Wissenschaftler starten internationale Kraftanstrengung zur Erforschung des Kongo-Regenwalds

Das nach dem Amazonas zweitgrößte Regenwaldgebiet der Welt ist Forschern zufolge für das Weltklima und die Artenvielfalt der Erde enorm wichtig, aber noch kaum erforscht. Bei einer Konferenz in Gabun gründete sich eine internationale Wissenschaftsinitiative, um das zu ändern

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Bonobo auf einem Baumzweig. Demokratische Republik Kongo.

Der Regenwald des Kongos ist für die Zukunft des Weltklimas und der Artenvielfalt von entscheidender Bedeutung, doch bisher deutlich schlechter erforscht als der Amazonas-Regenwald. Darauf haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Umweltorganisationen aus der Kongoregion, Europa und den USA hingewiesen – mit dem Ziel, die Region intensiver zu erforschen und ihre Biodiversität besser zu schützen. Sie haben eine Forschungsinitiative für das gesamte Kongo-Ökosystem gegründet und fordern beim sogenannten OneForest-Gipfel, der gerade in Libreville in Gabun stattfindet, finanzielle Unterstützung von Regierungen.

„Wir brauchen im Kongo ähnliche Investitionen in Wissenschaft und Naturschutz wie im Amazonas“, sagt Daniel Zarin von der Wildlife Conservation Society, einer 1895 vom früheren US-Präsidenten Theodore Roosevelt mitgegründeten Stiftung. „80 Millionen Menschen sind direkt von der Biodiversität und dem Wald abhängig und 300 Millionen Menschen nutzen Ressourcen aus dem Kongobecken“, sagt der Biologe Bila-Isia Inogwabini von der Katholischen Universität des Kongo.

So viel Kohlenstoff im Boden wie die ganze Welt in drei Jahren emittiert

Der Regenwald des Kongo erstreckt sich über sechs Länder und ist nach dem Amazonas das zweitgrößte zusammenhängende Regenwaldgebiet der Welt. Er ist Heimat zahlreicher indigener Gemeinschaften, die im und vom Wald leben, wie etwa der Bayaka. Der Kongo versorgt weite Teile Afrikas mit Trink- und Nutzwasser für die Landwirtschaft, indem Wasser, das über dem Wald verdunstet, in Äthiopien und dem Sudan als Regen niedergeht und das Flusssystem des Nils speist. Bila-Isia Inogwabini zufolge werden ständig neue Arten entdeckt, was zeige, „dass wir noch einen langen Weg vor uns haben, bis wir wirklich über den Wald Bescheid wissen“.

Landkarte der sechs Länder des Kongobeckens: Kamerun, Zentralafrikanische Republik, Demokratische Republik Kongo, Republik Kongo, Äquatorialguinea, Gabun.
Die Kongoregion

Dieses Wissen ist auch deshalb wichtig, weil der Boden des Kongoregenwalds nicht ausgemergelt ist wie in weiten Teilen des Amazonas, sondern aus oftmals vielen Meter tiefen kohlenstoffhaltigen Torfböden besteht. Laut Simon Lewis von der University of Leeds und dem University College London handelt es sich „um einen der wichtigsten und effektivsten Kohlenstoffenspeicher der Erde“. Jeder Hektar Wald speichere 2,5 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Im Boden lagerten 29 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, was den weltweiten Emissionen von drei Jahren entspreche. „Wir haben im Kongo die größten tropischen Moorgebiete der Erde entdeckt – sie haben die Größe von England und Wales“, sagt Lewis. Doch die Erforschung dieser Reservoirs stecke noch in den Kinderschuhen.

Zudem gibt es noch keine funktionierenden Mechanismen, wie die Kongo-Länder nachhaltig von ihrem Beitrag zum Klimaschutz profitieren könnten. Eine Initiative der Regierung der Demokratischen Republik Kongo, Ölbohrungen im Regenwald zu untersagen, wenn genügend Mittel für den Klimaschutz zusammenkamen, scheiterte im vergangenen Jahr. Die Regierung der DRC kündigte daraufhin an, die Ölexploration nun zuzulassen.

Nachwuchsforscher nicht ausreichend finanziert

„Trotz seiner wichtigen Rolle als Kohlenstoffspeicher und als Lebensraum für gefährdete Arten wie Gorillas, Schimpansen und Elefanten ist das Kongo-Flussgebiet von Geheimnissen umhüllt“, sagt auch Bonaventure Sonké, Botaniker und Waldökologe von der Universität von Jaunde in Kamerun. Er hat selbst zahlreiche bis dahin unbekannte Pflanzenarten entdeckt und beschrieben, darunter wilde Verwandte des Kaffees. Solche Arten sind besonders wichtig, um durch Zuchtverfahren Nutzpflanzen auf neue Herausforderungen vorzubereiten oder gegen Schädlinge widerstandsfähiger machen zu können.

Aus dem flachen Regenwald ragt ein hoher weiß-roter Turm.
Der 325 Meter hohe brasilianisch-deutsche Forschungsturm im Amazonas hilft, das Zusammenwirken von Biosphäre und Klima besser zu verstehen.

Für den Amazonas gibt es bereits seit Jahrzehnten zahlreiche internationale Forschungsinitiativen. So hatte Deutschland bereits 1990 unter Führung von Bundeskanzler Helmut Kohl bei den G7-Staaten für den Amazonas ein „Pilotprojekt zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Regenwälder“ durchgesetzt und zu 60 Prozent finanziert. Rund 200 deutsche und brasilianische Wissenschaftler arbeiten am Amazon Tall Tower Observatory“, einem 325 Meter hohen Messgerät zu Klima und Ökosystemfragen, zusammen. Deutscher Partner ist die Max-Planck-Gesellschaft. Im „Science Panel for the Amazon“ haben sich rund 240 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Südamerika und dem Rest der Welt bei der Erforschung des Regenwalds zusammengeschlossen.

Initiative für eine internationale Forschungskooperation

Ähnliche Strukturen und intensive Kooperationen fehlen für den Kongo-Regenwald. Bei einem zweitägigen Treffen haben rund 50 Wissenschaftler und Wissenschaftler nun die Grundlagen für eine großangelegte Forschungsinitiative dort gelegt. Sie wollen angelehnt an die Erfahrungen im Amazonas ein „Science Panel for the Congo Basin“ gründen, um Forschungsprojekte zu bündeln und den Austausch von Ergebnissen zu verbessern. Eine „Congo Basin Climate Science Initiative“ soll zudem vor allem den Nachwuchs in der Klimaforschung fördern. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler meldeten sich auch beim OneForst-Gipfel zu Wort, den die Regierungen von Frankreich und Gabun am 1. und 2. März in Libreville ausrichteten.