Zu wenig Wasser – zu viel: Klimakrise sorgt für Extreme an Flüssen

Lange Trockenheit führt zu Niedrigwasser in weiten Teilen Europas, während Starkniederschläge in den Alpen zum Problem werden. Eine Reportage aus dem Salzburger Oberpinzgau.

vom Recherche-Kollektiv Flussreporter:
9 Minuten
Breites alpines Tal mit Bach, Schotter auf der Wiese und abgebrochenes Ufer.

Während der Rhein wieder wegen Niedrigwasser nur mehr eingeschränkt schiffbar ist und viele weitere Flüsse in Europa unter der Trockenheit leiden, wissen manche alpine Regionen nicht, wohin mit dem vielen Wasser. Die Klimakrise sorgt für Extreme bei den Wasserständen in beide Richtungen.

Am 15. August 2022 abends kracht es im Oberpinzgau. Eigentlich waren schon für den Nachmittag Regen und Gewitter angekündigt, doch vorerst wird daraus nichts. Dafür ist das Schauspiel ab etwa 19.30 Uhr umso dramatischer.

Eine Weile stehe ich in Neukirchen am Großvenediger auf dem Balkon der Ferienwohnung und schaue zu, wie Blitze die Hohen Tauern erhellen. Dann beginnt der Regen gegen das Haus zu peitschen und ich verziehe mich hinter das geschlossene Fenster. Etwa eine Stunde lang hält das Gewitter an und die hochschnellenden Wasserstandsanzeigen auf der Website des Hydrografischen Dienstes des Landes Salzburg lassen erahnen, wie es in den Tauerntälern zugeht.

Wiese, Häuser, Berge, Wolken
Neukirchen am Großvenediger am Nachmittag des 15. August 2022. Die Ruhe vor dem Gewitter.

Am nächsten Morgen liegt Nebel über den Berggipfeln, der sich bald lichtet. Der Tag verspricht sonnig zu werden, gutes Wanderwetter.

Wir wollen ins Hollersbachtal gehen, wo ich vor einem Jahr, am 7. Juli 2021, auf Einladung des Nationalpark Hohe Tauern mit Kollegïnnen den Bachlehrweg kennengelernt habe. Ein schöner, familientauglicher Weg, an dem man anhand verschiedener Informationstafeln und dem praktischen Anschauungsmaterial in der Natur viel über den Fluss, seine Tiere und Pflanzen, den angrenzenden Wald mit seinen Farnen und Moosen und die Flusslandschaft erfährt.

Gebirgsbach, links ein steiniger Wanderweg mit Wanderern.
Wanderung am Bachlehrweg im Hollersbachtal mit Kollegïnnen und einem Ranger des Nationalpark Hohe Tauern am 7. Juli 2021.
Gebirgsbach mit weiß schäumendem Wasser und Wald
Der Hollersbach in seiner Schönheit und Wildheit Anfang Juli 2021.
Gebirgsbach mit Pflanzen am Ufer
Im Juli 2021 wuchsen am Ufer des Hollersbaches Straußenfarn und andere feuchtigkeitsliebende Pflanzen.
Ruhiger Gebirgsbach, Wald, Berge, Sandstrand im Vordergrund
Der idyllische Hollersbach in den Hohen Tauern in Salzburg am 7. Juli 2021.

Am 16. August 2022 stehe ich also wieder vor dem kleinen Stausee der Salzburg AG am Ausgang des Hollersbachtales – und staune. Das wenige Wasser im Stausee ist lehmgelb, am Rand sieht man die schlammigen Ablagerungen und einen großen Haufen Totholz, das von einem Baggergreifer aufgenommen und auf einen LKW geladen wird. Ich frage einen Arbeiter, von welchem Zeitraum das Totholz stammt, und nehme an, es wird ein Jahr sein. Das sei vor zwei Wochen alles auf einmal heruntergeschwemmt worden, antwortet er.

Baggerarm hebt Totholz aus Stausee
Mit dem Bagger wird das Totholz aus dem Stausee der Salzburg AG am Ausgang des Hollersbachtales entfernt.
Halbvoller Stausee mit viel angeschwemmtem Holz, ein Bagger hebt das Holz hoch.
Das Unwetter Anfang August 2022 hat große Mengen Totholz in den Stausee im Hollersbachtal geschwemmt, das rasch entfernt werden muss,
Bagger steht in Gebirgsbach
Reparatur des Hollersbach-Ufers am 16. August 2022.
Schlamm und Wasser auf Wanderweg am Bachufer
Hier verlief der idyllische Bachlehrweg Anfang Juli 2021. Am 16. August 2022 ist er frisch überspült.
Bach mit weggerissenem Uferweg
Hier hat der Hollersbach ein großes Stück des Ufers weggerissen.
Große Steine, Schlamm und angeschwemmte Baumstämme  im Wald.
Spuren der Verwüstung im Hollersbachtal durch Unwetter im Sommer 2022.
Blick von Hang auf bräunlichen Bach mit Steinen am Ufer
Der Bachlehrweg wurde teilweise durch Unwetter zerstört und man muss hangaufwärts ausweichen.
Gleisanlage mit Schotter und verbogenen Weichen, im Hintergrund ein Berg mit einem Graben
Mitte August 2021 haben mehrere Muren die gesamte Gleisanlage der Pinzgauer Bahn im Bahnhof Krimml/Wald zerstört. Der Breuergraben (im Hintergrund) wird deshalb jetzt baulich gesichert.
Gebirgsbach mit steinigem Ufer
Der Hollersbach am 16.8.2022.
Wanderer auf Almstraße, Almütten
Die Hohen Tauern, hier das Obersulzbachtal, sind aufgrund ihrer Schönheit und Artenvielfalt nicht nur ökologisch wertvoll, sondern auch für die Almwirtschaft, den Tourismus, für Ausflüge und Bergtouren.