25 Jahre Demokratie in Indonesien: Freiheit, Fortschritt und Korruption

Die drittgrößte Demokratie der Welt hat viel erreicht seit dem Ende der Suharto-Diktatur 1998. Doch die Politik stagniert zwischen wirtschaftlichen Interessen und sozialen Problemen. Drei frühere Aktivisten über ihre Hoffnungen und Enttäuschungen.

vom Recherche-Kollektiv Weltreporter:
7 Minuten
Studenten besetzen während einer Demonstration 1998 eine Monument im Zentrum Jakartas, das an die Machtübernahme Suhartos 1966 erinnert. Auf Plakaten fordern sie, dass Suharto wegen seiner Menschenrechtsverbrechen vor Gericht gebracht wird.

Vor 25 Jahren trat der indonesische Diktator Suharto nach einer kurzen und klanglosen Rede zurück. Kaum jemand hatte damals damit gerechnet, dass der „lächelnde General“ friedlich abtreten würde: Während seiner 32-jährigen Gewaltherrschaft wurden zwischen einer halben und drei Millionen Menschen ermordet – die Schätzungen variieren – die meisten wegen des Vorwurfs, dass sie dem Kommunismus anhingen. Nur wenige Tage vor Suhartos Rücktritt hatten dessen Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Jakarta noch vier Studenten erschossen. Vorausgegangen waren monatelange Massenproteste und gewaltsame Ausschreitungen im ganzen Land, getrieben von der damaligen Finanz- und Wirtschaftskrise in ganz Südostasien und einer starken Studentenbewegung, die für Menschenrechte und Mitbestimmung kämpfte.

Seit der „Reformasi“, wie das Ende der Diktatur in Indonesien genannt wird, hat sich das Land mit der viertgrößten Bevölkerung der Welt zu einer weitgehend stabilen Demokratie sowie aufstrebenden Wirtschaftsmacht und wichtigem Mitglied der G20 entwickelt. Beobachter*innen zeigen sich allerdings besorgt über die erneut zunehmend autoritären Züge der indonesischen Politik: Kritik am Präsidenten kann künftig zu Haftstrafen führen, die Pressefreiheit wird durch neue Gesetze gefährdet, Arbeiterrechte werden beschnitten, Frauen und LGBTQ sehen sich mit diskriminierenden Regeln konfrontiert, die bis tief in ihre Privatsphäre reichen. Weiterer Grund zur Besorgnis ist der steigende Einfluss islamistischer Gruppen im Land mit der größten muslimischen Bevölkerung der Welt.

Goenawan Mohamad gilt als einer der wichtigsten Autoren, Intellektuellen und Kulturschaffenden Indonesiens. Bekannt wurde der 81-Jährige vor allem als Gründer und Herausgeber des kritischen Nachrichtenmagazins Tempo, das unter Suharto zeitweise verboten war.

Andy Yentriyani studierte 1998 internationale Beziehungen an der Universitas Indonesia in Jakarta und war aktiv in der Demokratiebewegung. Die 46-Jährige gehört zur chinesischen Minderheit Indonesiens und ist heute Vorsitzende der Nationalen Kommission für Frauenrechte.

Yanedi Jagau hat in Jakarta Anthropologie studiert und war 1998 einer der führenden Köpfe der Christlichen Studentenbewegung Indonesiens (GMKI). Der 51-Jährige gehört dem indigenen Volk der Dayak Ngaju an und leitet heute die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Borneo Institute in Zentralkalimantan.

Welche Hoffnungen hatten sie vor 25 Jahren, wie sehen sie die Entwicklungen heute? Christina Schott hat sie danach gefragt.

Tempo-Cover der Ausgabe zum 25. Jahrestag des Rücktritts von Suharto; der Gründer und Herausgeber des Magazins, Goenawan Mohamad
Tempo-Cover der Ausgabe zum 25. Jahrestag des Rücktritts von Suharto; der Gründer und Herausgeber des Magazins, Goenawan Mohamad
Andy Yentriyani, die Vorsitzende der Nationalen Kommission für Frauenrechte in Indonesien
Andy Yentriyani, die Vorsitzende der Nationalen Kommission für Frauenrechte in Indonesien
Yanedi Jagau, Leiter des Borneo Institutes in Palangkaraya
Yanedi Jagau, Leiter des Borneo Institutes in Palangkaraya