Die Omikronwelle rauscht durch Deutschland, doch die Politik debattiert Öffnungen

Rund 2 Millionen Corona-Infizierte, steigende Einweisungen in Krankenhäuser und erstaunlich passive Regierende. Kanzler Scholz wird seine Impfziele statt Ende Januar erst in vielen Wochen erreichen.

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Bei Nacht schieben Fachkräfte einen Kranken auf einer Trage auf einem Flugplatz in einen Krankenwagen.

Zwei Jahre nachdem bei einem Mitarbeiter eines Autozulieferers im Landkreis Starnberg erstmals in Deutschland das neuartige Coronavirus festgestellt wurde, sind nach offiziellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts aktuell rund zwei Millionen Menschen akut von einer Infektion mit Sars-Cov-2 betroffen. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl von Infizierten, die nicht in den staatlichen Statistiken erfasst sind.

Die Zahl der täglichen Neuinfektionen stieg am 26. Januar erstmals im Verlauf der Pandemie auf mehr als 200.000 Fälle. Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz kletterte ebenfalls zum ersten Mal über den Wert von 1000.

Die hohe Zahl von Neuinfektionen spiegelt die rasche Ausbreitung der im November 2021 erstmals in Südafrika festgestellten Omikron-Variante des Virus wider. Diese ist ansteckender als die zuvor dominante Delta-Variante, führt aber pro 1000 Infizierten seltener zu schweren Krankheitsverläufen und Tod.

Während Regierende auf die „milder" genannten Eigenschaften von Omikron setzen, hat der Expertenrat der Bundesregierung zuletzt gewarnt, dass aktuelle Infektionen zehn Mal weniger Krankenhauseinweisungen nach sich ziehen müssten als Infektionen im vergangenen Winter, damit es trotz stark erhöhter Fallzahlen zu keiner Überlastung des Gesundheitssystems kommt.

Keine zusätzlichen Maßnahmen gegen Omikron

Erstmals im zweijährigen Verlauf der schlimmsten Pandemie seit der Influenza-Pandemie in den Jahren 1918 bis 1920 setzen Bundesregierung und Bundesländer nicht mehr auf eine Minimierung der Infektionszahlen. Die bisher in der Omikronwelle ergriffenen Maßnahmen – etwa die Verkürzung von Quarantänezeiten, das Beharren auf der Präsenz junger Menschen in Schulen und der vorläufige Verzicht auf weitere kontaktbeschränkende Maßnahmen – zielen dagegen hauptsächlich darauf ab, das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben auf dem derzeitigen Niveau am Laufen zu halten.

Bund und Länder fokussieren derzeit darauf, die kritische Infrastruktur des Landes – also zum Beispiel Stromversorgung, Polizei, öffentlichen Verkehr und Krankenhäuser – trotz Omikronwelle aufrecht zu erhalten. Längerfristige Risiken wie das, dass Corona-Infektionen auch nach vergleichsweise milden Atemwegssymptomen quer durch alle Altersgruppen langwierige Krankheitsverläufe über Monate und Jahre nach sich ziehen können, spielen in der derzeitigen Strategie keine Rolle.