Wattenmeer – Deutschlands wertvollstes Schutzgebiet in Gefahr

Die „Fremantle Highway“ brennt seit Tagen vor der niederländischen Küste. Auch wenn es gelungen ist, ihn in eine sicherere Position zu schleppen, ist die Gefahr nicht gebannt. Eine Ölpest würde eine der weltweit wichtigsten Drehscheiben des Vogelzugs treffen

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Blick auf die Hallig Oland, Drohnenfoto

Seit einer Woche brennt der Autofrachter „Fremantle Highway“ vor der niederländischen Küste. Zum Zeitpunkt des Brandausbruchs lag das Schiff vor der Wattenmeer-Insel Ameland. Der Frachter war mit rund 3.800 Neuwagen auf dem Weg von Bremerhaven nach Singapur. Die Besatzung konnte evakuiert werden. An Bord des Schiffes befinden sich nach Angaben der Behörden rund 1,6 Millionen Liter Schweröl und weitere 200 Tonnen Marine-Diesel. Hinzu kommen Tankinhalte der transportierten Fahrzeuge und kontaminiertes Löschwasser.

Bergungsspezialisten ist es inzwischen gelungen, das Schiff in eine nach ihrer Einschätzung sicherere Stelle zu schleppen und in eine vorläufige Parkposition zu bringen. Der aktuelle Lagerplatz liegt 16 Kilometer nördlich von Schiermonnikoog und Ameland, nahe der deutschen Grenze. Sobald es die Situation an Bord des Schiffes zulässt, soll das Schiff in einen Hafen geschleppt werden. Welcher das sein wird, ist derzeit noch nicht bekannt.

Havarie wirft Schlaglicht auf die Bedeutung des Ökosystems

Würden die giftigen Antriebs- und Inhaltsstoffe des Schiffes bei einem Sinken oder Auseinanderbrechen des Frachters in die Nordsee gelangen, droht der Wattenmeerküste eine Ölpest – mit verheerenden Folgen für das Ökosystem. Die Havarie reiht sich ein in eine Serie früherer Beinahe-Katastrophen in der Region. Sie macht einmal mehr deutlich, wie enorm die Gefahr durch die globalisierte Schifffahrt für das Meeres-Ökosystem und die darauf angewiesenen Arten ist. Allen voran die Vögel: Hunderttausende brüten hier, Millionen machten Station auf dem Zug: Doch die Schifffahrt ist nicht die einzige Bedrohung für das im Weltmaßstab bedeutendste Großschutzgebiet Deutschlands.

Eine Silbermöwe fliegt dich über dem Boden an der Wasserkante eines Strandes entlang.
Silbermöwen gehören zu den Charaktervögeln des Wattenmeeres.

Galapagos-Inseln, Serengeti – und das Wattenmeer

Es das international bedeutsamste Ökosystem und größte Vogelschutzgebiet Deutschlands: Das Wattenmeer entlang der Nordseeküste spielt in einer Liga mit den Galapagos-Inseln, der Serengeti oder dem Great Barrier Reef. Alle diese Regionen sind wegen ihres herausragenden ökologischen Werts Weltnaturerbestätten der Unesco. Und noch eines haben sie gemeinsam: Sie alle laufen Gefahr, ihren Wert für die Natur und die Menschen in Zeiten von Klimawandel und stetig voranschreitender Entwicklung einzubüßen. Daten über die Entwicklung der Brutvogelbestände aus den drei Wattenmeer-Anrainerstaaten Niederlande, Deutschland und Dänemark belegen: Das Ökosystem steht unter Druck. Doch was sind – auch jenseits der jederzeit drohenden Ölkatastrophe – die Treiber des Vogelschwundes im Weltnaturerbe?

Weißwangengänse ziehen vor einem Leuchtturm
Weißwangengänse überwintern zu Zehntausenden im Wattenmeer
landende Alpenstrandläufer
Strandläufer im Wattenmeer
Ein Rotschenkel auf einem Weidepfahl.
Noch sind Rotschenkel Charaktervögel der Salzwiesen an der Nordsee. Der Klimawandel könnte ihnen die Brutplätze rauben.
Eine Uferschnepfe in einem Moor
Verliererin: Die Bestände der Uferschnepfe gehen auch im Wattenmeer rapide zurück.
Eine Gruppe Löffler fliegend
Gewinner: Die Bestände des Löfflers konnten sich in den vergangenen Jahren im Wattenmeer stark erholen. Mittlerweile gibt es sogar Bruten im Binnenland.
Helfer bergen tote Seeschwalben in schwerer Schutzmontur, weißen Anzügen.
Insel Texel im vergangenen Jahr: Helfer bergen tote Seeschwalben in schwerer Schutzmontur.
Messtation mit treibhausartigen Glasbauten im Wattenmeer
Die Folgen des Klimawandels für die Nordsee werden an dieser Messtation auf der Hamburger Hallig untersucht
Eine Zwergseeschwalbe im Flug
Kein Land in Sicht: Der fortschreitende Klimawandel bedroht auf lange Sicht auch die Brutplätze der Zwergseeschwalbe an der Küste.

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