„Veränderungen nimmt man häufig als Gefahr wahr. Aber die Natur ist nicht statisch“

Den Brutvögeln in der Schweiz gehe es so schlecht wie noch nie, heisst es oft. Der Ornithologe Martin Weggler widerspricht. Er betont, dass die positiven Entwicklungen überwiegen. Allerdings: Eine mögliche Ursache dafür sei sehr bedrohlich.

vom Recherche-Kollektiv Flugbegleiter:
8 Minuten
Stelzenläufer im Wasser nach Nahrung suchend.

Die Schweizer Landschaft hat sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts radikal verändert. Die Industrialisierung und die damit einhergehende Intensivierung der Landwirtschaft sowie die Zersiedlung haben deutliche Spuren hinterlassen. Besonders eindrücklich zeigt sich dies bei einigen Lebensräumen: Auen, Moore sowie ertragsarme, aber artenreiche Trockenwiesen und -weiden sind stark zurückgegangen oder sogar fast gänzlich verschwunden.

Dies hat Auswirkungen auf die Biodiversität. So sind in der Schweiz gemäss Bundesamt für Umwelt die Hälfte aller Lebensräume und ein Drittel aller darin vorkommenden Arten bedroht. Gerade in der Agrarlandschaft sind dramatische Verluste bei den Brutvögeln zu verzeichnen.

Doch das Bild ist nicht einheitlich. Vor allem dank Schutzbemühungen konnten negative Trends aufgehalten werden. So beginnt sich zum Beispiel die naturnahe Waldbewirtschaftung auszuzahlen. Auch Greifvögel spüren wieder mehr Wind unter den Flügeln.

Insgesamt mehr Vögel – aber auch viele gefährdete Vogelarten

Der neuste Schweizer Brutvogelatlas hält fest, dass bei den Populationen der heimischen Brutvögel insgesamt „die positiven Trends überwiegen“. Heute leben rund eine Million mehr Vögel in der Schweiz als vor 20 Jahren. Allerdings sind vor allem die Populationen von bereits häufigen Arten gewachsen. 40 Prozent der Schweizer Brutvogelarten gelten hingegen als gefährdet.

Doch es gibt auch positive Entwicklungen. Diese unterstreicht der Schweizer Ökologe und Ornithologe Martin Weggler. Er hat sich die Daten der Areal- und Bestandsveränderungen der Brutvögel in der Schweiz seit 1950 nochmals vorgenommen und seine Erkenntnisse vor kurzem im „Ornithologischen Beobachter“ veröffentlicht.

Porträt von Martin Weggler.
Der Ornithologe Martin Weggler untersucht seit über 30 Jahren Vogelpopulationen in verschiedensten Lebensräumen.
Zwei Rebhühner sitzen im Gras.
Ein Bild, das in der Schweiz der Vergangenheit angehört: Rebhühner sind ein Opfer der intensiven Landwirtschaft geworden.