Antidepressiva können Bakterien im Laborversuch gegen Antibiotika resistent machen

Antidepressiva machen in einer aktuellen Studie Darmbakterien widerstandsfähiger gegenüber Antibiotika. Die Wirkung dieser viel verschriebenen Medikamentenklasse auf die menschliche Darmflora müssen Forschende dringend stärker beachten und weiter untersuchen. Für Betroffene heißt das nicht, auf Antidepressiva zu verzichten.

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Auf dem Foto sind mehrere Tablettenpackungen mit bunten Pillen darin zu sehen.

Infektionen mit Bakterien können lebensgefährlich verlaufen. Das ist besonders bedrohlich, weil immer mehr Antibiotika ihre Wirkung verlieren. Allein im Jahr 2019 starben weltweit schätzungsweise knapp 1,3 Millionen Menschen als direkte Folge solcher Antibiotika-Resistenzen. In Deutschland stehen, wie das Robert-Koch-Institut meldet, jährlich bis zu 9700 Todesfälle in direktem Zusammenhang mit dem Versagen von Antibiotika.

Dass sich Bakterien im Laufe der Zeit verändern und Mechanismen entwickeln, um auch in Gegenwart antimikrobieller Wirkstoffe zu überleben, ist unvermeidbar. Beeinflussen kann man aber, mit welcher Geschwindigkeit die Bakterien dies tun. Dazu gehört, Antibiotika wirklich nur zu verwenden, wenn es medizinisch unbedingt notwendig ist.

Doch nicht nur Antibiotika selbst, sondern auch andere Arzneien können die Bakterien anregen, Resistenzmechanismen gegen Antibiotika zu entwicklen. Manche Psychopharmaka etwa wirken als Nebeneffekt auch antimikrobiell. Lisa Maier und ihr Team vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg haben vor fünf Jahren beispielsweise die Wirkung von mehr als 1000 völlig verschiedenen Arzneistoffen auf 40 Bakterienstämme getestet, die den menschlichen Darm besiedeln. Knapp ein Viertel der Medikamente hemmten das Wachstum mindestens einer der untersuchten Bakterienklassen. Auffällig häufig zeigte Maier diesen Effekt bei Psychopharmaka.

Überraschende Beobachtung in Abwasser

Jianhua Guo, Mikrobiologe an der Universität Queensland in Brisbane, Australien, beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der Bedeutung von Antidepressiva auf die Resistenz-Entwicklung von Bakterien. Der Ausgangspunkt für seine Forschungen war eine eher zufällige Beobachtung vor mehr als fünf Jahren: Der Mikrobiologie entdeckte überraschenderweise in häuslichen Abwässern mehr antibiotikaresistente Bakterien als im Abwasser von Krankenhäusern. Dabei hatte Guo eigentlich erwartet, dass es genau andersherum ist. Denn in Hospitälern wenden Ärztinnen und Ärzte große Mengen Antibiotika an. Das erhöht den Druck auf Bakterien, Resistenzen zu entwickeln.