchten einen Shuttle in die umliegenden Orte, in denen sie einkaufen, zum Arzt oder zur Therapie gehen. Aber sämtliche Anfragen bei Busunternehmen oder Ride-Sharing-Anbietern blieben erfolglos.

Für herkömmliche Sharing-Anbieter ist der ländliche Raum wirtschaftlich oft uninteressant. Weil Alternativen zum Privatwagen fehlen, haben sich die Menschen dort daran gewöhnt, ihre Alltagsmobilität selbst zu organisieren. Je nach Familiengröße mit einem, zwei oder noch mehr Autos. Bevor sie überhaupt darüber nachdenken, ein Fahrzeug zu verkaufen, brauchen sie eine verlässliche Alternative. Die Kreiswerke Barnim (KWB) suchten lange nach einer Lösung, die zu dem Landkreis passt. Im Norden grenzt Barnim an die Uckermark und im Süden an Berlin. Dazwischen gibt es etliche Seen und Naherholungsgebiete und viel Landwirtschaft. Die Menschen leben verstreut in einer Handvoll Kleinstädten. Die Mehrzahl der Orte kommt gerade auf ein paar Hundert Einwohnerïnnen.

Die Lösung der KWB war ein Sharing-Konzept, dass ausschließlich Elektrofahrzeuge verwendet und zwei Nutzergruppen kombiniert, die Hauptnutzerïnnen und die Mitnutzerïnnen. Damit wollte die KWB ein alltagstaugliches Sharing-System im ländlichen Raum anbieten, das wirtschaftlich ist, die CO₂-Emissionen im Verkehr senkt und die Auslastung vorhandener Fuhrparks erhöht. 2019 ging BARshare mit 23 Elektrofahrzeugen an den Start.

Dienstwagen mehrfach nutzen

Zunächst ging es darum, Hauptnutzerïnnen zu finden, die bereit waren, ihre Dienstwagenflotte auf E-Fahrzeuge umzustellen und die Fahrzeuge Privatleuten zur Verfügung stellten. Laut Christian Vahrson, Prokurist bei der KWB, gibt es hunderte potenzielle Kandidaten im Landkreis – etwa Verwaltungen, Kommunen, Wohnungsgenossenschaften, Unternehmen oder auch Vereine. „Fahrzeuge gemeinsam nutzen, gehört im dienstlichen Kontext zum Alltag. Die Mitarbeiter teilen sich bereits Dienstwagen“, sagt Vahrson. Allerdings nutzen sie sie nur während der Arbeitszeiten. An diesem Punkt setzt die BARshare-Idee der Mitnutzerïnnen an: Außerhalb der Arbeitszeiten können Privatleute die Elektrofahrzeuge mieten. Das Konzept von BARshare kombiniert dienstliche und private Nutzung.

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