Psychische Gesundheit: Wie Natur gegen Depressionen hilft

Jasmin Schreiber ist Autorin und Biologin und depressiv. Was ihr hilft: Flechten, Moose, Käfer. Warum die Natur gut für unsere Psyche ist und uns sogar weniger einsam macht.

vom Recherche-Kollektiv Klima & Wandel:
8 Minuten
Zu sehen ist eine Frau mit dunklen, langen Locken – die Autorin Jasmin Schreiber -, die auf einem Waldweg steht. Um sie herum stehen Bäume.

„Ich wäre gern eine Flechte“, sagt Jasmin Schreiber, während sie vorsichtig mit ihrer Fingerspitze die raue Oberfläche der gelbgrauen Lebensgemeinschaft aus Pilz und Alge berührt, die am Kastanienbaum entlangwächst. „Flechten können echt krasse Bedingungen aushalten, auf Metall wachsen. Die hier kann sogar im Weltraum überleben. Verrückt, oder?“

Es ist ein sonniger Tag. Hier, in der Nähe des Eppendorfer Moors stehen mehrere Kastanienbäume, die Äste wiegen leicht im Wind. Eine Joggerin läuft schwer atmend an Jasmin Schreiber vorbei, die sich davon nicht beirren lässt. Konzentriert betrachtet sie die Flechte.

Wiederkehrende Depressionen

Schreiber ist Biologin. Sie illustriert und fotografiert. Sie ist Podcasterin und sie ist Schriftstellerin: Ihr erster Roman, Mariannengraben, stand über Wochen auf der Bestsellerliste. Schreiber schafft viel. Den gemeinsamen Spaziergang durch das Moor hätte sie am Abend zuvor allerdings fast abgesagt. Denn sie hat Depressionen. Und gerade steckt sie in einer depressiven Phase. Alltägliches fällt ihr schwer: aufstehen, einkaufen, Zähne putzen, aufräumen. Doch die 35-Jährige ist zum Treffpunkt gekommen, zusammen mit ihrem Hund Humboldt – benannt nach Alexander von Humboldt, dem berühmten Forschungsreisenden, einem der ersten Naturwissenschaftler, der tatsächlich raus in die Natur ging. Und auch Schreiber geht raus. Weil es ihr hilft.

Ihre wiederkehrende Depression werfe sie immer wieder aus der Bahn, erzählt sie. „Ich bin dann antriebslos, schaffe nichts, ziehe mich zurück.“ Außerdem habe sie ADHS, eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. „Eine super Kombi.“ Bis vor ein paar Monaten habe sie rund um die Uhr an ihrem neuen Buch gearbeitet, dem Naturleseführer Schreibers Naturarium. Nach der Abgabe fiel sie in das depressive Loch. In dem sie gerne eine Flechte wäre.

Man sieht grünes Moos und eine Flechte auf dem Waldboden
Flechten und Moose auf dem Waldboden.
Eine Hand hält eine helle Flechte, die an einem Ast wächst.
Eine Flechte an einem Ast. Das Betrachten von Flechten kann beruhigend sein.
Drei Pilze sind auf dem Waldboden zu sehen.
Die Faszination für die Natur lasse sich beinahe überall wecken, meint Jasmin Schreiber.
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