Milliarden für die Heimat: Migrant*innen als „Entwicklungshelfer“ für Afrika

Interview mit Abdullahi Sheikh Muse Hassan und Mamadou Fofana im Rahmen der Veranstaltungsreihe des RJM Köln „Afrika Inspiriert“.

17 Minuten
Logo mit dem Schriftzug „Afrika inspiriert“.

In Europa wird viel über die Migration von Menschen geredet – beim EU-Gipfel Ende kommender Woche wird es eines der zentralen Themen sein. Es geht um Menschen, die auf der Suche nach Arbeit vom Globalen Süden in den Globalen Norden ziehen. Andere suchen Zuflucht vor Krieg und Verfolgung in ihrem Heimatland. Etliche von ihnen ziehen irgendwann zurück, um beim Wiederaufbau zu helfen. Und viele Migrantinnen und Migranten leisten – zum Beispiel als Steuerzahler – nicht nur viel für ihre neue Heimat, sondern auch für ihre Familien und die Gesellschaft in den Ländern, aus denen sie aufbrachen. Die Gelder, die sie „nach Hause“ zurückschicken, betragen global gesehen ein Vielfaches der offiziellen Entwicklungsgelder und machen in manchen Ländern einen guten Teil des Bruttosozialprodukts aus.

Bettina Rühl: Abdullahi Sheikh Muse Hassan, Sie leben eigentlich in der somalischen Hauptstadt Mogadischu, sind aber heute Abend von Nairobi aus dabei, der Hauptstadt im benachbarten Kenia. Sie haben sich 2014 mit ihrer Frau und Ihrer Familie entschieden, aus Leicester in Großbritannien nach Mogadischu zurückzuziehen. Was hat Sie veranlasst, Ihren stabilen und sicheren Alltag in Europa gegen ein Leben in einem Bürgerkriegsland wie Somalia einzutauschen?

Meine Familie und ich wollen Teil der Lösung für Somalia sein. Ich empfinde es als unsere Pflicht, einen Beitrag für den Wiederaufbau zu leisten.

Abdullahi Sheikh Muse Hassan

Abdullahi Sheikh Muse Hassan: Vielen Dank für die Einladung zu der Diskussion heute Abend. Zu Ihrer Frage: Ich denke, dass wir – wie viele andere Menschen in der Welt, die aus ihren Heimatländern fliehen mussten – das Gefühl einer Verantwortung haben. Wir haben das Gefühl, dass wir den Menschen in unseren Herkunftsländern helfen und dienen müssen. Ich bin nicht der Einzige, der aus einem Kriegsgebiet kommt und wieder zu seinen Wurzeln zurückgekehrt ist, um an der Wiederherstellung von Frieden und Stabilität mitzuwirken. Meine Familie und ich wollen Teil der Lösung für Somalia sein. Ich empfinde es als unsere Pflicht, einen Beitrag für den Wiederaufbau zu leisten.

Er hat im Senegal, in seinem Heimatort Waoundé, zusammen mit anderen Migranten etwas Besonderes aufgebaut. 2010 haben meine Kollegin Barbara Stupp und ich darüber einen Film für den WDR gemacht. Darin stellen wir Mamadou Fofana und das Projekt der Migranten vor. Hier ist ein kurzer Ausschnitt zur Einführung.

Mamadou Fofana und ich kennen uns seit vielen Jahren und duzen uns, das werden wir auch heute Abend tun. Mamadou, Du überweist nicht nur Deiner Familie im Senegal regelmäßig Geld, sondern auch dem Verein, den ihr gegründet habt, die „Selbsthilfegruppe der Bürger Waoundés in Europa“. Wie viele Mitglieder habt ihr?

Mamadou Fofana: Wir haben 70 Mitglieder, die sind alle in München. In Frankreich gibt es auch Migrantïnnen aus Waoundé, die unterstützen unsere Projekte zum Teil, aber sie sind nicht Mitglieder.

Du warst Anfang 20, als Du Dein Dorf verlassen hast und nach Frankreich gegangen bist. Ist Dir das schwer gefallen?

Ja natürlich. Aber das Leben bei uns war hart und ich habe gesehen, dass mein Vater unsere Familie alleine nicht ernähren kann. Ich habe im Dorf nur die Koranschule besucht, hatte keine Ausbildung. Ich dachte, dass ich so im Senegal nie die Chance haben werde, genug Geld für meine Familie zu verdienen. Deshalb bin ich nach Europa gekommen.

Du hast gesagt, dass Du Deine Familie ernähren wolltest. Als erstgeborener Sohn hattest Du das Gefühl, dass Du dafür verantwortlich bist und keine andere Wahl hast?

Ja, genau.

Welches Bild hattest Du damals von Europa?

Ich dachte, dass alles für mich da ist, wenn ich nach Europa komme. Aber so war das nicht. Ohne Ausbildung kriegt man keinen guten Job. Ich habe zuerst als Tellerwäscher gearbeitet. Ich habe oben im Gasthaus gewohnt und unten in der Küche mein Geld verdient. Das hat mir Spaß gemacht, aber das Geld reichte nicht. Ich dachte mir, dass ich mehr verdienen muss, um meine Familie im Senegal wirklich unterstützten zu können.

Ich empfinde es ehrlich gesagt als ganz normal, dass ich mit anderen teile, wenn ich Arbeit habe.

Mamadou Fofana

Du hast Dich dann weitergebildet und in einem Farbengeschäft gearbeitet, inzwischen bist Du Parkbetreuer, hast Du mir erzählt. Du bist nicht der Einzige, der ziemlich viel Geld in den Senegal schickt, für die anderen Vereinsmitglieder gilt das auch. Wie gelingt es Euch, also Dir und den anderen, dieses Geld in der gegenwärtigen Krisensituation zu verdienen?

Es ist sehr schwer. Selbst diejenigen unter uns, die besser verdienen, bekommen weniger als 2000 Euro. Davon müssen wir Miete bezahlen und unsere Familien in Deutschland ernähren. Außerdem noch etwas für die Menschen im Senegal übrig zu haben ist gerade im Moment wahnsinnig schwer. Auch früher war es nicht einfach, aber jetzt ist es noch härter. Trotzdem geben wir uns Mühe und geben wirklich gerne, mit dem Herzen. Ich empfinde es ehrlich gesagt als ganz normal, dass ich mit anderen teile, wenn ich Arbeit habe.

Ihr habt in Eurem Heimatdorf schon sehr viele Projekte realisiert. Auf Eurer Internetseite listet Ihr das alles auf. Angefangen hat es 1996 mit dem Bau von Toiletten, dann folgte eigentlich jedes Jahr etwas Neues. Euer größtes Projekt ist ein Berufsbildungszentrum, damit habt Ihr 2001 begonnen. 2005 war es fertig, in den folgenden Jahren habt Ihr es immer noch erweitert und besser ausgestattet, außerdem weitere Projekte verfolgt. Zuletzt habt ein Gesundheitszentrum gebaut, das fast fertig ist.

Ja, genau. Und wir haben alle Arbeiten sehr genau kontrolliert. Jedes Jahr im Dezember oder Januar fliegen Mitglieder unseres Vereins nach Senegal, um die Projekte zu kontrollieren. Schließlich geben wir nicht nur unser Geld aus, sondern viele Spenden. Die wollen natürlich genau wissen, was aus ihrem Geld wird. Wir belegen alles, die Finanzierung ist ganz transparent. Für mich wäre es absolut tabu, Geld des Vereins in die eigene Tasche zu stecken.

Wir haben Dich für den Film begleitet, als Du 2010 in Waoundé warst, um vor allem das Berufsbildungszentrum zu kontrollieren. Wir zeigen noch einen kurzen Ausschnitt.

Wir reden gleich weiter darüber, erst einmal möchte ich Abdullahi Sheikh Muse Hassan mit ins Gespräch holen. Wie schon erwähnt, hat er 2014 beschlossen, nicht länger „nur“ Geld aus Großbritannien nach Somalia zu schicken, um die Menschen dort zu unterstützen, sondern er ist mit seiner Familie nach Mogadischu zurückgezogen. Er hat dann zunächst – ich habe es kurz erwähnt – eine Druckerei gegründet und dann die Firma Tekmaal, sie stellt unter anderem Außenwerbung her.

Wie haben Sie es geschafft, nach Großbritannien zu kommen und sich dort ein Leben aufzubauen?

Abdullahi Sheikh Muse Hassan: Als ich nach Großbritannien kam, war ich im besten Alter, ich war 18. Ich konnte dort studieren und hatte anschließend das Glück, dass ich an vielen Institutionen in Großbritannien berufliche Erfahrungen sammeln konnte, auch in der Druckereibranche. 2006 bin ich zum ersten Mal nach Mogadischu zurückgekehrt. Wir haben versucht, dort ein Bildungsprogramm ins Leben zu rufen. Schließlich haben wir eine öffentliche Bibliothek mit etwa 40.000 Büchern eingerichtet. Wir wollten sie denjenigen zur Verfügung stellen, die lesen oder recherchieren wollen. Und ich glaube, das war wirklich ein sehr nützliches Projekt. Ich halte es immer noch für erfolgreich, obwohl es am Ende im Krieg zerstört wurde. Aber was wir gemacht haben, hat vielen Leuten die Augen geöffnet und auch andere ermutigt, einen Beitrag zum Wiederaufbau der Gesellschaft zu leisten, Ressourcen und Material zur Verfügung zu stellen. Nachdem unsere Bibliothek bei den Kämpfen 2010 zerstört worden war habe ich mir gedacht: Okay, wenn die Bücher, die wir aus dem Ausland mitgebracht haben, jetzt zerstört sind, dann will ich die Bücher vor Ort drucken. Denn wenn man eine eigene Produktion hat, dann kann man immer wieder neu anfangen und weiterhin qualitativ hochwertige Bücher für diejenigen produzieren, die lesen und lernen wollen – egal, wie oft das, was man aufgebaut hat, zerstört wird.

Wir haben ja schon bei früheren Begegnungen darüber gesprochen, und ich fand diese Haltung von Ihnen immer sehr besonders. Dass Sie sagen: Egal wie oft zerstört wird, was wir aufbauen – wir machen einfach weiter. Diese Einstellung ist mir auch bei vielen anderen Somalierinnen und Somaliern begegnet, die ich im Laufe der Jahre getroffen habe. Um unseren Zuhörerïnnen eine Vorstellung davon zu geben, worüber wir sprechen, möchte ich ein paar Fotos aus Mogadischu zeigen, die ich 2014 aufgenommen habe – in dem Jahr also, in dem Sie nach Mogadischu zurückgekommen sind, um eine Druckerei zu gründen.

Blick auf Mogadischu, die Hauptstadt Somalias. Im Vordergrund Zelte, weiter hinten Hausdächer und Gebäude.
Blick auf Mogadischu, die Hauptstadt Somalias 2014.
Straßenszene in Mogadischu, der Hauptstadt Somalias.
Straßenszene in Mogadischu 2014.
Blick in die zerstörte Kathedrale von Mogadischu. Eine Frau geht in Richtung eines zerstörten Säulenganges. Davor liegen große, herausgebrochene Steinbrocken aus dem Mauerwerk.
Blick in die zerstörte Kathedrale von Mogadischu in Somalia 2014.
Werbeplakat vor einem Restaurant in Mogadischu. Auf dem bunten Plakat steht „Bar Restaurant Furaat“.
Werbeplakat vor einem Restaurant in Mogadischu 2021.
Straßenszene in der Innenstadt von Mogadischu.
Straßenszene in der Innenstadt von Mogadischu 2014.
Man sieht Ziegen auf eine Treppe vor einem zugemauerten Eingang
Eingang zum Kino in Mogadischu 2014.
Ein Frau bettelt um e-money in Somalia 2021. Sie hält einen Zettel in der Hand mit ihrer Handynummer. Auf dem Papier steht: EVC-PLUS, CAAWI WALAALKA und eine Nummer.
Ein Frau bettelt um e-money in Somalia 2021.
Blick über Mogadischu 2021.
Blick über Mogadischu 2021.

Wie schwer war es, in eine derart zerstörte Stadt zurückzukehren? Insbesondere mit Kindern?

Die Fotos, die wir gerade gesehen haben, sprechen für sich. Das Ausmaß der Zerstörung war der Grund dafür, dass ich mich entschlossen habe, mit meiner Familie und meinen Kindern zurückzukehren, denn ich hatte viele Jahre vorher das Glück, Mogadischu noch als eine wunderschöne Stadt gesehen zu haben – nämlich vor dem Krieg, als Schüler in Mogadischu. Eins der Bilder eben zeigt das zerstörte Gesundheitszentrum – ich weiß noch, wie das Gebäude vorher aussah. Die Kathedrale, die Sie in Trümmern zeigen, habe ich noch in voller Pracht gesehen. Ich kenne Mogadischu noch aus einer Zeit, in der es sauber war, in der jemand den Müll weggeräumt hat. Dann gab es eine Zeit, in der die Stadt in noch einem schlimmeren Zustand war als 2014. Ich empfand es als meine persönliche Pflicht, mit meiner Familie zurückzukehren um zu sehen, was aus Mogadischu geworden ist. Und ich danke meiner Frau, die viel Mut aufgebracht und diese Entscheidung mit mir zusammen getroffen hat. Wenn es keine Familienentscheidung gewesen wäre, hätte ich sie nicht getroffen. Ich danke meiner Frau also wirklich sehr dafür, dass sie das mit mir zusammen getragen hat. Inzwischen sind unsere Kinder erwachsen und zurück im Vereinigten Königreich, um dort zu studieren. Wenn wir als Familie auf unsere Entscheidung zurückblicken, sagen wir immer: Sie war richtig, es war eine gute Entscheidung.

Mogadischu war damals, und ist immer noch, sehr gefährlich. Als ich Sie und Ihre Familie 2017 dort getroffen habe, hat Ihre Frau mir erzählt, wie einmal eine Granate vom Nachbargrundstück herüberflog, als Sie gerade alle im Garten saßen. Oder wie Sie und Ihre Frau gemeinsam beim Kaffee in einem der Hotels saßen, als das Hotel angegriffen wurde und ein LKW mit Sprengstoff detonierte. Das war noch, bevor Sie nach Mogadischu zurückgezogen sind. Sie erzählen so selbstverständlich von Ihrer Entscheidung – Sie und ihre Familie haben Ihr Leben riskiert, als Sie zurückkamen.

Abdullahi Sheikh Muse Hassan mit seiner Familie beim Schachspielen.
Abdullahi Sheikh Muse Hassan mit seiner Familie

Ganz genau. Ich glaube, wir haben 2017 sogar noch viel Schlimmeres gesehen, als bei dem Angriff auf das Hotel 2015. Das war am 14. Oktober 2017. Unsere Kinder gingen in der Nähe des Anschlagsorts in die Schule. Viele Menschen sind gestorben, zum Glück haben unsere Kinder überlebt. Viele Gebäude wurden zerstört. Zwei Wochen später gingen unsere Kinder wieder in dieselbe Schule, wie vor dem Anschlag. Ich glaube, alle in meiner Familie sind der Meinung, dass sich das alles gelohnt hat, denn schließlich sind wir Teil dieser Geschichte. Es gibt eine kollektive Verantwortung, am Wiederaufbauprozess mitzuwirken – der möchten wir gerecht werden. Wir sind nicht die Einzigen, die so denken und handeln, es gibt viele andere. Darunter sind viele, die dadurch ihr Leben verloren haben: seien es Menschen, die Somalia trotz des Kriegs nie verlassen haben oder Diaspora-Rückkehrer aus dem Ausland. Unter den Toten sind Geschäftsleute – beispielsweise Hotelbesitzer – Regierungsangehörige und Soldaten. Sie alle haben ihren Beitrag geleistet, und was wir getan haben, ist nur ein Teil davon. Wir Somalier waren es, die aus diesem Land das gemacht haben, was wir eben auf den Fotos gesehen haben. Wir haben also auch die Verantwortung, das Land wieder aufzubauen. Dem müssen wir unser Leben widmen.

Wie wäre Somalia heute ohne das Engagement und das Verantwortungsgefühl der Menschen, die aus der Diaspora zurückgekehrt sind? Und ohne die Überweisungen derer, die nach der Flucht im Ausland geblieben sind?

Ich glaube, dass sie eine wichtige Rolle spielen. Aber ohne eine Gemeinschaft, die sie wirklich aufnimmt und mit ihnen vor Ort zusammenarbeitet, wäre ihr Beitrag nicht bedeutend. Meiner Meinung nach ist das, was Veränderung bringt, die Kombination der Leistungen der Diaspora und derjenigen, die Geld überweisen, mit dem Engagement und der Aufnahmebereitschaft derer, die in Somalia geblieben sind.

Somalia leidet derzeit unter der schlimmsten Dürre seit 40 Jahren. Die Vereinten Nationen befürchten, dass bis Mitte des Jahres eine halbe Million Kinder unter fünf Jahren sterben werden, wenn sie keine humanitäre Hilfe erhalten. Wie erleben Sie diese Dürre? Und welche Rolle spielen die Diaspora und Leute wie Sie bei dem Versuch, die Menschen zu unterstützen?

Die diesjährige Dürre ist sehr gefährlich. Aber obwohl es sich in Bezug auf die Niederschlagsmenge und die Folgen für die Umwelt um die schlimmste Dürre handelt, gibt es im Vergleich zu früheren Extremtrockenzeiten doch auch Verbesserungen. Die Diaspora und die verschiedenen somalischen Verwaltungsebenen sind besser mobilisiert, handeln aktiver. Diesmal ergreift auch die Regierung eine Menge von Initiativen. Und ich hoffe, dass wir diese Katastrophe diesmal besser bewältigen, als andere schwere Dürrezeiten in der Vergangenheit – weil wir hoffentlich aus der Vergangenheit gelernt haben.

Es gibt inzwischen ein paar Fragen aus dem Publikum. Jemand möchte von Mamadou Fofana wissen, wie entschieden wird, welche Projekte der Verein finanziert, und ob es darum Streit gibt.

Wir finden es alle ganz selbstverständlich, zu helfen. So ist Afrika.

Mamadou Fofana

Nein, seit wir den Verein gegründet haben, haben wir uns darüber nie gestritten. Jeder zahlt seinen Beitrag ein, und wir machen alles, was im Dorf gebaut wird, zusammen. Wir finden es alle ganz selbstverständlich, zu helfen. So ist Afrika.

Gibt es denn zwischen den Menschen im Dorf und den Vereinsmitgliedern manchmal unterschiedliche Prioritäten? Und was passiert dann, wird dann über die Köpfe der Bevölkerung im Dorf hinweg entschieden?

Nein, meist tritt das Dorf mit einer Bitte an uns heran, die Leute sagen: Wir brauchen das und das. Wir müssen dann trotzdem überprüfen, ob das wirklich nötig ist. Oder ob etwas anderes dringender ist.

Jemand anders möchte wissen, ob der Verein gemeinnützig ist.

Ja, das ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein, die Spenden sind abzugsfähig.

Ein anderer hat die Frage, wie Du nach Europa gekommen bist. Mit dem Flugzeug?

Ja, ich habe ja die französische Staatsbürgerschaft. Ich war in einer ganz anderen Situation, als viele Migranten heute. Die möchte ich auf keinen Fall beleidigen. Aber ich halte es für keine gute Idee, ohne die entsprechenden Papiere und ohne eine Ausbildung nach Europa zu kommen. Die jungen Leute sollten sich etwas anders überlegen, als fortzugehen und dabei ihr Leben zu riskieren.

Eine Frage geht an Abdullahi: Jemand möchte wissen, welche Rolle internationale Hilfsorganisationen und NGOs in Somalia spielen.

Ich denke, dass sie eine wichtige Rolle spielen, und dass das auch so bleiben wird. Aber noch wichtiger ist die Rolle der Somalier selbst. Die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft wird nur dann sinnvoll sein, wenn die somalische Bevölkerung selbst die volle Verantwortung für die Wiederherstellung der Stabilität in ihrem Land übernimmt. Nur wenn die somalische Bevölkerung und die internationale Gemeinschaft zusammenarbeiten, können dauerhafter Frieden und Stabilität sowie eine nachhaltige Entwicklung erreicht werden. Internationale Hilfe und Unterstützung oder Interventionen allein werden keine dauerhafte Sicherheit bringen, das haben sie auch nirgendwo sonst auf der Welt getan.

Eine Zuschauerin möchte von Ihnen beiden wissen, woher Ihrer Meinung nach die Haltung kommt, so viel Verantwortung die Gesellschaft und für andere zu übernehmen. Sie fragt, ob das muslimisch sei, oder afrikanisch? Was meinen Sie, Abdullahi?

Ich glaube, das liegt in der Natur des Menschen. Das ist nicht nur in Afrika so, und nicht nur in der muslimischen Welt. Auch anderswo unterstützen sich Menschen gegenseitig, wenn der Staat versagt und die notwendigen staatlichen Leistungen nicht erbringt. Aber ja, als Muslim ist es für mich eine Pflicht, den Bedürftigen zu helfen, wo auch immer sie sein mögen, und natürlich auch meinen eigenen Leuten. Meine Mutter, meine Großmutter, meine entfernten Verwandten sind in Somalia. Für sie alle haben ich Verantwortung, und der muss ich nachkommen.

Danke. Was meinst Du, Mamadou?

Ich glaube, dieses Verantwortungsgefühl ist muslimisch und afrikanisch. Wir unterstützen uns gegenseitig. Das ist muslimisch, aber unsere Kultur ist auch so.

Ein Zuschauer möchte noch wissen, ob Ihr Euch in Europa willkommen gefühlt habt.

Mamadou Fofana: Ja.

Abudllahi Sheikh Muse Hassan: Ja.

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