Präsidentschaftswahlen in Kolumbien: Das sind die aussichtsreichsten Kandidaten

Der Linke Gustavo Petro ist haushoher Favorit. Überraschungsanwärter für Platz 2 ist ein TikTok-Opa.

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Collage mit vier relativ hellhäutigen Männern zwischen 47 und 77 Jahren, alle im weißen Hemd, aber unterschiedlich viel Haar.

Kolumbien wählt am 29. Mai einen neuen Präsidenten. Nach den monatelangen Protesten im Vorjahr ist ein politischer Wechsel so nah wie noch nie. Sechs Kandidaten stehen mittlerweile noch zur Wahl. Das sind die aussichtsreichsten.

Mann Anfang 60 mit Brille und grauschwarzem Haar blickt schräg Richtung Horizont. Er trägt ein weißes Hemd mit blauem Muster, der oberste Knopf ist offen.
Gustavo Petro, Präsidentschaftskandidat vom Bündnis Pacto Histórico.

Der Favorit: Der Linke Gustavo Petro (62)

Der studierte Ökonom trat als Teenager der urbanen Guerilla M-19 bei, die 1990 den bewaffneten Kampf aufgab und sich auflöste. Er ist seit Jahrzehnten im politischen Geschäft, war Bürgermeister von Bogotá und zuletzt Senator.

Als Bürgermeister setzte er sich in der Hauptstadt vor allem für die ärmsten Bevölkerungsschichten ein. Als Senator deckte er die Verbindungen zwischen Politikern aus dem Lager des Ex-Präsidenten Alvaro Uribe und den Paramilitärs auf. Er hat bereits zwei Mal vergeblich versucht, Präsident zu werden. Doch dieses Mal führt der Kandidat des Bündnisses Pacto Histórico (Historischer Pakt) alle Umfragen an. Er wäre der erste linke Präsident Kolumbiens.

Nach deutschem Maßstab ist er eher ein Sozialdemokrat mit Hang zum Populismus als ein Linker. Er will Sozialprogramme einführen, das vor dem Kollaps stehende Rentensystem umkrempeln, die Reichsten stärker besteuern, die heimische Landwirtschaft stärken und mit allen bewaffneten Gruppen verhandeln, um im Friedensprozess voranzukommen.

Petro ist für erneuerbare Energien, gegen Fracking und will die Ausweisung neuer Öl-Lizenzen stoppen sowie den Kohle-Tagebau in La Guajira (woher Deutschland künftig mehr Kohle importieren will, um unabhängiger von russischen Importen zu werden). Erdöl macht derzeit 40 Prozent der Exporteinnahmen Kolumbiens aus. Es gibt berechtigte Zweifel, dass sich dieses finanzielle Loch allein durch mehr Tourismus und Landwirtschaft und die Bekämpfung von Korruption ausgleichen ließe, wie Petro anstrebt.

Auch wenn das linke Parteienspektrum bei den Kongresswahlen im März zugelegt hat, fehlen klare Mehrheiten im Parlament. Petro wird also – wie jeder künftige Präsident – Bündnisse schließen müssen. Darin war er in der Vergangenheit nicht gut, er gilt als autoritär. Außerdem kämpft er gegen einen Ruf als Macho. Dank der Nominierung von Francia Márquez konnte er aber bei Wählerinnen punkten und hat seinen Diskurs auch in dieser Hinsicht verändert. Márquez soll zudem an der Spitze eines neuen Gleichstellungs-Ministeriums stehen, hat Petro angekündigt.

Die Zweitplatzierten

Die Umfragen liegen weit auseinander, aber sollte Petro nicht im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen holen, sind das die aussichtsreichsten Konkurrenten für die Stichwahl am 19. Juni:

Mann mit fast schulterlangem, lockigem, noch überwiegend schwarzem Haar und hoher Stirn. Er trägt ein Hemd, dessen oberste Knöpfe offen sind.
Federico „Fico“ Gutiérrez, Präsidentschaftskandidat der Coalición Equipo por Colombia.
Mann um die 80 mit schütterem, rötlichen Haar und sehr weißen Zähnen, deutet in die Kamera. Er trägt einen Ehering und ein Hemd, bei dem der oberste Knopf offen ist.
Rodolfo Hernández, Präsidentschaftskandidat für die Liga de Gobernantes Anticorrupción.
Mann um die 60 mit grauem, lockigen Haar lächelt in die Kamera. Er trägt ein weißes Hemd ohne Krawatte, der oberste Knopf ist offen.
Sergio Fajardo, Präsidentschaftskandidat für das Bündnis Centro Esperanza.