E-Mobilität in Simbabwe: Neue Transportmöglichkeiten eröffnen Frauen Perspektiven

„Afrikanerinnen in ländlichen Regionen werden regelmäßig unterschätzt“, kritisiert die ehemalige Entwicklungshelferin Shantha Bloemen. Dabei hätten sie einen ausgeprägten Unternehmergeist. Oft mangele es schlicht an Transportmöglichkeiten. Hier setzt das Start-Up „Mobility for Africa“ an. Es vermietet elektrisch betriebene Fahrzeuge an Frauen in Simbabwe – mit großer Wirkung.

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
16 Minuten
Die Kleinbäuerin sitzt hinter dem Lenker und startet das Fahrzeug mit einem Lächeln

Regina Marekesa steigt auf ihr Hamba – ein bronzefarbenes Fahrzeug mit drei Rädern, Transportfläche und Motorradlenker. Sie setzt sich auf den Fahrersitz, richtet ihren Rock und startet mit einem Handgriff den Elektromotor. Der springt sofort surrend an. Die 39-Jährige lenkt das Fahrzeug auf die ungeteerte Straße, durch die verstreuten Dörfer im Distrikt Wedza. Aus der flachen Landschaft ragen vereinzelt Felsen, flache und runde, die teils übereinander liegen und wie Skulpturen wirken. Bauern und Bäuerinnen bewirtschaften ihre Gemüsefelder, Mais und Tabak sind schon abgeerntet. In rußigen Backsteingebäuden werden die Tabakblätter getrocknet.

Auch Marekesas Mann ist Tabakfarmer. Das sei ein gutes Geschäft, sagt sie, aber nur einmal im Jahr, nach der Ernte. „In den Monaten dazwischen unterstütze ich unsere Familie finanziell“, erzählt sie. Sie kauft, was für den Haushalt gebraucht wird, zahlt das Schulgeld für ihre vier Kinder und fährt sie manchmal auch mit dem Hamba zur Schule, damit sie nicht so weit laufen müssen. „Mein Mann ist dafür dankbar. Früher musste ich ihn wegen jeder Kleinigkeit fragen, sogar um Salz zu kaufen. Heute verdiene ich selbst Geld.“

Früher saßen nur Männer am Steuer, heute fahren die Frauen selbst

Marekesa wendet den Blick nicht von der Straße ab, während sie redet. Vor knapp fünf Jahren wurden die Hambas in der Gegend getestet. Das Start-Up Mobility for Africa hatte den Distrikt für sein Pilotprojekt ausgewählt. Im Anschluss konnten sich Frauen dafür bewerben, ein Fahrzeug zu mieten. Dafür mussten sie aufschreiben, wie sie es nutzen wollen und Fahrstunden absolvieren. Regina Marekesa hat diese Idee sofort gefallen: „Ich habe darin eine Chance gesehen, das Leben meiner Familie zu verbessern.“ Gemeinsam mit einer anderen Frau bietet sie einen Taxiservice an. Sie wechseln sich alle zwei Wochen ab.

Bisher waren die Dorfbewohner auf sogenannte Mushikashikas angewiesen, zu Taxis umfunktionierte Privatautos. Die Hambas sind eine preiswertere Alternative, 60 sind mittlerweile in Wedza unterwegs. Die Fahrt ist holprig und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern langsam. Doch für die Fahrerin ist das schnell genug. Allein die Tatsache, dass sie hinter dem Steuer sitzt ist für Regina Marekesa aufregend. Das tun sonst nur Männer, sagt sie. „Vor der ersten Fahrstunde hatte ich Angst, ob ich das schaffe, aber jetzt bin ich eine Expertin.“ Mit der rechten Hand gibt sie Gas, mit der linken bremst sie, auf einer Anzeige in der Mitte werden Geschwindigkeit und Batteriestand angezeigt. Und der ist niedrig. Sie fährt an den Straßenrand und parkt das Hamba vor einem Geländewagen.

Landschaft mit trocknenem langen Gras, aus dem Felsen ragen
Felsen ragen aus der Landschaft in Wedza
Markesa sitzt hinter dem Steuer, daneben ihr Fahrgast, dahinter parkt ein Auto
Marekesa und ihre Fahrgäste
Die Transportfläche des Fahrzeugs ist aufgeklappt, daneben steht eine Frau mit einem Schraubenzieher
Shumirai Tangwara wechselt die Batterie des E-Tricycles
Nahaufnahme der Batterie, Hände schliessen sie an
Die neue Batterie ist in ein paar Handgriffen angeschlossen

Zwei Frauen steigen aus dem Geländewagen, öffnen den Kofferraum, hieven eine Handkoffer große Batterie heraus und schleppen sie zum Hamba. 50 bis 60 Kilo wiegt diese Lithium-Batterie, schätzt Shumirai Tangwara. Sie ist eine von 18 Angestellten des Start-Ups und hier in Wedza unter anderem für den Batterietausch zuständig. Dafür fahren sie jeden Morgen feste Treffpunkte ab. „Die Frauen rufen vorher an und dann treffen wir sie hier am Straßenrand“, erklärt Tangwara. Sie klappt die Transportfläche des Hamba hoch, hebt die alte Batterie heraus, setzt die neue ein und schließt sie an. Ein paar geübte Handgriffe, und das Hamba ist wieder startbereit.

Tangwara kassiert die Gebühr für den Batterietausch, drei US-Dollar. Das ist in Simbabwe gerade wieder die gängige Währung, die lokale Währung ist in Hyperinflation versunken. Auch Marekesa berechnet die Taxigebühr in Dollar. Die nächsten Fahrgäste warten bereits. Vater und Sohn, die an diesem Tag in der Stadt einiges zu erledigen haben. Still haben sie den Frauen zugeschaut. Der Vater setzt sich neben die Fahrerin, der Sohn klettert auf die Transportfläche. Dann machen sie sich gemeinsam auf den Weg in die Stadt. Eine Batterieladung reicht für den Hin- und Rückweg.

Auf einem sandigen Platz steht ein überdachter Schiffscontainer als Aufladestation der Batterien
Aufladestation für die Batterien auf der Shaka Hills Farm
braune rechteckige Batterien sind in einer Art Regal gestapelt und werden mit Solarenergie aufgeladen
Aufladestation für Batterien
Lagerhalle mit Kartons, Fahrzeugachsen in Plastik verpackt und anderen Einzelteilen
In der Lagerhalle stapeln sich die Einzelteile der Fahrzeuge
Die Frau trägt eine gelbe Signalweste, sie hockt vor einer Batterie, die an einen Laptop angeschlossen ist und repariert sie
Rumbidzai Chingosho repariert eine Batterie
Die Australierin sitzt auf einem der neuen Fahrzeuge und lächelt in die Kamera
Shantha Bloemen hat das Start-Up Mobility for Africa gegründet
Mehrere Fahrzeuge stehen teils aufgeklappt zwischen Wertkzeugkisten
Die Hambas werden vor Ort repariert und gewartet
Der Mann trägt eine Baseballkappe, sitzt in einem aufgeklappten Fahrzeug und hält ein Kabel in der Hand
Joram Dambana repariert ein Hamba
Zwei Frauen schaufeln Kompost, rechts ist das Fahrzeug zu sehen, links trocknet die Maisernte
Frauen schaufeln Kuhmist auf die Transportfläche des Fahrzeugs
Die Kleinbäuerin fährt quer durch die Landschaft zu ihrem Feld
Das unwegsame Gelände ist für Adefi Mtambo kein Problem
Mtambo klappt die Transportfläche herunter, ihre Nachbarin greift einen Eimer
Bäuerinnen treffen mit Kompostladung vor ihrem Feld ein
Die beiden Frauen tragen die Eimer auf dem Kopf und halten sie mit einer Hand fest
Die Frauen tragen die Eimer mit dem Kompost vom Hamba auf ihr Feld
Die drei Frauen stehen vornüber gebückt auf ihrem Feld und verteilen den Kompost aus ihren Eimern
Die Frauen verteilen den Kompost auf ihrem Feld
Auf sandigem Boden sind kleine Stände aufgebaut, Passanten laufen vorbei
Marktplatz in der Stadt Wedza
Die drei sitzen auf dem Hamba und fahren los, umgeben von einer weiten flachen Landschaft
Regina Marekesa und ihre Fahrgäste machen sich wieder auf den Rückweg
Die Krankenschwester sitzt auf dem Hamba, hinter ihr das Klinikgebäude
Krankenschwester Tebbie Chidemo vor der Klinik in Igava
Noch in Plastik verpackte Fahrzeuge parke unter dem Solardach neben dem Container mit den Batterien
In Wedza stehen neue Fahrzeuge bereit