„Wir ertrinken in Daten“: Projekt will deutsche Forschungsdaten nutzbarer machen

Die Wissenschaft wird immer datengetriebener, doch mit ihrer Digitalisierung und dem Datenteilen hapert es noch. Ein neues Projekt will das ändern. Es stößt nicht nur auf technische Hürden.

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Offenes Vorhängeschloss vor Hintergrund aus digitalen Daten als Symbolbild für offene Daten.

In der Experimentierhalle L05–03 der Technischen Universität Darmstadt sprudeln Daten aus vielen Quellen. Ein hohes Wandgerüst trägt Pumpen, Ventile und Rohre: das Modell des Wasserkreislaufs eines Hochhauses. „Jede Pumpe wird von einem eigenen Software-Agenten gesteuert“, erklärt Tobias Meck.

Untereinander handeln diese Agenten aus, wer wann wie viel und zu welchem Preis vom Wasserangebot fürs Duschen, Spülen und Waschen bekommt. „Wir erforschen, wie dieses komplexe Marktsystem zuverlässig, effizient und robust funktionieren kann“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter des Instituts für Fluidsystemtechnik. Jeder Testlauf erzeugt Daten, die automatisch gespeichert werden.

Ein paar Meter weiter produziert eine Materialprüfmaschine mit ihren zwanzig Sensoren jede Menge Daten, die ebenfalls gespeichert werden. Ein drittes Projekt findet sich im Keller des Gebäudes: Dort zeichnet Giorgios Hatzissawidis mit einer Hochgeschwindigkeitskamera eine Wasserströmung um das Profil des Tragflügels eines Boots auf. Pro Sekunde fallen dabei bis zu 20.000 Bilder an. Hatzissawidis interessiert sich für die Bildung von Blasen in der Strömung. Er und seine Kollegen sammeln also jede Menge Daten – und sie wollen, dass auch andere Forscher davon profitieren.

Geteilte Daten: Ein veredelter Apfelbaum

Denn potenziell nutzen Daten nicht nur den Forschern, die sie erheben. Sie ähneln Apfelbäumen: Veredelt man diese, dann können sie mehrere Apfelsorten tragen, und das immer wieder. Sprich: Andere Forscher können die Daten nutzen, um neue Ergebnisse zu erzielen, auch Jahre später. Beispielsweise können die Aufnahmen der Hochgeschwindigkeitskamera eine KI darauf trainieren, die Bildung von Blasen vorherzusagen. Damit lassen sich dann auch Videos von einfachen Kameras analysieren, die mit normaler Geschwindigkeit aufzeichnen. So können mehr Forscher auf dem Gebiet arbeiten.

Die Veredelung von Forschungsdaten für Wissenschaftler ist die Idee der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI). Rund tausend Forscher diverser Fächer bauen die NFDI derzeit in Deutschland auf.

„Open Science“ fordert eine transparente Wissenschaft

Das Vorhaben ist Teil einer Bewegung, die seit Jahren fordert, öffentlich finanzierte Forschung für alle zu öffnen. Das Schlagwort dahinter heißt „Open Science“ oder „Offene Wissenschaft“. Die Open-Science-Idee erhielt im letzten August Rückenwind aus dem Weißen Haus.